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Der Vollstrecker

Der Vollstrecker

Titel: Der Vollstrecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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anderen Leuten passiert sind oder noch passieren werden. Sogar Leuten, die sie gar nicht kennen.«
    Â»Meinst du Visionen?«, fragte sie gedehnt.
    Â»Ja, so was in der Art. Oder Träume oder so.«
    Anna nippte an ihrem Wein. »Also, ich muss schon sagen, das ist eine ziemlich merkwürdige Frage aus deinem Mund. Ich weiß doch genau, dass du an so was nicht glaubst – Mentalisten und Wahrsager und so weiter.«
    Garcia setzte sich zu Anna und schenkte ihnen beiden noch Wein nach. »Und? Glaubst du an so was?«
    73
    A nna sah ihren Mann an und versuchte, aus seiner Miene schlau zu werden. Sie führten eine sehr ausgeglichene Beziehung, stritten sich selten und redeten offen über fast alles – nur über seine Arbeit oder die Fälle, mit denen er gerade befasst war, sagte Carlos freiwillig nie ein Wort. Aber Anna wusste auch so, dass hinter seiner Frage viel mehr steckte als bloße Neugier.
    Â»Erinnerst du dich noch an Martha?«, sagte sie und lehnte sich zurück.
    Garcia blinzelte.
    Â»Dieses etwas seltsame Mädchen auf der Highschool. Kurze braune Haare, dicke Brille, furchtbare Klamotten. Sie hatte was von einer Einzelgängerin, saß in der Cafeteria immer ganz alleine irgendwo in der hintersten Ecke.«
    Â»Sagt mir nichts«, musste Garcia gestehen.
    Â»Sie war einen Jahrgang unter uns.« Anna schnippte mit den Fingern, als ihr etwas einfiel. »Sie war das Mädchen, das von diesen hochnäsigen Ziegen aus unserem Jahrgang mit Ketchup und Senf überschüttet wurde, weißt du noch? Bei dem Grillfest auf dem Footballfeld.«
    Â»Gott, ja, daran erinnere ich mich«, sagte Garcia und riss die Augen auf. »Die Arme. Sie war von Kopf bis Fuß voll mit dem Zeug.« Er zögerte kurz. »Hast du ihr damals nicht geholfen?«
    Anna nickte. »Ja, ich habe ihr ein paar Kleider geliehen und bin mit ihr zum Waschsalon gefahren. Ich musste ihr hoch und heilig versprechen, dass ich ihren Eltern nichts davon erzähle. Danach haben wir uns noch ein paar Mal unterhalten, aber sie war sehr verschlossen. Es war ziemlich schwer, mit ihr ins Gespräch zu kommen.«
    Â»Okay«, drängte Garcia. »Was war mit ihr?«
    Anna blickte in die Tiefen ihres Weinglases. »Es war im April 1994, zwei Tage bevor unsere Basketballmannschaft im Viertelfinale der State-Meisterschaften spielen sollte.«
    Garcia spürte, wie sich in seinem Hals ein Kloß zu formen begann. »Gegen Oakland?«, fragte er rau.
    Anna nickte langsam, den Blick nach wie vor auf das Glas geheftet. »Es war in der Mittagspause, und Martha saß wieder auf ihrem Platz ganz am Rand. Ich bin zu ihr rübergegangen, um hallo zu sagen, aber sie war noch verschlossener als sonst. Ich habe ein bisschen Smalltalk gemacht und sie gefragt, ob sie am Samstag auch zum Spiel kommt. Wir waren totale Außenseiter und konnten jede Unterstützung gut gebrauchen.«
    Garcia beugte sich vor. Sein Interesse wuchs von Sekunde zu Sekunde.
    Â»Martha hat mich angesehen, und ihr Blick hat mir einen Riesenschreck eingejagt. Ihre Augen waren auf einmal ganz anders – kalt, ohne jegliches Gefühl, wie zwei schwarze Löcher.« Anna fuhr sich nervös mit den Fingern über die Lippe. »Wie in Trance hat sie gesagt: Es wird kein Spiel geben .«
    Garcia sah die Gänsehaut auf Annas Armen, und er nahm ihre Hand. Sie lächelte dünn, bevor sie fortfuhr.
    Â»Ich habe sie gefragt, was sie damit meint. Das Spiel war überall angekündigt. Man konnte bei uns in der Schule keine fünf Schritte machen, ohne dass man irgendwo ein Plakat hängen sah. Wir hatten die beste Mädchen-Basketballmannschaft seit Jahren, das Spiel war unsere große Chance.« Wieder verstummte Anna und blickte Garcia mit glasigen Augen an. »Dann hat Martha gesagt: Oakland wird nicht ankommen. Der Bus wird nicht ankommen .«
    Jetzt hatte auch Garcia eine Gänsehaut. Er konnte sich noch gut an das Jahr erinnern. Die Basketballmannschaft aus Oakland sollte einen Tag vor dem Spiel eintreffen. Irgendwo auf dem Westside Freeway war ihr Busfahrer am Steuer eingeschlafen. Der Bus wurde in einen Frontalzusammenprall mit einem Sattelschlepper verwickelt. Keines der Mädchen überlebte den Unfall.
    Â»Mein Gott«, flüsterte Garcia und drückte Annas Hand. »Welcher Tag war das noch mal?«
    Â»Der Tag, bevor es passiert ist.«
    Â»Nicht im Ernst.«
    Die Temperatur in

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