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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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Mörder eher nicht in Frage kommt. Er ist zwar zweifellos ein Raufbold und ein Tunichtgut, aber ich werde ihn noch heute freigeben. Und stellt Euch vor«, bekannte der Richter, »ausgerechnet Ludwig Pütrich war es, der meine Theorie ins Wanken brachte.« Er nahm wieder hinter seinem mächtigen Schreibtisch Platz und wühlte in einem Stapel von Papieren.
    »Wie dies, in Gottes Namen?« Peter war nun wahrlich so verblüfft, als hätte der Engel des Herrn persönlich ein Entlastungsschreiben vorgelegt.
    »Es war noch am gleichen Tag«, fuhr Konrad Diener schmunzelnd fort, »nachdem Ihr Eure Possen gerissen hattet, als der Bruder des Kaufmanns dies hier vorbeibrachte.«
    Peter nahm den Pergamentbogen entgegen und besah ihn sich eingehend. Das Blatt war auf Vorder-und Rückseite in jeweils zwei Kolumnen in kantiger Schrift beschrieben. Die Initiale zierte ein Bild König Davids, der auf dem Psalterium spielte, und mehrfarbiges Rankenwerk umlief den gesamten Text.
    »Es ist das hundertachte Lied aus einem, wie mir scheint, recht kostbaren Psalter«, stellte Peter wenig später fest.
    Der Richter nickte anerkennend. »Ganz recht. Und der Herr Pütrich tat kund, daß Konrad Peitinger ihm dies Schriftstück wenige Stunden vor seinem Tod überbracht habe mit der Meldung, er habe es nahe der Stelle gefunden, an der man das Faß mit dem toten Flößer herausgezogen und geöffnet habe. Nun erinnerte ich mich nur zu gut, daß Ihr kurz zuvor während Eures Besuches von mysteriösen Pergamenten gesprochen hattet.«
    Der Richter schien offensichtlich den Dingen allmählich eine andere Bedeutung beizumessen, so daß sich Peter mit einer Frage herantastete: »So Ihr nun den Leonhart entlastet seht, wen haltet Ihr, mit Verlaub, an seiner Statt für schuldig?«
    »Ich muß gestehen«, gab der Richter unumwunden zu, »ich kann Euch augenblicklich keinen Schuldigen benennen. Und, hol’s der Teufel, ich weiß nicht mal so recht, wonach ich suchen soll. Was erst so einfach schien, erweist sich nun als reichlich mysteriös.«
    Peter war einigermaßen verblüfft über die unerwartete Offenheit Konrad Dieners und schlug als erstes eine Untersuchung der Landstraße nach Wolfratshausen vor.
    »Mit Eurer Erlaubnis…« bemerkte der Richter leicht spöttisch, »schickte ich bereits Reiter aus, die die von Euch bezeichneten Stellen in Augenschein nahmen. Sie haben Eure Beobachtungen bestätigt, sehr viel mehr allerdings auch nicht. Es wurden Reisende befragt, und der eine oder andere wollte einen baumlangen Kerl gesehen haben. Aber keiner konnte seinen Namen angeben oder gar, wo er sich aufhielte. Und nahe der Stelle des fraglichen Überfalls fanden sich nur ein paar armselige Köhler verstreut in den Wäldern.«
    »Köhler sagt Ihr? Zwei dieser schwarzen Gesellen sind mir vor Tagen selbst begegnet.« Peter hatte die Szene im Wirtshaus zu Weikenried wieder lebhaft vor Augen. Und plötzlich erinnerte er sich auch der Bemerkung Perchtolds, daß ein schwarzer Reiter am Ort des Überfalls aufgetaucht sei. »Natürlich«, sagte Peter mehr zu sich selbst, »der angebliche Teufel kann nur einer von diesen Köhlern gewesen sein…«
    Peter erklärte dem Richter seine Vermutung und schloß: »Ihr müßt die Köhler aufgreifen lassen und die Wahrheit aus ihnen herausholen.«
    »Das dürfte kaum möglich sein«, wehrte Konrad Diener ab. »Sie sind gewarnt und kennen jeden Schlupfwinkel in den Wäldern.
    Und glaubt Ihr im Ernst, ein Junge, der einen schwarzen Mann sah und ihn aus Angst gar für den Teufel hielt, könnte den unter mehreren solcher Gesellen tatsächlich wiedererkennen?«
    »Perchtold ist ein gewitztes Bürschchen«, wandte Peter ein.
    »Wie dem auch sei. Erinnert Euch, daß dieses Jahr schon mehrere Flöße mit Mann und Ladung verschwunden sind. Mir scheint, daß es sich um eine gerissene Bande handelt, und wenn es nicht gelingt, die Schnapphähne auf frischer Tat zu ertappen, dann besteht wenig Aussicht, sie zu überführen.«
    »Und der Mord an Jakob bleibt ungesühnt.« Peters Befürchtung klang bitter.
    »Das will ich nicht sagen«, bemerkte der Richter aufmunternd. »Der Hauptmann schickte einen seiner Reiter auch ein Stück weit die alte Römerstraße entlang, der sie, wiewohl in schlechtem Zustand, für durchaus noch befahrbar hielt. Und es scheint nicht ausgeschlossen, ja sogar wahrscheinlich, daß die Schurken ihr Beutegut ins Augsburgische verfrachteten, um es dort zu verscherbeln. Seid versichert, wir werden in der Stadt die nötigen

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