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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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Gesicht konnte sie kaum mehr ein Ruckeln ausmachen. Cynthia hatte ihm bereits sein Schwert aus der Hand genommen. Jenny zog ihre Anspannung zurück und sofort jagte Hauptmann ein Stück nach oben. Ebenso schnell bremste Jenny ihn wieder aus. Mit festem Blick starrte sie ihm in seine Augen. Sie waren kalt, dunkel wie ein Abgrund, ohne jeden Glanz und Licht. Jenny spürte etwas, das sich schlimmer anfühlte, als alles andere was sie bisher gespürt hatte. Es war wie eine reißende, eiternde Wunde im Bauch. Eine Geschwulst, die ihr Inneres zerfraß. Ein Gestank von Verwesung und Abfall. Etwas, das schlimmer war als Hass: Mordlust! Jenny hielt Konrads Schwert mit beiden Händen, zog es seitlich mit einem Ausfallschritt nach hinten und plante einen zielgerechten Stoß damit in Hauptmanns Brust. Doch sie zögerte, stockte. Sie konnte es nicht. Es war das eine, einen Dunklen ins eigene Schwert laufen zu lassen oder ihm so auszuweichen, dass er selbst zum Opfer wurde. Aber etwas ganz anderes war es, mit einem gezielten Stoß zuzustechen. Ihn unwiederbringlich zu vernichten. Sie spürte Konrads Wut, seine Durchsetzungskraft, seine starke Kämpferenergie, seinen unumstößlichen Willen, seine Erbarmungslosigkeit im Kampfe. Und doch brachte sie es nicht über sich. Sie spürte, wie ihre Energie sich veränderte, sah, wie ihr rosafarbenes Licht die Oberhand gewann. Ein Blick zurück zeigte Konrad auf dem Boden liegend. Ruth hatte das Schwert aus ihm herausgezogen und hielt ihre Hand auf die Wunde, als könne sie sie damit verschließen. Und tatsächlich drang kein Blut mehr heraus. Jenny drehte sich wieder zu Hauptmann um. Cynthia sah sie erwartungsvoll und ein wenig gönnerhaft an, so als wolle sie Jenny den alles entscheidenden Stoß überlassen. Jenny ließ ihre Arme sinken und behielt Hauptmann in der Starre. Links sah sie einen Schatten auftauchen, der ein blau-violettes Licht um sich warf. Arthur. Er stellte sich neben Jenny und sah sie an. Als sie ihren Blick zu Boden senkte, schaute er kurz zu Cynthia. Die nickte ihm zu. Dann zog er mit der Kraft seines ganzen Körpers sein Schwert zurück und ließ es kerzengerade in Hauptmanns Herz schnellen. Jennys Kompression schnalzte in sie zurück. Ein hauchendes Stöhnen entwich Hauptmanns Rachen. Arthur stand über ihm, das Schwert weiter in ihn hineindrückend. Erst als Hauptmann die Augen schloss und in sich zusammensackte, zog Arthur das Schwert, sein Bein auf Hauptmanns Oberkörper abstoßend, mit einem Ruck heraus. Sofort drehte Jenny sich um und eilte zurück zu Konrad. Benedict hielt Konrads Kopf zwischen seinen Händen, hatte seine Stirn auf die Konrads gelegt und weinte leise vor sich hin. «Bitte, bitte, bitte», hörte sie Benedict flüstern. Jenny kniete sich neben Konrad, fuhr mit ihren Händen über seine Brust hinauf zu den Schultern und weinte bitterlich.

    «Bitte nicht!», rief sie laut schluchzend.
    Alle Weißen, die übrig geblieben waren, standen um sie versammelt. Die letzten Dunklen hatten sich spätestens nach Hauptmanns Tod davon gemacht. Im Augenwinkel sah Jenny ein helles, gleißendes Licht um Hauptmann kreisen. Als sie genauer hinsah, konnte sie sehen, wie das goldene Licht der Gesandten, sein rot-braunes Fragment in sich aufnahm und mit sich nahm. Dann spürte Jenny, dass die Wärme, die sich zuvor aus Konrads Brust in ihre ergossen hatte, wieder aus ihr entwich und in ihn überging. Sein Animusfragment kehrte in seinen Körper zurück. Irgendwie hatte er es geschafft, Jenny sein Seelenfragment zu überlassen. Wieder grub sie ihr Gesicht schluchzend in Konrads Hals. Er fühlte sich schrecklich kalt und leer an. Jenny wusste nicht, was schlimmer war: seine stumpfen Augen oder die schwindende Wärme seines Körpers. Ruth ließ unablässig ihre kraftvolle Energie in Konrad einströmen. Jenny konnte sehen, dass Ruth ihn nicht verloren geben konnte. Sein Fragment war in Konrad zurückgekehrt, aber es wollte sich einfach nicht ausdehnen, seinen Körper beleben. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sein Körper es freigab und die Gesandten es holen kamen.
    Die Gesandten!
    Da fiel es ihr ein: das Fläschchen!
    « Wenn du es brauchst, wirst du es wissen », hörte Jenny Aaron im Gedanken sagen.
    Das helle Licht. Die Liebe und Güte, die es ausstrahlte, Leben und Kraft. Das war es, was Konrad brauchte. Jenny richtete sich auf und griff in ihre Hosentasche. Als sie das Fläschchen an der Lederschnur herauszog, begutachteten es die Umstehenden neugierig.
    «Was

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