Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
Ladefläche um. Dort rollten zwei Baseballschläger über den Boden. Gott sei Dank hatte er immer seine Mauser dabei, falls sie es mit einer ganzen Horde von Kanaken zu tun bekommen würden. Bis jetzt hatte er es bei ihren nächtlichen Streifzügen noch nicht nötig gehabt, sie zu benutzen. Die Kanaken waren im Grunde totale Waschlappen. Wenn man einem von ihnen aufs Maul haute, dann nahmen die anderen sofort Reißaus.
Eigentlich war er froh darüber, dass er mit Bjarne allein war. Wenn die Typen von den Blutsbrüdern dabei waren, dann lief die Sache oft aus dem Ruder. Die wollten Autos anzünden und die Kanaken abstechen. Einmal hatten sie sogar einen Shawarma-Grill angezündet, was am nächsten Tag in der Zeitung gestanden hatte, weil ein paar Gasflaschen explodiert waren und das halbe Gebäude weggerissen hatten. Doch glücklicherweise war keiner der Brüder geschnappt worden.
» Bist du bereit zu einer Wet-op?«, fragte Bjarne.
Benjamin lächelte. » Klar.«
Bjarne schaute ihn ernst an. » Da gibt’s nichts zu grinsen, ich meine es ernst. Bist du bereit, Soldat?«
Benjamin spürte sein Herz hämmern. Mit Wet operation war im Jargon der Spezialeinheiten eine Mission gemeint, bei der der Feind liquidiert werden sollte. » Allzeit bereit«, antwortete Benjamin und hoffte, dass Bjarne nur seine Loyalität testen wollte.
Sie fuhren weiter den Gl. Køge Landevej entlang, bis die Hochhäuser am Horizont in den Himmel wuchsen. Dort war ihr Jagdgebiet, in den Gettos von Vestegnen. Allerdings achteten sie darauf, sich stets einen neuen Ort vorzunehmen, damit sich die Einheimischen niemals sicher fühlen konnten. Bjarne drosselte die Geschwindigkeit und bog in Richtung Bregnehøjpark ab. Hier waren sie schon lange nicht mehr gewesen. Sie fuhren am Einkaufszentrum und der langen Ladenzeile vorbei. Es waren ungewöhnlich viel Leute auf der Straße. Bjarne warf einen verwunderten Blick aus dem Seitenfenster. » Was machen die ganzen Affen denn so spät noch auf der Straße?«
» Das muss wegen diesem Ramadan sein. Die fasten tagsüber und gehen abends raus.«
» Was du alles weißt über diese Kanaken.«
» Man muss seinen Feind eben kennen«, scherzte er. Das hatte L. T. einmal zu ihm gesagt.
» Dann müssen wir eben ein bisschen warten. Ich fahre jedenfalls nicht ohne Skalp von hier weg.«
Sie fuhren weiter durch das Wohngebiet und kamen an einer beleuchteten Sportanlage vorbei, auf der Basketball gespielt wurde.
Am Ende der Straße parkten sie den Wagen und schoben ihre Sitze ganz zurück, damit sie vom Dunkel der Fahrerkabine verschluckt wurden. Bjarne griff sich die beiden Baseballschläger und gab einen Benjamin. Benjamin legte ihn sich in den Schoß. Er fühlte sich kühl und glatt ein, abgesehen von dem getrockneten Blutfleck oberhalb des Griffs. Er hatte ihn nach dem letzten Mal gewaschen, diesen Fleck aber offenbar übersehen.
Über zwei Stunden saßen sie im Dunkeln und warteten, schweigend und nahezu regungslos. Von ihrer Zeit in Helmand waren sie es gewohnt, vollkommen ruhig zu bleiben, um nicht gesehen zu werden. Die Basketballspieler hatten längst den Heimweg angetreten, und auch viele andere befanden sich auf dem Weg nach Hause. Trotzdem warteten sie immer noch auf den richtigen Moment zum Angriff. Bjarne nannte diesen Moment auf Deutsch die Angriffsstunde. Er hatte diesen Begriff aus einem Buch über Hitlers SA -Truppen.
Bjarne schlug Benjamin auf die Schulter und zeigte den Weg hinunter. Dort stand ein älterer Mann im Qamis, der in diesem Moment den Kofferraum seines Wagens öffnete.
» Denn schnappen wir uns«, flüsterte Bjarne
» Im Ernst? Das ist doch nur ein alter Mann.«
» Der ist aber angezogen wie ein Kanake, also los.« Bjarne öffnete die Tür und stieg aus. Benjamin folgte seinem Beispiel. Die Baseballschläger ließen sie unauffällig an der Seite nach unten hängen.
Der ältere Mann war damit beschäftigt, eine Kiste im Kofferraum zu verstauen. Bjarne schaute sich rasch um. Niemand war zu sehen.
» Brauchst du Hilfe … Mustafa?«
Der Mann drehte sich um und schaute ihn überrascht an. Dann traf ihn Bjarne mit seinem Schläger am Kopf. Der Mann fiel hintenüber. Blut lief ihm die Schläfe hinunter, und er stöhnte mit erstickter Stimme, als ihn Bjarne über den Bürgersteig zu einem niedrigen Gebäude zerrte.
Bjarne setzte ihn an die Hausmauer und hob seinen Schläger. » Komm, Benjamin, lass uns Holz hacken.« Das war der Ausdruck, den sie benutzten, wenn sie abwechselnd
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