Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
hörte er eine Stimme über sich.
Er versuchte vergeblich, die Stimme mit einem der Ausbilder in Verbindung zu bringen.
» Wie heißt das Codewort, Benjamin?«
Er schwieg. Spannte den Körper an und bereitete sich auf die Schläge vor, die kommen würden. Doch stattdessen packten sie ihn an den Fußgelenken, pressten ein Knie auf seine Brust und drückten seinen Kopf zurück. Er spürte, wie die Kapuze über seinem Kopf gestrafft wurde, sodass sie ganz eng an Nase und Mund anlag. Das eiskalte Wasser traf sein Gesicht und drang in seine Nase ein. Er schnappte nach Luft und spürte das Wasser in der Kehle. Sie wollten ihn ertränken! Er versuchte sich loszureißen, strampelte und schrie. Sie wollten ihn umbringen.
Es kam kein neues Wasser mehr.
» Wie lautet das Codewort, Benjamin?«
Durch den nassen Stoff hindurch schnappte er nach Luft.
» Sag uns jetzt das Codewort!«
Er blieb stumm.
Neues Wasser wurde ihm über den Kopf gegossen. Länger als zuvor. Das Wasser lief ihm in die Kehle und war auf dem Weg in die Lunge. Er erbrach sich und versuchte zugleich, nach Luft zu schnappen. Sein Körper verkrampfte sich. Er gab auf.
Sie hielten inne, worauf er ein wenig zu Atem kam.
» Kopen…hagen. Das Codewort lautet Kopenhagen.«
» Falsch, Benjamin!«
» Nein!«, schrie er. » Das Codewort ist Kopenhagen.«
» Du lügst. Deshalb musst du bestraft werden.«
Wieder schütteten sie ihm Wasser ins Gesicht. Diesmal so lange, bis ihm schwarz vor Augen wurde.
34
Die Krankenschwester fragte Katrine, ob sie ihr ein Taxi rufen sollten. Sie lehnte dankend ab. Ihre angespannte Finanzlage erlaubte nur eine Busfahrt. Ansonsten wäre es schön gewesen, nach Hause gefahren zu werden, um den neugierigen Blicken der Leute zu entkommen. Sie sah wie eine verwahrloste Bettlerin aus, als sie den Krankenhausflur entlangging. Ihren Kapuzenpullover hatte sie sich um den Kopf geschlungen, um ihr geschundenes Gesicht zu verbergen.
Ausgerechnet an diesem Tag schien mal wieder die Sonne, und sie blinzelte, als sie auf die Straße ins helle Tageslicht trat. Der Bus hielt auf der anderen Seite des Parkplatzes. Als sie sich gerade in Richtung Bushaltestelle in Bewegung setzen wollte, hörte sie eine Stimme:
» Katrine!«
Sie drehte halb den Kopf, worauf ihr sofort schwindelig wurde. Storm stand vor seiner geöffneten Wagentür. Sie ging auf ihn zu.
» Wie gut, Sie gesund wiederzusehen«, sagte er und gab ihr die Hand.
Sie brummte eine Entgegnung.
» Kann ich Sie mitnehmen?«
» Danke«, sagte sie und stieg ein.
Sie nahmen die Umgehungsstraße in Richtung Bregnehøjpark. Storm warf ihr verstohlene Blicke zu. Sie versuchte, sie zu ignorieren. Sie wollte nur nach Hause und ihre Ruhe haben.
» Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte er schließlich.
» Wozu?«
» Ich habe über all das nachgedacht, was Sie über die Vernehmungen gesagt haben. Dass man den Richtigen unter den Verdächtigen finden muss und so weiter.«
» Das ist doch Allgemeinwissen.«
» Das glaube ich nicht. Sie haben ein besonderes Talent. Ihre Aufklärungsquote spricht für sich.«
» Wobei soll ich Ihnen helfen?«
» Bei den Vernehmungen.«
Sie wandte sich ihm zu. » Ich glaube, ich verstehe nicht ganz … Auf welche Weise?«
» Ich möchte, dass Sie bei der nächsten Vernehmung dabei sind. Sie findet heute um 14 Uhr statt, aber ich dachte, Sie wollen vorher vielleicht noch nach Hause und sich umziehen.«
Sie musste unwillkürlich kichern. » Ist das Ihr Ernst?«
» Schauen Sie mich an!« Er deutete auf sich. » Sehe ich etwa aus wie jemand, der auch nur einen Funken Humor besitzt?« Sein dunkelblaues Sakko, das Hemd und seine konservative Krawatte sprachen eine deutliche Sprache.
» Und was sagen Ihre Vorgesetzten dazu? Keine Einwände?«
» Die brauchen davon nichts zu wissen. Zumindest vorläufig nicht. Und die Ergebnisse werden jede nachträgliche Kritik hoffentlich im Keim ersticken.«
» Gewagtes Spiel«, entgegnete sie und wandte ihren Blick wieder der Straße zu. » Passen Sie auf, dass Sie die ganze Sache nicht zu persönlich nehmen.«
» Gibt es Fälle, die man nicht persönlich nehmen kann?«
Um Viertel vor zwei fuhren sie durch das Eingangstor des Polizeipräsidiums. Katrine hatte sich umgezogen. In ihrer Küche hatten sie gemeinsam eine Tasse Kaffee getrunken und die Vernehmungsstrategie festgelegt. Sie wollten mit Faris beginnen und mit Mustafa aufhören. Hoffentlich würden sie herausfinden, mit wem sie sich näher beschäftigen sollten. Aus
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