Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
Hände wehtaten. Er drehte sich zu Katrine um, während er sich die Handflächen rieb.
» Ich rede mit keiner Frau, die nicht verschleiert ist.«
» Dein Glück, Mustafa. Denn dort, wo du den Rest deines Lebens verbringen wirst, wird es nicht sehr viele Frauen geben.«
» Glauben Sie ja nicht, Sie könnten mir damit Angst machen, dass ich ins Gefängnis muss. Ich werde allen Versuchungen widerstehen, die der Prophet für mich ausersehen hat.«
» Ich will dir keine Angst machen, im Gegenteil.«
» Ich spreche nicht mit einer unreinen Frau, sparen Sie sich die Mühe.«
Katrine nickte leicht. » Du hast recht, Mustafa. Ich bin unrein. Ich trage keinen Schleier und bekenne mich zu keiner Religion. Ich trinke, rauche und ficke mit verheirateten Männern, sogar mit Muslimen.«
Er blinzelte. So genau hatte er das vermutlich nicht wissen wollen.
» In meiner Jugend war ich noch viel schlimmer. Da habe ich die anderen richtig fertiggemacht. Wir waren eine Gang, die das ganze Viertel beherrscht hat. Wir haben geklaut, was nicht niet- und nagelfest war, und ich habe sogar mal ein Haus in Brand gesteckt. Aber das ist eine andere Geschichte. Auch als Bulle habe ich manche Typen hart rangenommen, damit sie endlich auspacken. Ich lüge dich nicht an, Mustafa.« Sie zuckte die Schultern. » Obwohl ich sogar vor Gericht gelogen habe.«
Er schaute sie aufmerksam an. » Wirklich?«
Sie spürte, dass er von ihrer Aufrichtigkeit beeindruckt war.
» Ja, aber nur, weil ich meinen Arsch retten wollte.«
» Warum erzählen Sie mir das alles?«
» Weil ich mit all dem leben kann, was ich getan habe. Aber ich habe natürlich auch nicht deinen festen Glauben – den ich respektiere. Das tue ich wirklich.«
Er wollte sich nicht schmeicheln lassen, dennoch war ihm anzusehen, dass er den Kopf unwillkürlich ein bisschen höher trug.
» Die Frage ist, ob du mit der Lüge leben kannst.«
» Ich habe nicht gelogen«, entgegnete er hastig. » Ich habe von Anfang an die Wahrheit gesagt.«
Sie schüttelte den Kopf. » Ich weiß, dass du das nicht hast. Eure Versionen stimmen nicht mehr überein. Aber das meine ich nicht.«
Sie stand vom Stuhl auf und sah ihm direkt in die Augen. » Dass du uns Ungläubige anlügst und in die Irre führen willst, das verstehe ich voll und ganz.« Sie lächelte ihn an. » Aber … dass du ganz bewusst deinen Gott belogen hast und immer noch belügst, indem du die Ehre für etwas beanspruchst, was du nicht getan hast, das verstehe ich nicht.«
» Tun Sie nicht so, als würden Sie was vom Islam verstehen.«
» Das tue ich auch nicht. Das überlasse ich anderen. Denjenigen, die dich im Internet loben und preisen, all die Mullahs und Imame, selbst die heiligen Krieger. Diejenigen, die wirklich Blut vergossen haben.«
Mustafa schoss die Röte ins Gesicht. Er wandte den Kopf ab. » Ich … ich … sage die Wahrheit.!
» Sei ehrlich. Denn Ehrlichkeit führt zu Güte, und Güte führt ins Paradies. Hüte dich vor Falschheit. Denn Falschheit führt zu Unmoral, und Unmoral führt in die Hölle. Sind das nicht die Worte des Propheten?« Sie war gut vorbereitet und kannte den genauen Wortlaut.
Mustafa ließ sich auf den Stuhl sinken und verbarg das Gesicht in den Händen.
» Du sagst, dass du bereit bist, ins Gefängnis zu gehen. Aber bist du auch bereit, in die Hölle zu fahren?«
Ein Schluchzen drang aus seiner Kehle.
» Und warum, Mustafa? Für einen Mullah, der euch aufgefordert hat zu lügen? Das ist doch keine Gerechtigkeit.«
Mustafa blickte zu ihr auf. Sein Gesicht war verweint. » Ich werde die Wahrheit erzählen. Aber Badr Udeen ist ohne Schuld. Es war nicht er, der uns aufgefordert hat zu lügen.«
Sie schaute ihn skeptisch an. » Wer war es dann?«
Mustafas Atem kam stoßweise.
Dann erzählte er alles von Anfang an: Wie sie beschlossen hatten, die Angriffe auf ihre Brüder in Afghanistan zu rächen. Ein Wort hatte das andere gegeben. Hamza und Jamaal waren am meisten darauf versessen gewesen. Eines Tages waren sie mit ein paar Säcken Dünger, die sie in einer Baumschule gestohlen hatten, zu Faris gekommen. Den Sprengstoff hatten sie nach einer Anweisung aus dem Internet zusammengemischt. Alle Zutaten hatten sie im Einkaufszentrum bekommen. Es war alles furchtbar einfach gewesen, wenn auch so unwirklich wie ein Actionfilm, der einfach immer weiterlief. Nach ein paar Monaten waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Faris hatte den Kontakt zu Mullah Udeen hergestellt, den sie treffen sollten,
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