Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
sein. Schließlich bat er Tom und Henrik herauszufinden, wo Jonas zuletzt gewohnt hatte, und sich in seinem Bekanntenkreis umzuhören. Er setzte die beiden bewusst als Team ein. Henrik war loyal, wenn auch kein brillanter Ermittler, wohingegen Tom sein Handwerk beherrschte, aber nicht der größte Teamplayer war.
Etwas später am Tag statteten Storm und Katrine Jonas’ Eltern in Haslev einen Besuch ab.
Sie fuhren die Jernbanegade entlang, die sich durch den halben Ort zog. Es war um die Mittagszeit, und die ganze Kleinstadt schien zu schlafen. Katrine rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her.
Strom sah sie von der Seite an. » Wann bist du das letzte Mal auf dem Land gewesen?«
» Kann mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern. Ich weiß nicht warum, aber solche Käffer geben mir immer das Gefühl, lebendig begraben zu sein.«
» Also ich finde es hier sehr gemütlich, und ich wette, dass die Mordstatistik dementsprechend ist.«
» Das ist natürlich ein Argument, aber ich kann gut verstehen, dass Jonas es gar nicht eilig genug haben konnte, zum Militär zu kommen.«
Storm bog in Richtung der Wohngegend ab, in der Jonas’ Elternhaus lag. » Dennoch ist er nach seiner Heimkehr wieder hierhergekommen.«
» Ja, aber für wie lange?« Sie kannte selbst die Antwort. Dem Einwohnermeldeamt zufolge hatte Jonas nur sehr kurz bei seinen Eltern gewohnt. Sie hielten vor dem weiß gestrichenen Haus. Ein älterer Campingwagen stand aufgebockt in der Einfahrt. Storm und Katrine stiegen aus und blickten sich um. Die kleinen Häuser entlang der Straße standen dicht beieinander und sahen nahezu identisch aus. » Ich kriege schon Platzangst«, murmelte Katrine, als sie zur Haustür gingen und klingelten.
Es war Jonas’ Mutter Birthe, die öffnete. Sie trug ein Jeanskleid und eine schmale Brille mit neongrünem Gestell, das ihr etwas Reptilienartiges verlieh.
Storm stellte sie beide vor und fragte, ob sie hereinkommen dürften. Sie hätten da ein paar Fragen, ihren verstorbenen Sohn betreffend. Birthe schluckte. » Sie wollen etwas über Jonas wissen?«
» Wenn wir nicht ungelegen kommen.«
» Nein, nein, kommen Sie herein.«
Sie wurden ins Wohnzimmer geführt, wo sie sich auch Jonas’ Vater vorstellten. Er war ein kleiner Mann mit dünnen Haaren und mürrischem Gesichtsausdruck. » Karsten Vestergaard«, sagte er und drückte ihnen so fest die Hand, dass es noch lange Zeit schmerzte.
Birthe bestand darauf, Kaffee zu machen. Sie schaute ein paarmal verstohlen zu Katrine hinüber, als könnte sie nicht verstehen, dass die Frau mit dem zerschundenen Gesicht und der verschlissenen Lederjacke eine Mitarbeiterin des PET war.
Katrine und Storm nahmen auf dem Sofa Platz, das seine besten Tage bereits hinter sich hatte. Im Kaminofen brannte ein Feuer und verbreitete einen gemütlichen Duft in dem kleinen Raum. Storm ergriff das Wort und erzählte eine Notlüge, warum sie gekommen waren. Die Ermittlungseinheit ziehe Erkundigungen zum Leben der Todesopfer ein, um ein genaueres Bild über die möglichen Motive der Attentäter zu gewinnen.
» Sollten Sie nicht lieber alles daransetzen, diese Mohammedaner zu fangen?«, fragte Karsten Vestergaard. » Ich will mich natürlich nicht in Ihre Arbeit einmischen, aber man wundert sich schon, dass diese Kerle immer noch nicht geschnappt wurden«, fügte er hinzu und verschränkte die Arme.
Birthe kam mit dem Kaffee herein. Jonas’ kleine Schwester half, den Tisch zu decken. Sie machte einen schüchternen Eindruck, begrüßte den Besuch scheu, nachdem sie von ihren Eltern dazu aufgefordert worden war, und setzte sich auf den Stuhl, der am weitesten von Storm und Katrine entfernt war.
Katrine bemerkte die Heimorgel am Ende des Raumes.
» Hat Jonas gespielt?«
» Nein, die gehört Sofie. Nicht wahr, Sofie?«
Sofie blickte zu Boden und drückte an einem Pickel auf ihrer Wange herum.
Storm zückte seinen Notizblock und bat die Eltern, von ihrem Sohn zu erzählen. An was sie sich vor allem erinnerten, an die positiven und negativen Dinge … Er lächelte Birthe voller Mitgefühl an. » Die schwierigen Seiten.«
Es war offensichtlich, dass er bereits ihr Vertrauen gewonnen hatte. Birthe begann sofort, von Jonas’ Kindheit zu erzählen. Angefangen von der Frühgeburt bis zu seiner Legasthenie, die weitere Schulprobleme nach sich gezogen hätte. Doch auch, wie geschickt er mit seinen Händen und wie hilfsbereit er gewesen sei. Er sei ein guter Junge gewesen. Ein guter Sohn und
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