Der Vollstrecker
nahm das Gesicht der Leiche genauer in Augenschein.
»Stimmt«, bestätigte Brindle. »Ich will euch nicht mit wissenschaftlichen Details langweilen, aber es ist biologisch und physikalisch gesehen ein Ding der Unmöglichkeit. Sie kann verbrennen und karbonisieren, aber nicht schmelzen.« Er hielt kurz inne und rieb sich mit dem Handrücken das linke Auge. »Wir haben das gesamte Haus untersucht, Robert. Das da ist das einzige Blut, das wir gefunden haben.« Er zeigte auf den kleinen Fleck unter dem Stuhl. »Wenn das hier derselbe Täter ist wie der, der vor ein paar Tagen den Priester getötet hat, dann war es diesmal kein Ritualmord. Und falls doch, dann war bei dem Ritual kein Blut im Spiel. Ehrlich gesagt sieht es so aus, als wären zwei völlig unterschiedliche Täter am Werk gewesen. Die Vorgehensweise ist komplett anders.«
Hunter nickte, sah aber keinen Anlass, Brindle von Vater Fabians Tagebucheintrag zu erzählen.
»Hat die Spurensuche schon irgendwas ergeben?«
»Noch keine Fingerabdrücke, nur ein paar Fasern, aber die können von überall her stammen.« Brindle zuckte mit den Schultern. »Das ganze Haus ist voll mit Teppichen, Teppichböden, Vorhängen und Polsterstoffen.«
Hunter ging im Zimmer umher und suchte die Möbel nach Auffälligkeiten ab. Er fand nichts. »Wer hat sonst noch die Zahl auf ihrem Rücken gesehen?«
»Nur die Leute hier im Raum«, sagte Brindle mit Nachdruck. »Die zwei Detectives aus Malibu haben drauÃen gewartet, während wir sie losgeschnitten haben. Haben nicht so frisch ausgesehen.«
»Und du hast ihnen nicht gesagt, dass die Zahl der Grund ist, weshalb wir hier sind?«
»Natürlich nicht. Ich habe ihnen gesagt, dass ihr wegen dem Schädel im Feuer einen Blick auf den Fall werfen sollt.«
»Dann belassen wir es auch dabei«, sagte Hunter und ging zur Tür. »Habt ihr ihre Kleider und Handtasche sichergestellt?«
»Bis jetzt noch nicht. Würde mich auch nicht wundern, wenn der Täter sie mitgenommen hätte.«
45
H unter lieà die Wohnungstür hinter sich zufallen, lehnte sich dagegen und schloss die Augen. Die Kopfschmerzen, die in dem Haus in Malibu eingesetzt hatten, waren auf dem Heimweg immer stärker geworden. Inzwischen fühlte es sich so an, als säÃe eine Ratte in seiner Schädelhöhle, die in panischer Verzweiflung versuchte, sich durch seine Augäpfel den Weg ins Freie zu scharren.
Der penetrante Gestank von verbranntem Fleisch war durch den Overall gedrungen und hing in seinen Kleidern fest. Der scharfe Geruch stach in seinen Augen, sein Magen brodelte, und er musste immerzu würgen. Er brauchte unbedingt eine Dusche â sofort.
Hastig riss er sich die Kleider vom Leib. Dann holte er einen schwarzen Müllbeutel aus der Küche und stopfte sie hinein. Er wusste, dass es nichts bringen würde, sie zu waschen. Gegen diesen Geruch kam kein Waschmittel der Welt an.
Im Bad stellte er das Wasser so heià ein, wie es nur ging. Er lehnte sich gegen die weiÃen Fliesen und lieà sich das Wasser über Kopf, Schultern und Rücken strömen. Jetzt, da er allein war, konnte er sich nicht länger zurückhalten und übergab sich, direkt in der Dusche. Als er endlich das Wasser abdrehte, leuchtete seine Haut krebsrot, und seine Fingerspitzen waren weich und schrumpelig. Er hatte fast ein ganzes Stück Seife verbraucht, aber der Geruch war immer noch da. Er saà nicht mehr auf seiner Haut, das wusste er. Er hing in den feinen Härchen in seiner Nase, und egal wie oft er sich schnäuzte, er wurde ihn einfach nicht los. Für den Moment sah er keine andere Lösung, als seine Sinne und sein Gehirn so gut es ging zu betäuben.
Die zwei ersten Drinks stürzte er pur und in einem Zug hinunter. Den dritten, einen doppelten, goss er über einen einzelnen Eiswürfel und nippte ihn langsam.
Es war schon spät, aber Hunter wusste genau, dass er in dieser Nacht keinen Schlaf finden würde. Schon an einem ganz normalen Tag war das schwer genug.
Er ging eine Weile unschlüssig im Zimmer auf und ab, bevor er vor dem Wohnzimmerfenster stehen blieb. Er stand da und starrte hinunter auf die StraÃe, den Kopf voller wirrer Gedanken. Nichts ergab einen Sinn.
Was den lästigen Geruch anging, schien der Single Malt seinen Zweck zu erfüllen, aber sein Kopf fühlte sich immer noch an, als ticke eine
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