Der Vogelmann
haben.«
»Ich hab’ kein Mädchen vergewaltigt. «
»Sie müssen nichts sagen. Aber es kann für Ihre Verteidigung von Nachteil sein, wenn Sie bei der Befragung etwas unerwähnt lassen, was Sie später vor Gericht vorbringen. Und nach Paragraph 54e bitte ich Sie nun, Ihre Kleider abzulegen.« Er sah den Arzt an, der sich hinter den Schreibtisch zurückgezogen hatte. »Geben Sie ihm ein paar dieser komischen Häftlingsklamotten zum Anziehen.«
»Ich hab’ niemand vergewaltigt! Und auch kein Mädchen ermordet!« Die Nadel rutschte aus seinem Arm, und Blut spritzte in hohem Bogen aus seiner Vene, als sie auf den Boden fiel. Diamond sprang behende in den Gang hinaus, um sich vor dem Blut zu schützen. Zwei Polizeibeamte tauchten hinter ihm auf.
»Braucht er Handschellen, Sir?«
»Passen Sie auf das Blut auf. Er ist ein Junkie.«
»Stimmt, ich bin ein Junkie-Nigger, ich steck’ euch alle mit Aids an.« Gemini streckte den Arm in ihre Richtung und bleckte die Zähne. »Schweine!« Hinter dem Schreibtisch riß der Gerichtsmediziner in aller Ruhe eine Schachtel Latexhandschuhe auf. Gemini drehte sich zu ihm um. »Was mach’n Sie da?«
Der Arzt zuckte nicht mit der Wimper. »Meine Kollegen schützen, Mr. Henry.« Er warf Diamond und den zwei Beamten Handschuhe zu.
»Sie woll’n wohl, daß ich richtig sauer werd’ oder was?« Gemini kräuselte die Lippen und ging mit erhobenen Armen auf ihn los, während Blut auf den Boden troff. »Sie wollen wohl Aids kriegen.«
»Beruhigen Sie sich.«
»Ja«, sagte Diamond inzwischen entschlossener und zog die Handschuhe an. »Ich glaube, er braucht Handschellen.«
»Ich hab’ nichts getan!« Er wirbelte herum, um ihn anzusehen. »Ich hab’ ihnen Crack gegeben, das is’ alles. Ich hab’ keinen Mord begangen!«
»Also, Junge.« Der ältere Beamte drehte ihm gekonnt die Hand auf den Rücken und ließ die Handschellen zuschnappen. »Bringen wir’s hinter uns.«
»ICH BIN KEIN MÖRDER! ICH BIN KEIN VERDAMMTER MÖRDER!« Wie wild stampfte er mit den Füßen, und sein Kopf schnellte zurück. »IHR WOLLT EINEN MÖRDER FINDEN, DANN SUCHT DOCH UNTER DEN FREIERN IN CROOMS HILL!«
Diamond seufzte und hob die Hände. »Sie haben das Recht auf einen Anwalt, wir setzen uns mit dem Pflichtverteidiger in Verbindung, wenn Sie wollen, und falls Sie auf Ihr Recht verzichten, möchte ich wissen, warum. Was die Dauer der Inhaftierung anbelangt, wird diese von jetzt an bemessen und nicht ab dem Zeitpunkt, an dem Sie hier hereingekommen sind. Und hol jetzt endlich einer den verdammten Verwahrungsbeamten her.«
Ein gebeugter alter Jamaikaner kam mit einem Kübel und einem Mop, um Geminis Blut vom Boden des Untersuchungszimmers zu wischen. Superindentent Maddox traf mit einem Bündel Akten und Kopfschmerzen aus Shrivemoor ein und fand einen verwüsteten Verhaftungsraum vor.
»Sie haben was ?«
»Er ist gewalttätig geworden.«
»Na schön, ich sehe, daß wir bis über die Ohren in der Scheiße stecken.« Maddox legte seine kalte Hand an den Kopf. Aus der Verwahrungszelle konnte er Geminis Protestgebrüll hören. »Vierundzwanzig Stunden bedeutet, daß wir bis morgen früh zehn Uhr Zeit haben. Ich sag’ Ihnen was, Diamond, Sie sind der Glückliche, der den Richter beim Frühstück stören und um eine Haftverlängerung nachsuchen darf.«
Der Arzt steckte den Kopf aus dem Untersuchungszimmer und wedelte Maddox mit einem Bündel Formulare zu. »Forensische Unterlagen. Wer will sie haben?«
»Ja, ja, ich schicke unseren Beamten für Beweismittel runter.«
»Die Proben sind aufgeteilt worden. Wenn die Anklageschrift eintrifft, sind sie fertig.«
»Unser Detective Inspector hier soll einen glückbringenden Kuß draufdrücken, bevor sie weitergereicht werden. Sie sind alles, was er hat.«
Diamond seufzte und verdrehte die Augen zur Decke.
Sechs Meilen entfernt, im Einsatzbesprechungsraum in Shrivemoor, nutzte Caffery die Gelegenheit, um sich in den fast leeren Büros eine Zigarette anzuzünden.
»Ts, ts.« Marilyn Kryotos sah von ihrem Bildschirm auf.
»Glauben Sie mir, ich brauche es.«
»Ich glaube Ihnen.« Sie nahm einen Schluck aus ihrer Getränkedose, lehnte sich im Stuhl zurück und verschränkte die Arme. »Nun? Wie lautet Ihre neueste Theorie?«
»Irgendwie verrückt.«
»Verrückt?«
»Ja.« Er setzte die Brille auf, stellte sich hinter sie und sah über ihre Schulter auf den Bildschirm, wo HOLMES sein mächtiges Gehirn anstrengte. »Ich glaube, ich habe ihn
Weitere Kostenlose Bücher