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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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zwei Spritzen in einer Lackschachtel, in denen sich geringe Mengen Heroin und Kokain befanden. Alles wurde sorgfältig in Beweismitteltüten versiegelt.
    »Aber ich mache mir immer noch Sorgen«, gab Fiona bei der abendlichen Besprechung zu. »Ich habe organische Rückstände der Verstümmelung erwartet. Ich glaube nicht, daß bei der heutigen Suche etwas dabei war.«
    »Genausowenig habe ich Nähmaterial und das chirurgische Skalpell gefunden, das nach Krishnamurthis Meinung für die Verstümmelung benutzt wurde, auch die Kernseife nicht.«
    »Er hätte eigentlich mehr Spuren hinterlassen müssen. Es wäre viel Blut ausgelaufen, wenn er sie geöffnet hätte; Blut und faulige Gewebeflüssigkeit. Wir müßten wenigstens ein paar Beweise finden, zumindest in den Ablaufrohren. Die Leute von der forensischen Abteilung haben in seinem Wagen, im Kofferraum, eine Menge Spuren gefunden, und ich glaube, das ist der Schlüssel, ich glaube, er hat sie anderswohin gebracht. Vielleicht, um sie zu töten, aber möglicherweise, nachdem er sie getötet hat. Wahrscheinlich dorthin, wo er die Vogelkäfige aufbewahrt.«
    »Schloss-Lawson und Walker«, sagte Caffery. »Die Familienanwälte.
Sie stellen morgen eine Liste seiner weiteren Liegenschaften zusammen.«
    Maddox schüttelte den Kopf. »Wenn wir nicht vorsichtig sind, könnten wir schwer in Verzug geraten. Nicht zugelassene Beweismittel. Könnte eine Weile dauern.«
    »Richtig, aber ich bin immer noch Fionas Meinung. Ich glaube, wir müssen weitersuchen.«
    »Ja«, murmelte Fiona. »Und wenn wir etwas finden, finden wir, glaube ich, auch Jackson.«
    Alle schwiegen einen Moment. Essex’ erste Aufgabe am nächsten Tag bestand darin, Clover Jackson anzurufen und sie zu bitten, morgen hereinzukommen und sich die Dinge anzusehen, die in Hartevelds Badezimmer gefunden worden waren. Um festzustellen, ob der limonengrüne Rock derselbe war, den ihre Tochter in der Nacht ihres Verschwindens getragen hatte.
    »In Ordnung«, sagte Maddox seufzend. »Marilyn, für morgen steht also an, die anderen Wohnsitze von Harteveld zu ermitteln. Ich möchte Peace Jackson finden, bevor dieses Wetter sie unkenntlich gemacht hat.«
     
    Nach der Besprechung nahm sich Caffery erschöpft die Krawatte ab und rief Rebecca an.
    »Ich war auf dem Weg in den Park«, sagte sie. »Ich will die Marineakademie malen.«
    »Kann ich Sie dort treffen?«
    »Oh, sicher. In einer halben Stunde? Hey, geht’s Ihnen gut?«
    »Ja. Warum?«
    »Ach.« Sie schwieg einen Moment. »Sie hören sich nicht so an.«
    »Nun, doch. Mir geht’s gut. Ehrlich.«
    Als Essex das hörte, geriet er außer sich. »Sie geiler alter Bock. Das haben Sie geheimgehalten. Bringen Sie sie dazu, bei Joni ein Wort für mich einzulegen. Sagen Sie ihr, wie einfühlsam ich bin oder irgend so ’nen Mist.«
    Caffery schloß seine Krawatte in der Schreibtischschublade
ein, schwappte sich im Waschraum Wasser ins Gesicht, steckte das Handy ein und fuhr nach Greenwich. Die Abendsonne hatte die alten Fenster des königlichen Observatoriums mit Gold überzogen, als er am Park ankam. Da Harteveld nun tot war, sollte er erleichtert sein. Statt dessen fühlte er sich unwohl, seine Nerven waren angespannt, als bereite sich sein Körper auf weitere Anstrengungen vor. »Du bist einfach müde«, sagte er sich. Eine Nacht Schlaf, und die Welt sieht ganz anders aus.
    Sie saß im Gras vor dem Zwiebelturm von Flamsteed, hatte einen Malblock auf die Knie gestützt und einen Pinsel zwischen den Zähnen, während sie mit einem anderen Aquarellfarben mischte. Caffery blieb stehen und genoß den Luxus, sie ungesehen zu beobachten. Die Sonne beleuchtete ihre Wangenrundung, und er glaubte fest, jedes feine goldene Härchen auf ihrer Haut zu sehen. In dem kurzen Schottenrock erschien sie ihm erschreckend verletzlich. Wie eine Versuchung hier auf dem smaragdfarbenen Gras.
    Sie legte den Pinsel weg, wischte sich die Hände an einem kleinen Lappen ab, und ganz so, als hätte sie gewußt, daß er die ganze Zeit hier gestanden hatte, sah sie auf, blinzelte ein wenig und beschattete mit ihrer schlanken, braunen Hand die Augen vor der tiefstehenden Sonne.
    »Hallo.« Sie trug kein Make-up, und er entdeckte einen Anflug von Lachfältchen in ihrem Gesicht. »Hallo, Jack.«
    »Sie kennen meinen Namen.«
    »Ja.« Sie senkte den Kopf, und das nach vorn fallende Haar verdeckte ihr Gesicht. »Sehen Sie, ich habe Burgunder.« Sie öffnete einen Rucksack und reichte ihm die Flasche und einen

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