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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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Zunftsprecher, an.
    »Nenn diesen Namen nie wieder!« forderte ein anderer.
    »Wieso? Was soll das?« fragte Hanns Kirchberger irritiert in die Runde.
    »Ja, weißt du’s denn nicht oder stellst du dich nur blöd?« platzte der Hofmair Michl grob heraus. Kirchberger schaute verdutzt. Er wußte wirklich nicht, wie ihm geschah.
    »Der Unselige, der sich selbst gerichtet hat«, warf Mathes Riedler zur Erklärung ein, »der ist zum Wiedergänger verdammt. Und wer leichtsinnigerweise seinen Namen nennt, der ruft ihn herbei.«
    »Genau!« pflichtete Alois Hainstetter bei, der ansonsten dem Mathes nur zu gern widersprach. »Und der wird sich wieder einen holen, diesmal einen von uns!«
    »So ein Unsinn!« knurrte Paul eben noch, als er und Peter von dem hilflosen Zunftsprecher gebeten wurden, an der inneren Runde Platz zu nehmen.
    Die Zusammenkunft versprach munter zu werden, und Ulrich Hiltpurger ergriff darum selbst das Wort: »Wie ihr alle wißt, haben sich in den letzten Tagen fürchterliche Dinge zugetragen, die uns alle, einen von uns aber ganz besonders, betreffen. Wir sind deshalb hier zusammengekommen, um zu beraten, wie wir dem Leonhart helfen können. Doch zuvor ist es nötig, daß wir die ganze Wahrheit…«
    »Die kennen wir doch«, rief der Feichtmayr Benedikt ungewohnt forsch dazwischen. »Der Dieb und Mörder aus Wolfratshausen und seine beiden Freunde hier, die haben uns die Suppe eingebrockt!«
    »Schweig still, du Narr!« fuhr der verärgerte Zunftmeister den vorlauten Benedikt an. »Oder ich laß dich hinauswerfen.« Und wieder an alle gerichtet, fuhr er fort. »Ich kann verstehen, daß ihr aufgebracht seid durch die schrecklichen Ereignisse, doch laßt uns nicht vorschnell verurteilen und erst hören, was die jedermann bekannten Pfleger der Lände, die uns Flößern noch allezeit wohlgesonnen waren, zu berichten haben.«
    An dieser Stelle erhob sich bereits wieder Gemurmel und Murren, und Ulrich Hiltpurger fügte daher mit allem Nachdruck hinzu: »Und ich werde es nicht dulden daß unser ehrwürdiges Zunftrecht gebrochen wird. Jeder der fürderhin die Regeln verletzt und sich ungebührlich beträgt, der soll in Ungnad sein und in der Strafe stehen! Betragt euch also ehrbar und haltet Stillschweigen, bis die Frage an euch gerichtet wird!«
    Die Zurechtweisung schien fürs erste gewirkt zu haben, auch wenn die Mehrzahl der Flößer noch immer ein grimmiges Gesicht zur Schau trug. Der Zunftsprecher war jedenfalls dankbar für die Unterstützung und rief nun Peter auf: »Bitte erzählt uns von Eurer Fahrt nach Wolfratshausen und was Ihr sonst noch erfahren habt!«
    Peter erhob sich. »Ich weiß, werte Freunde« – die so Genannten verzogen in der Mehrzahl spöttisch das Gesicht –, »daß euch die Vorkommnisse beunruhigen, ja, ängstigen. Aber die Angst darf euch nicht blind machen, und Unwissenheit soll nicht den Haß schüren. Der, dessen Namen ihr jetzt nicht mehr nennen wollt, galt bis vor kurzem noch als euer Freund. Ihr habt an seinem Unglück Anteil genommen und den Pütrich verflucht. Was ist daraus geworden? Die bloße Tatsache, daß er einen Strick um den Hals trug und in einem Faß steckte, hat euch dazu verleitet, ihn als Selbstmörder zu verurteilen. Er tat es nicht und steht noch heute in der Gnade.«
    »Lügner!« zischte es aus der Ecke.
    »Zugegeben«, fuhr Peter fort, »anfangs hatte ich keinen Beweis. Ich wollte es nur ganz einfach nicht glauben. Doch ich habe euch nicht belogen. Denn hat einer von euch schon mal gehört, daß sich ein Lebensmüder die Hände fesselt und anschließend eigenhändig erhängt?«
    »Lächerlich!« rief einer.
    »Was soll das?«
    »Das haben Paul und ich uns auch gefragt«, griff Peter den Zwischenruf auf. »Doch die Spuren der Stricke an den Handgelenken des Toten waren deutlich zu sehen. Und die Male am Hals ließen vermuten, daß der Arme erwürgt und der Knoten erst nachträglich geknüpft wurde.«
    Die Miene einiger Flößer war inzwischen nachdenklich geworden.
    »Doch nun zu dir, Mathes.« Peter baute sich kampflustig vor ihm auf. »Du bist doch hier der Wissende in Fragen der Dämonen und der Geisterwelt.«
    Mathes schaute lauernd zu Peter auf und grinste verlegen. Er wußte nicht recht, ob ihm soeben geschmeichelt oder ob er verhöhnt wurde.
    »Nun sag uns«, forderte Peter, »was ist ein Wiedergänger und woran erkennt man ihn?«
    »Oh, die Frage ist einfach«, antwortete Mathes eilfertig. »Wer große Schuld auf sich geladen hat, der ist verdammt

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