Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
zugebracht, was seine Paranoia nicht gemindert hatte. Er hatte sich entschieden, den Wagen so zu lassen, wie er war, um den Bullen in Zukunft keine Möglichkeit zu geben, ihn abzuhören.
» Willst du die Kiste nicht bald mal reparieren lassen? Sieht ehrlich gesagt ziemlich abgefuckt aus«, sagte Hamza und suchte vergeblich nach dem fehlenden Aschenbecher.
Faris hatte keine Lust, ihm die ganze Situation auseinanderzusetzen. Stattdessen nahm er ihm die Zigarette ab und warf sie aus dem Fenster. » Rechtgläubige rauchen nicht, wann kapierst du das endlich, Hamza?«
Hamza zuckte die Schultern.
» Erzählt mir von der Mail, die ihr geschickt habt.«
Hamza senkte den Kopf.
Faris schaute im Rückspiegel Jamaal an, der hinten saß. » Was willst du wissen?«, fragte dieser.
» Sagt mir erst mal, wie zum Teufel ihr nur auf die Idee gekommen seid, mein Postfach ohne mein Wissen zu öffnen.«
» Rechtgläubige fluchen auch nicht«, murmelte Hamza.
Faris Augen blitzten. » Hamza, du stellst meine Geduld wirklich auf die Probe.«
» Entschuldigung.«
» Und vor allem, wie konntet ihr nur auf die Idee kommen, Mullah Udeen hinter meinem Rücken zu antworten? Das ist Verrat!«, rief er und spuckte gegen die Windschutzscheibe.
Die Jungen rutschten schweigend auf ihren Sitzen hin und her.
Faris hatte von der Korrespondenz erfahren, als Badr Udeen ihm heute das zweite Mal auf seine Mail geantwortet hatte. Er hatte ihre Zelle gelobt und ihnen zehntausend Dollar für den weiteren Kampf versprochen.
» Antwortet!«
» Wir dachten, dass irgendjemand handeln muss«, antwortete Jamaal.
» Statt nur Flugblätter zu verteilen«, ergänzte Hamza.
Faris schlug mit dem Arm aus und traf Hamzas Nase mit dem Handrücken. Hamza schrie auf und fasste sich ins Gesicht.
» Das hier ist kein Spiel«, sagte Faris.
Hamzas Nase blutete. Er legte den Kopf in den Nacken.
» Wenn wir keine Disziplin haben und jeder macht, was er will, dann wird der Feind gewinnen.«
Faris gab ihm sein Taschentuch.
» Das gibt dir nicht das Recht, Hamza zu schlagen«, entgegnete Jamaal und ballte die Fäuste.
» Warum regst du dich überhaupt so auf?«, fragte Hamza. » Der Mullah hat uns Geld versprochen, zehntausend Dollar. Das sind hunderttausend Kronen.«
» Mindestens«, sagte Jamaal.
» Er bezeichnet uns als Elitetruppe des Nordens. Als Schneeleoparden. Wir sind jetzt Profis. Und das liegt nur an Jamaal und mir.«
Jamaal beugte sich vor. » Und wer hat eigentlich gesagt, dass du die Leitung übernehmen sollst? Wer hat dich ernannt?« Er schlug heftig gegen die Lehne des Vordersitzes.
Faris drehte sich halb herum, während er fuhr. Das Auto schlingerte wild hin und her.
» Ich habe die Kontakte, oder etwa nicht? Ich habe für das Geld gesorgt, die Operation geplant, ein Auto beschafft. Was habt ihr denn anderes getan, als gekifft und durch eure Prahlerei unsere Zelle in Gefahr gebracht? Außerdem sind zehntausend Dollar nicht hunderttausend Kronen, sondern etwa die Hälfte, was ihr Schwachköpfe eigentlich wissen müsstet, wenn ihr euer Hirn mal einschalten würdet.«
» Fick dich!«, antwortete Jamaal.
» Ja, fick dich, Faris«, sagte Hamza und schniefte.
» Stopp!«, rief Mustafa.
Es wurde still im Auto. Alle schauten ihn an.
» Seht ihr denn nicht, was ihr tut?« Er sah sie betrübt an. » Warum beschuldigt ihr euch gegenseitig als Verräter, wo ihr doch alle Allah betrügt?«
» Er hat recht«, sagte Jamaal schuldbewusst.
» Aber Mustafa, wir müssen doch dem Mullah antworten«, sagte Hamza. » Sieh nur, wie weit wir in unserem Kampf schon gekommen sind.«
» Um zu gewinnen, muss man zunächst seine eigenen Sünden bekämpfen. Hochmut ist eine davon. Lüge eine andere. Einen Keil zwischen seine Brüder zu treiben, die nächste. Sicher ist nur, dass wir auf einen Weg geschickt wurden, von dem es kein Zurück gibt. Das ist der Weg, auf dem wir Ehre suchen müssen. Hier werden wir Allah dem Allmächtigen begegnen.«
» Allahu akhbar«, antworteten sie im Chor.
Faris warf plötzlich einen Blick in den Rückspiegel. » Jamaal, die Nummer des Wagens hinter uns, schreib sie auf.«
Jamaal drehte sich behäbig um und betrachtete die Fahrerin des beigefarbenen Citroën Berlingo. » Du glaubst doch wohl nicht, dass die von den Bullen ist.«
» Schreib die Nummer auf und sieh im Buch nach. Er zog sein Notizbuch aus der Innentasche und gab es nach hinten. Jamaal öffnete das Buch und stöhnte angesichts der vielen Seiten, auf denen Faris
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