Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
versucht, seine Bewegungen durch die Stadt anhand verschiedener Überwachungs- und Verkehrskameras nachzuvollziehen. Eine Fassadenkamera des Hotel D’Angleterre hat das Fahrzeug auf dem Platz gefilmt. Das war zehn Minuten vor der Explosion. Wir konnten die Route des Wagens bis zum Tagensvej zurückverfolgen und setzen diese Untersuchung natürlich fort.«
» Ausgezeichnet. Gibt es ein Bild des Fahrers?«
Storm schüttelte den Kopf. » Nichts Brauchbares. Die Qualität ist einfach nicht gut genug. Aber die Techniker arbeiten an verschiedenen Lösungen, um die Bildqualität zu verbessern. Darüber hinaus suchen wir weiterhin nach Zeugen, vor allem Touristen, die an diesem Tag auf dem Platz waren und das betreffende Fahrzeug womöglich mit ihrer Kamera aufgenommen haben.«
» Hört sich ziemlich vage an«, murmelte Kampmann. » Was ist mit den Zeugen, die bereits befragt wurden? Hat niemand von ihnen etwas mehr gesehen?«
» Nein, offenbar nicht.«
Flemming Kampmann lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. » Wir haben also nach wie vor keine Ahnung, wer hinter dem Anschlag steckt.«
Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Storm räusperte sich, während er nach einer passenden Formulierung suchte.
» Wir … haben allen Grund anzunehmen, dass die Täter eine Verbindung nach Dänemark haben. Größe und Beschaffenheit der Bombe, die Ortskenntnisse …«
Flemming Kampmann schnaubte. » Die Ortskenntnisse waren so brillant, dass sie nicht einmal wussten, dass Jyllands-Posten inzwischen umgezogen ist, und dass sie es auch nicht geschafft haben, das richtige Gebäude zu treffen.«
Storm ignorierte seinen Sarkasmus. » Wir gehen gerade der Theorie nach, dass das Café Felix das eigentliche Ziel des Terrorangriffs war. Teils aufgrund der vielen Opfer, die es dort gegeben hat, teils um durch die Wahl eines neutralen Orts Panik in der Bevölkerung zu schüren.«
» Und das CTA geht mit dieser Analyse konform?«
Storm nickte. » Ja, dort stützt man diese Vermutung.«
Kampmanns Finger trommelten erneut auf die Tischplatte. » Was ist mit diesem durchgeknallten Mullah?«
» Scotland Yard zufolge befindet sich Badr Udeen in Birmingham. Dort ist seine Moschee.«
» Wenn man bedenkt, was für einen Krawall es rund um seinen Besuch gegeben hat, so ist die Vermutung naheliegend, dass sich irgendjemand dadurch inspiriert gefühlt hat …«
» Darum überwachen wir auch die Azra-Moschee sowie drei weitere Moscheen, in denen Badr Udeen unserer Meinung nach seine Kontaktleute hat.«
Flemming Kampmann nickte. » Und wie viele von diesen Leuten wurden inzwischen festgenommen?«
Storm biss sich auf die Lippen. » Bisher ist es zu keinen Festnahmen gekommen.«
» Bitte?« Kampmanns Doppelkinn bebte.
Storm blickte in seine Unterlagen. » Aber wir observieren, wie gesagt, vier Moscheen und insgesamt achtundvierzig Personen.«
» Nikolaj …« Flemming Kampmann rieb die Hände mit einem trockenen Geräusch aneinander. » Ich weiß, dass Sie eine Vorliebe für die technische Abteilung und für Observierungen haben, was vollkommen in Ordnung ist. Sie haben damit in der Vergangenheit sehr gute Resultate erzielt. Aber die Situation hat sich geändert. Wir sehen uns einem Verbrechen gegenüber, das aufgeklärt werden muss. Es gibt Täter, die auf freiem Fuß sind, eine Nation, die blutet …«
» Ich komme gerade von einer Sitzung mit den Ermittlern. Alle sind hundertprozentig bei der Sache. Jeder Spur wird nachgegangen, im Inland wie im Ausland …« Seine Wangen glühten.
» Daran zweifle ich keine Sekunde. Aber wir befinden uns im Krieg. Auf unserem eigenen Boden!« Flemming Kampmann schlug mit der Hand so hart auf den Tisch, dass es durchs ganze Büro dröhnte. Doch Storm ließ sich davon nicht beeindrucken. Er hatte ihn schon cholerischer erlebt als in diesem Moment.
Flemming Kampmann senkte vertraulich die Stimme. » Und im Krieg geht es darum, den Feind zu vernichten, habe ich recht?«
» Natürlich, aber wir können doch nicht aufs Geratewohl irgendwelche Leute verhaften. Auch den Ermittlungen würde das nicht nützen.«
Flemming Kampmann lächelte. » Aber der nationalen Sicherheit würde es nützen. Uns ein bisschen Luft verschaffen. Außerdem befinden wir uns in einer einzigartigen Situation, die es uns erlaubt, einige von denen, die unserem Land feindlich gesinnt sind, auszuweisen. Schauen Sie sich nur all die Leute an, die in den Medien von einer ›Tragödie‹ reden, aber trotzdem der Meinung sind, sie sei
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