Der Vollstrecker
Mein Freund zielte mit dem Hackmesser auf den Nacken des Hundes, und auf einmal war überall Blut. Es ist mir ins Gesicht gespritzt und auf mein T-Shirt, und mir drehte sich der Magen um. Der Körper des Hundes fiel zu Boden. Er zuckte und zappelte noch kurz, während der letzte Rest Leben ihn verlieÃ. Die anderen johlten und lachten und kreischten, und irgendwann sahen sie mich an. Ohne dass ich es gemerkt hatte, hatte ich angefangen zu weinen.
Garcia beugte sich vor und legte das Buch auf den Schreibtisch, bevor er sich mit den Fingerspitzen langsam über die Augen fuhr.
Bald darauf habe ich mich von meinen Freunden abgewandt. Seit damals habe ich keinen von ihnen wiedergesehen. Ich kann nicht genau sagen, wie lange nach dem Vorfall im Park die Alpträume angefangen haben. Vielleicht ein paar Monate später. Aber sie haben nie aufgehört.
»Und jetzt kommtâs«, sagte Garcia und machte ein Gesicht, als sei das, was er im Begriff war vorzulesen, nur schwer zu glauben.
In meinem Traum ist es nicht der Hund, der am Schopf gepackt wird, sondern ich. Ich bin genauso starr vor Angst wie damals das Tier. Ich versuche zu fliehen, aber es geht nicht. Ich kann das Gesicht meines Angreifers nicht erkennen, aber ich weiÃ, dass es nicht mein Freund von damals ist, sondern jemand anderes. Er hat ein Schwert in der Hand, und während die Klinge immer näher kommt, erstarre ich und kann mich nicht mehr rühren. Ich reiÃe den Mund auf, um zu schreien, aber kein Laut kommt heraus. Ich habe Todesangst. Wie in Zeitlupe trifft mich die Klinge seitlich am Hals.
Erneut dehnte Garcia den Nacken, wenn auch diesmal aus anderen Gründen.
Ich kann fühlen, wie die Klinge Stück für Stück durch mein Fleisch schneidet und mir den Kopf vom Körper trennt. Die Schmerzen sind unerträglich. Ich spüre, wie mein Blut meine Kleider tränkt, und mir wird ganz kalt. Der Hieb war sauber, aber aus irgendeinem Grund bin ich nicht tot. Mein Kopf fällt zu Boden und rollt noch ein Stück weiter, wie damals der Kopf des Hundes im Park. Trotzdem ist mein Körper nicht kopflos.
Garcia stützte beide Ellbogen auf und lieà die Stirn auf die geschlossenen Fäuste sinken.
Auf meinen Schultern sitzt ein Hundekopf. Er hat die Augen weit aufgerissen, die schwarze Zunge hängt ihm aus dem verzerrten Maul. Der Mann mit dem Schwert fängt an, mein Blut überall um mich herum zu vergieÃen, wie bei einem Ritual. Dann nimmt er meinen Kopf mit, um ihn zu verbrennen. In dem Moment wache ich jedes Mal auf .
Garcia rieb sich die brennenden Augen. »Wenn das Zufall ist, dann fresse ich einen Besen«, meinte er kopfschüttelnd. »Die Enthauptung, der Hundekopf, das VergieÃen seines Blutes ⦠Vater Fabian hat jahrelang seinen eigenen Mord geträumt. Wie kann das sein?«
Hunter dachte einen Augenblick lang nach, bevor er langsam den Kopf hob. »Du betrachtest die Sache vom falschen Ende aus, Carlos. Vater Fabian hat nicht seinen Mord geträumt. Der Mörder wusste von dem Alptraum und hat beschlossen, ihn in die Tat umzusetzen.«
»Okay. Dann hör dir mal an, was er als Nächstes schreibt.« Erneut beugte sich Garcia über das Buch.
Ich habe nie mit jemandem über den Tag im Park gesprochen, oder über die Träume, die mich so sehr quälen.
36
H unter schwieg, während er verarbeitete, was Garcia ihm soeben vorgelesen hatte. Ein Alptraum, der Vater Fabian mehr als zwanzig Jahre lang heimgesucht hatte. Ein Alptraum, den irgendjemand unter groÃen Mühen und bis ins kleinste Detail hatte Wirklichkeit werden lassen.
Garcia sprach als Erster. »Prinzipiell hätte der Mörder das Tagebuch lesen können, genau wie wir, aber Hermano hat gesagt, dass es nie einen Einbruch in der Kirche gegeben hat und dass niemand Zugang zu Vater Fabians Zimmer hatte.« Er stand auf, trat an eins der Fenster und öffnete es weit. Es war nicht übermäÃig warm im Büro, trotzdem überkam ihn plötzlich das Bedürfnis nach frischer Luft.
Hunter stieà gepresst den Atem aus. »Ich glaube nicht, dass der Mörder aus den Tagebüchern von dem Alptraum erfahren hat.«
»Warum nicht? So sind wir doch auch drauf gestoÃen.«
»Eben. Wir sind zu zweit, und wir haben drei Tage lang fast ununterbrochen gelesen. Wie viele Tagebücher haben wir durchgearbeitet, bevor wir auf das richtige gestoÃen sind?«
»Viele«,
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