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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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gute Weile am Leben teilhaben. Doch es währte nicht lange und sie teilte das Lager mit einem verkommenen Kerl, der sich mein Bruder nennt. Nacht für Nacht stieg sie in unbekümmerter Geilheit zu seiner Kammer empor, und als ich ihr Vorhaltungen machte, da lachte sie mich aus und verhöhnte mich noch. Ich versuchte, sie zurückzugewinnen und fing inbrünstig an zu beten, flehte zum Herrn, er möge ihr zur Einsicht verhelfen und mir die Kraft verleihen…«
    »Dann habt Ihr wohl nicht genug gebetet, verehrter Gatte«, spottete nun Birgit Pütrich unbekümmert. Und an die Runde gewandt tat sie schamlos kund: »Sowenig er es sonst an Härte fehlen ließ, in der Kammer zog er sie stets zusammen mit dem Hemd gleich aus, und wo andernorts ein stolzes Zepter aufragt, da bot sich mir nur noch ein Zumt so weich und biegsam wie ein müder Schneck. Soll ich vielleicht in meiner Jugend schon dazu verdammt sein, zu welken wie dieser Greis? Es war schließlich nicht mein Wille, sein Weib zu werden. Sein Geld hat meinen Vater für ihn eingenommen.«
    Sie schaute keck und herausfordernd von einem zum andern, aber außer Ludwig Pütrich, der voller Genugtuung grinste, schien niemand an der lockeren Rede Gefallen zu finden.
    »Was seht Ihr mich so strafend an?« fragte die junge Frau, die sich zunehmend unwohl fühlte. »Wenn Ihr glaubt, ich hätte falsch gehandelt, dann sollt Ihr auch wissen, was er mir angetan hat«, suchte sie sich zu rechtfertigen. »Erst hat er mich geschlagen, als ich mein eheliches Recht einklagte, das er mir höchstens jeden Vollmond schlecht und recht angedeihen ließ. Als ich mich ihm daraufhin verweigerte, da wollte er mich mit Gewalt nehmen, was ihm jedoch kläglich mißlang. Fortan hat er versucht, mich mit Magie und schändlichem Zauber umzustimmen. Ich fand allerlei Kräuter und seltsame Pflanzen unter meinem Kissen, und anstelle von Wein kredenzte er Liebestränke, um mich heimlich brünstig zu machen. Nachdem ich das Mahl wiederholt widerwärtig fand und darob die Köchin zur Rede stellte, gestand sie mir kleinlaut, daß er meine Speise mit seinem Speichel und Samen in widerlicher Weise verunreinigt hatte in der Hoffnung, mich wieder für ihn einzunehmen. Und ich bin sicher, daß er selbst davor nicht zurückschreckte, einen Wachsmann, der mit Liebeszauber verhext war, mir unter die Schwelle meiner Kammer zu legen. Und…«
    »Hör endlich auf zu geifern, dummes Weib!« fuhr Heinrich Pütrich sie an. »Nichts von alledem ist wahr, und dein Fehltritt wird nicht gesühnt, indem du Lügen über mich verbreitest. Ich bediente mich der Alraune, das gebe ich gerne zu, aber nur, um meine Kräfte zu beleben und meine Manneskraft zu stärken, denn mein sehnlichster Wunsch war es, mit dir noch einen Sohn zu zeugen, der die Zierde meines Alters sein sollte. Statt dessen hast du dich diesem Heuchler an den Hals geworfen, der nicht einmal vor dem Weib seines Bruders haltmacht.« Er wandte sich abrupt Servatius zu: »Ja, verehrter Bruder, ich habe gesündigt, indem ich mir anmaßte, Gottes Gerechtigkeit selbst zu besorgen, aber erst nachdem all meine Gebete unerhört und meine guten Werke scheinbar unbeachtet blieben und ich die widerliche Unzucht unter meinem Dach nicht länger ertragen konnte. Ich bin bereit dafür zu büßen, aber ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, daß ich niemals gemordet habe.«
    »Ihr habt nur versucht, dem Herrgott gleichsam das Messer in die Hand zu drücken und ihn mit zauberischen Mitteln zu nötigen, Eure feige Rache zu besorgen«, hielt ihm Servatius erbittert vor. »Glaubt Ihr etwa, daß Ihr damit besser seid als einer, der selbst den tödlichen Streich vollführt?«
    »Ich wollte es erst nicht, ich schwör’s!« begehrte der alte Pütrich noch einmal auf. »Erst als die beiden auch nach Birgits Rückkehr nicht davon abließen und mich sogar noch verhöhnten, da wollte ich, daß er lieber tot sei, als daß er mein Haus noch länger besudelte. Er hat mir genommen, was ich auf meine alten Tage geliebt habe. Er hat…«
    Ehe der Alte mit seiner Rechtfertigung, die eher selbstgerechte Schuldzuweisung war, fortfahren und der Franziskaner wieder dreinfahren konnte, ging Peter mit erhobenen Händen dazwischen. »So habt Ihr also dem Wachsmann die Nägel ins Geschlecht gerammt und Euren Bruder verflucht, um ihm auf diese Weise die potentia seiner Lenden zu nehmen. Ihr habt um seinen Tod gebetet und Gottschalk dazu die Messe lesen lassen. Ungeachtet des ewigen Gerichts werdet Ihr

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