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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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notgedrungen einräumen, daß es die Bestimmung gäbe.
    »Aber es ist wahr«, platzte jetzt Peter heraus, »daß der Jakob…«
    »Ihr wollt etwas sagen?« unterbrach ihn der Vorsitzende barsch.
    »Ja freilich, denn der Jakob…«
    »Dann wartet gefälligst, bis man Euch das Wort erteilt!«
    Peter warf ihm wütende Blicke zu, doch Tulbeck hatte das Sagen und rief nun auch noch das Ekel Peitinger auf. »Der Pfleger Konrad Peitinger, zuständig für die untere Lände der Stadt München, insonderheit der Weinlände, mag uns seinen Eindruck von der Zuverlässigkeit des Fergen Krinner geben.«
    Mit einem widerlichen Grinsen im Gesicht trat der Pfleger an Peter und Paul vorbei nach vorne. »Es war im Frühjahr, daß ich den da« – er deutete geringschätzig auf Jakob – »dabei erwischt hab’, wie er Wein unterschlagen hat. Ich hatte ihn ja schon lange in Verdacht, daß er säuft und dann die Fässer mit Wasser auffüllt. Aber dieses Mal hat es dank meiner Aufsicht nicht geklappt und ich hoffe, er kriegt jetzt die Strafe, die er verdient.«
    Unter den Flößern brach Tumult aus.
    Nachdem mühsam wieder Ruhe eingekehrt war, wandte sich Tulbeck mit gespielter Freundlichkeit an Peter und Paul: »Möchten die Herren Pfleger Barth und Knoll zu den Ausführungen noch etwas bemerken?«
    Leicht verwirrt stand Peter auf und suchte nach den richtigen Worten: »Ja, ich meine… der Jakob, nein der Peitinger… Verflucht, ich rede wie ein Idiot! Also der Pekinger ist einer, den keiner so recht mag…«
    »Ganz recht!…Woher auch!« mischten sich die Flößer ein.
    »…und das wurmt den Peitinger, und deshalb hat er eine Stinkwut auf alle. Und weil er dem Jakob nichts anhängen kann, deshalb lügt er wie Adam unterm Apfelbaum. Der Jakob hat sich noch nie das kleinste zuschulden kommen lassen. Möcht’ ich mal sagen. Ja, das war’s.« Peter setzte sich und fühlte sich erbärmlich. Wenn die Fürsprecher im Himmel ähnlich beeindruckten, dann war es kein Wunder, daß auf Erden so vieles danebenging. Paul versuchte es gar nicht erst und nickte nur zustimmend.
    Als hätte er Kreide gefressen, wandte sich Tulbeck mit ausgesuchter Liebenswürdigkeit wieder an Peter: »Geschätzter Herr Barth, nehmen wir doch einmal an, ein ehrbarer Mitbürger, gut gekleidet und wohlgelitten, käme zu Euch und erzählte einen Sachverhalt, der durchaus glaubhaft erschiene. Und gleich darauf käme ein anderer, der aussähe, als hätte man ihn soeben aus dem Stadtgraben gefischt. Wem würdet Ihr wohl eher Glauben schenken?«
    Das saß! Peter hätte sich ohrfeigen mögen für seine Nachlässigkeit. Er durfte jetzt gar nicht zum Peitinger hinüberschauen, sonst würde er wahrscheinlich in das triumphierende Gesicht prügeln.
    Jakob, der sich ziemlich verloren vorkam, versuchte noch einen letzten Vorstoß. »Ich bitte Euch, ehrenwerte Herren, befragt hierzu nochmals den Bruder von Herrn Pütrich.«
    »Mein Bruder, mein Bruder!« würgte der alte Kaufmann erregt das Ersuchen Jakobs ab. »Noch bin ich, Heinrich Pütrich, der Vorsteher des Handelshauses, und es waren mein Floß, mein Wein und mein Geld, was diese pflichtvergessene Kreatur« – er streckte seinen knochigen Zeigefinger nach Jakob aus, als sei er schon das Richtschwert – »durch eigenes Verschulden veruntreut hat. Und ich verlange, daß er dafür aufs härteste bestraft wird!«
    »Dessen seid gewiß«, beschwichtigte Tulbeck, »doch laßt uns erst die ganze Schuld ermitteln. Ihr erwähntet noch einen tätlichen Angriff. Bekennt sich der Ferge Krinner dessen schuldig?«
    Jakob schüttelte nur mehr müde den Kopf. Sollten sie doch behaupten, was sie wollten.
    »Dann rufe ich den Hausdiener Anselm auf!«
    Ein gebeugt schlurfender Greis wurde nach vorne geführt.
    »Erinnert Ihr Euch an Jakob Krinner?«
    »Häh?«
    »Erkennt Ihr diesen Mann wieder?«
    »Jaja, ganz bieder.« Anselm lachte freundlich.
    »Habt Ihr ihn schon einmal gesehen?«
    »Häh?«
    »Der ist taub, wie der Jäger unterm Wasserfall«, freute sich Paul.
    »Hat dieser Mann Herrn Pütrich bedroht?«
    »Herr Pütrich ist tot?« fragte der Greis entsetzt zurück.
    Der Vorsitzende gab es auf. »Holt die Magd herbei!«
    Walburga knickste artig, schaute sich nochmals um und blickte keck in die Runde der Zuhörer. Sie genoß den Auftritt und war sich ihrer Wichtigkeit bewußt. Dann legte sie los: »Also, dieser Wüterich da hat fast die Haustüre eingetreten. Und dann ist er auf mich los, mit grün leuchtenden Augen und fürchterlich

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