Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
Vom Netzwerk:
Königswürde anmaßte, sein Schicksal selbst besiegelte, und die Erfüllung wird noch in diesem Jahre sein.«
    »Aber man muß etwas tun, ihn warnen, schützen… was weiß ich. O lieber Gott!«
    Der Doktor schnaubte verächtlich. »Wollt Ihr Euch anmaßen, das Schicksal zu beeinflussen?«
    Zumindest das unmittelbare Schicksal wurde in diesem Augenblick von einem anderen bestimmt. Der mißtrauische Wirt baute sich drohend vor dem Tisch auf, packte Peter am Ärmel und herrschte ihn an: »Ihr solltet jetzt besser austrinken, zahlen und verschwinden!«
    »Wieso?« protestierte Peter. »Ich habe doch…«
    »Was?« Der freundliche Gastgeber war schon dabei, die Ärmel aufzurollen.
    »Ich habe mich doch nur mit diesem gelehrten Herrn unterhalten. Was habt Ihr gegen mich?«
    »Mir gefällt Eure vorwitzige Nase nicht, Ihr seid aus München, und Ihr fragt zuviel.«
    »Aber ich habe mich doch lediglich nach einem Freund erkundigt, dem Flößer Jakob.«
    »Seht Ihr hier irgendwo einen Fluß?«
    »N… nein«, antwortete Peter verdutzt.
    »Eben. Und jetzt zahlt, oder ich werde ungemütlich.«
    Während Peter die Börse vom Gürtel löste – was sollte er auch anderes tun –, warf er Friedericus einen hilfesuchenden Blick zu. Doch dieser zuckte nur mit den Achseln und verzog fragend das Gesicht. Der beredte Gelehrte von eben war plötzlich stumm wie ein Karpfen und mimte den Ahnungslosen.
    Peter zählte acht Pfennige auf den Tisch, womit er die Zeche für mehr als ausreichend bezahlt hielt.
    Nicht so der Wirt. »Oho, Bürschchen, so billig kommt Ihr mir nicht davon. Das kostet Euch einen Schilling.«
    Das war fast das Vierfache und Peter protestierte. Aber der Wirt stemmte drohend seine Pranken in die Seite und erklärte ungerührt:
    »In meinem Gasthaus bestimme ich die Preise. Und wie ich meine Schweine nicht mit Leckereien, sondern mit Abfällen füttere, so kann ich es nicht leiden, wenn mein gutes Bier durch Scheißkerle rinnt, die auf der falschen Seite stehen. Das treibt bei mir immer die Preise in die Höhe. Und jetzt raus!«
    Der Grobian hatte zuletzt ein fieses Grinsen aufgesetzt und nickte mit dem Kopf in Richtung Türe. Peter erschien es nicht ratsam, ihn noch mehr zu reizen, zumal auch die übrigen Gäste längst aufmerksam geworden waren und in der Mehrzahl recht finster dreinschauten. Sein geheimnisvoller Gesprächspartner gab ihm mit einer Geste des Bedauerns und als Trost mit auf den Weg: »Es war wunderbar, mit Euch zu plaudern.«
    Und als Peter schon unter der Türe stand, rief ihm der Doktor hinterher: »Beehrt mich wieder! Ihr findet mich irgendwo zwischen Nürnberg und Bologna.«
    Es klang in Peters Ohren nun schon eher wie ein Feixen, und kaum war er draußen, drang schallendes Gelächter aus den geöffneten Fenstern.
    Perchtold lag steif wie ein Stück Holz zwischen den Strohballen und hielt sich noch immer die Nase zu. Die beiden Männer unterhielten sich über Geschäftliches, über Weintransport, Köhlerei und ähnliche Dinge, wovon der Junge nichts verstand. Die Sache fing an, langweilig zu werden, und der Spion hätte sich zu gern zurückgezogen, wußte aber nicht, wie er’s unbemerkt anstellen sollte.
    »Im übrigen«, setzte der Dicke das Gespräch fort, »solltest du dich in nächster Zeit besser nicht in dieser Gegend blicken lassen. Es könnte sein, daß du gesucht wirst. Im Gasthaus sitzt ein Schnüffler. Verschwinde für eine Weile aus der Gegend, bis man dich wieder braucht.«
    »Ihr macht’s Euch einfach. Und wovon soll ich leben?«
    »Ist doch nicht unsre Schuld, wenn du dich so dumm anstellst, daß man nach dir sucht. Ja und noch etwas: Mein Herr will wissen, ob du die Botschaft weitergeleitet hast. Was kann ich ihm berichten?«
    Der ungeschlachte Riese wirkte plötzlich höllisch verlegen. »Hm, ich… nun, es hat sich noch nicht so ergeben. Es fand sich keine günstige Gelegenheit.«
    »Was soll das heißen? Es kann doch nicht schwer sein, in Augsburg den Vertrauten des Grafen von Burgau ausfindig zu machen und ihm die Botschaft zu übergeben, damit er sie an Leopold weiterleitet. Die Sache eilt, damit der Herzog rechtzeitig hier ist, wenn wir zuschlagen.«
    »Die Sache ist die«, druckste der andere herum. »Also, wie soll ich sagen? Das Pergament ist mir irgendwie abhanden gekommen, und das eine ohne das andere auszuhändigen, erschien mir dann nicht sinnvoll.«
    »Wie? Du hast die Nachricht verloren? Bist du irr geworden?«
    »Verloren, gestohlen, ich weiß es nicht. Sie befand

Weitere Kostenlose Bücher