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Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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er sofort damit anfangen, sobald er hier raus war. Zwischen elf und zwei Uhr morgens könnte er locker ein halbes Dutzend Mal schubbern. Er würde 1a Samenware produzieren und Camille praktisch fangfrisch injizieren.
    Attila versuchte ein Grinsen. »Haben wir es mit dem australischen Phänomen zu tun?«
    Der Professor nickte. »Ihre anderen Testergebnisse sind übrigens wunderbar, so weit ich das auf den ersten Blick beurteilen kann. Und diesen kleinen Rest kriegen Sie auch noch hin.«
    Attila nickte. Er wusste nicht, was er noch sagen sollte. Es war alles ebenso hilfreich wie peinlich, was hier gerade geschah. Er könnte Schneider jetzt noch nach Viagra fragen oder nach anderen Tricks, wie er Camille heute Nacht garantiert würde schwängern können mit seinem erstklassigen, aber leider derzeit etwas verkarsteten Genmaterial. Aber er traute sich nicht. Eigentlich war ihm dieses Gespräch ohnehin schon viel zu weit gegangen.
    Dennoch war er dem Professor unendlich dankbar. Guter Arzt: Er verstand was von Männern.

    Die Seilers, die Maik nur »Pfosten« und »Pfostin« nannte, wohnten zwei Siedlungen weiter. Maik fand beruhigend, dass Reihenhausen noch geschmacklosere Ecken hatte als ihre.
    Pfostens hatten tatsächlich ein Türschild aus Fimo und vier Paare Crocs . Maik hasste Crocs . Sie waren praktisch, und in der Metro gab es die Plastikschlappen praktisch geschenkt. Crocs bei Kindern konnte man gerade noch gelten lassen. Crocs bei Ehefrauen waren ein sicheres Zeichen, dass Sex nicht mehr praktiziert wurde. Und Crocs bei
Männern signalisierten, dass nicht mal mehr Interesse an Sex bestand.
    Die Pfosten hießen eigentlich Jörg und Sabine und sahen aus wie aus dem Globetrotter -Katalog. Interessanterweise war Outdoor-Kleidung Pflicht in Reihenhausen. Die Männer pendelten zwischen Büro und Eigenheim, und ihr einziges Abenteuer bestand darin, Abenteuerklamotten zu abenteuerlichen Preisen in einem Geschäft zu kaufen, in dem die Mitarbeiter so aussahen, wie Rüdiger Nehberg roch. Der Abdruck einer Wolfspfote hatte die Kraft, Plastikjacken in gefühltes Abenteuer zu verwandeln - eine brillante Gehirnwäsche.
    Weil Gleichberechtigung herrschte, wollten die Frauen auch Bergschuhe, vierlagige Goretex-Jacken, Cargo-Hosen und eine praktische Kurzhaarfrisur. Damit war die Geschlechterfrage nicht nur entschieden, sondern wurde gar nicht erst gestellt: Es gab sie nicht mehr. Alles war vercroct, die totale Unisex-Diktatur.
    Insgeheim hatte Maik Angst, genauso zu werden. Umso schärfer musste er sich abgrenzen. Die Pfosten hatten die Eigenart, sich nur in Sprüchen zu unterhalten. Die Begrüßung ging zum Beispiel so:
    Klingeln. Tür öffnet sich. Pfostin sagt mit ausgebreiteten Armen: »Je später der Abend …«
    Von hinten tönt der Pfosten: »… desto durstiger die Gäste.«
    Maik sagte: »Guten Abend.«
    Der Pfosten sagte: »Immer hereinspaziert in die gute Stube.«
    Maik fragte: »Na, wie geht’s?«
    Der Pfosten antwortete: »Muss ja. Und selbst?«
    Der Pfosten und die Pfostin kommunizierten offenbar nur mit dem Austausch von jahrzehntelang bewährten Textbausteinen.
Diese Beziehung war extrem verlässlich. Sie taten, sagten, dachten jeden Tag das Gleiche, ohne dass es wehtat. Hirntod und Ehe haben viel gemeinsam, dachte Maik.
    Er musste mit in den Keller kommen, wo der Pfosten ihm eine Art Mini-Kraftwerk zeigte, mit Super-Ökobilanz, super effektiv, total modern, optimal gefördert vom Staat. Wahrscheinlich war die Maschine von der Metro , so praktisch und preisgünstig, wie sie war.Und die Pfosten-Kinder gaben damit in der Schule an: »Wir tun ja was fürs Klima mit unserem eigenen Kraftwerk« - andächtiges Staunen bei Lehrer und Mitschülern. Maik tat auch was fürs Klima, er pflanzte Grünzeug.

    Bevor er zum Tisch zurückging, sprach Lars unauffällig mit Enrico. Der alte Schlingel kapierte sofort, was Sache war. Das Essen schnell servieren, dann Lars ans Telefon rufen, ganz dringend, unerwarteter Notfall, sofortiger Aufbruch. Gesicht gewahrt, Abend gerettet - so könnte es gehen. Warum er nicht auf dem Handy angerufen wurde? Eine Detailfrage, die dieser Maus bestimmt nicht rechtzeitig einfallen würde.
    Sandy hatte den Aperitif schon geleert und kippte sich gerade ein zweites oder drittes Glas Wein ein. Ihre Augen waren ein wenig gerötet. Vielleicht hatte sie gekifft - oder sie war schon betrunken.
    Sie war noch schlimmer als er befürchtet hatte. Sandy war achtzehn, kam aus Neuruppin und machte gerade eine

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