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Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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Drogen, Schlamm und Gequietsche aus Stromgitarren hätte die Generation Ginseng sofort ihren Anwalt geholt.
    Aber gut, wenn es einen Geschlechtsverkehr einleiten würde, dann würde Jochen sogar Wellness machen, wenn auch
unter stillschweigendem Protest. Er würde sogar im Park Federball mit ihr spielen und jeden ihrer verschlagenen Bälle apportieren. Allein zu »I am what I am« tanzen, das würde er nicht wieder machen. Oder nur im absoluten Notfall. Wenn Extras in Aussicht standen.
    Jochen wartete bis heute praktisch täglich darauf, dass ihn ein wildfremder Mensch irgendwo ansprechen würde mit den Worten: »Hey, bist du nicht dieser komische Vogel, der 1984 in Münster im Odeon allein und total scheiße auf der Tanzfläche rumgehampelt ist?«
    In der Liste seiner größten Lebenspeinlichkeiten gab es nur zwei schlimmere Momente: Als ihn die Hotelchefin morgens um drei beim Wixen erwischte - er, der Aushilfs-Nachtportier, hatte strikte Order, die Rezeption nicht zu verlassen. Wo also sollte er sonst wixen? Und als ihm auf der Klassenfahrt im Bus so schlecht geworden war, dass er der scharfen Nora, die vor ihm saß, einen Schwall aus halbverdauten Chips, Gummibären und MezzoMix in den Nacken gereihert hatte. Jochen hatte bis heute Angst, dass Nora diese Story allen Frauen erzählt hatte, die sie kannte: Spätestens mit dem Internet war die Geschichte weltweit verbreitet worden.
    Jochen war sich sicher, dass sich alle Frauen auf der Welt gegen ihn verschworen hatten. Er wusste nicht, wie sie das angestellt hatten. Aber er wusste es ganz genau.

21 UHR

    Lars trug seine neue, dunkle und sehr eng sitzende Jeans, dazu ein enges schwarzes Hemd von Versace und ein besonders lässiges Jackett. Er kontrollierte ein letztes Mal sein Kinn. Die Konturen waren straff, das Bild im Spiegel gefiel ihm. Auch wenn er manchmal den Verdacht hatte, dass seine Augen
nachließen und sich schon ein schmeichelnder Weichzeichner-Effekt einstellte.
    Er fühlte sich bereit für den Jagdbeginn, wieder mal bei Enrico. Lars würde extra ein bisschen zu spät kommen, damit diese Sandy sehen konnte, wie der berühmte Patron des Hauses ihn freundschaftlich begrüßte.
    Enrico wusste sofort, zu welchem Tisch er wollte. Zum Glück, denn er selbst war sich nicht sicher, ob er Sandy noch erkannt hätte. Am Tisch saß eine unfassbare Blondine: Erdbeermund, Engelsmähne, Fickgesicht. Sie sah ihn, stand auf - ein viel zu nuttiger Rock in Pink, nicht viel mehr als ein breiter Gürtel, zwei endlos lange nackte Beine, die in High Heels mit mindestens zwölf Zentimeter Absatz endeten, unter der durchsichtigen schwarzen Bluse hatte sie die Brüste mit einem schwarzen Spitzen-BH hochgebockt, die Nuppsies zeichneten sich deutlich ab.
    Bevor er etwas sagen konnte, legte sie ihre Arme wie ein Oktopus um seinen Hals, küsste ihn links und rechts mit vollem Einsatz und wollte gar nicht mehr loslassen. Lars fühlt sich augenblicklich benommen und schloss kurz die Augen. Er spürte die Hitze der Blicke der anderen Stammgäste in seinem Rücken. Er schob sie mit zartem Nachdruck von sich. Sandy setzte sich laut glucksend und starrte ihn mit viel zu weit aufgerissenen Augen an.
    Lars konnte es nicht fassen. Sandy sah aus wie die Parodie einer minderjährigen russischen Prostituierten. Er schätzte sie auf höchstens siebzehn. Was war er nur für ein alter geiler Bock. Lars fühlte sich elend. Wie konnte er nur mit so einem Kind knutschen? Wie konnte er sich mit ihr auch noch verabreden? Obendrein war die Kleine auch noch mit der Praktikantin verwandt, wahrscheinlich Schwester oder Cousine, also würde es morgen die ganze Firma wissen. Enrico brachte die Aperitifs, diese harten Dinger, die er
sonst so liebte, aber jetzt fürchtete. Ob die überhaupt schon Alkohol trinken durfte? Er wollte auf gar keinen Fall Ärger mit ihren Eltern oder der Polizei. Er entschuldigte sich und ging auf die Toilette.
    Lars musste dringend nachdenken. Der Plan war klar: Sandy so schnell wie möglich loswerden. Dann könnte er spätestens um dreiundzwanzig Uhr Doro und Nicky treffen. Er schickt eine SMS und atmete tief durch.

    »Sind in 3min da«. Dorotheas SMS klang bedrohlich.
    Neulich hatte Martin eine Studie gelesen, der zufolge SMS und Mail-Botschaften ob ihrer Kürze vom Empfänger als sehr viel aggressiver aufgenommen würden, als sie eigentlich gemeint waren. »Sind in 3min da« hieß übersetzt: Wehe, es ist nicht alles perfekt! Wehe, du vermasselst mit deinem Gequatsche den

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