Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
weiter.«
Benjamin zögerte. » Als endlich die Verstärkung aus Camp Armadillo eintraf, waren die Taliban schon verschwunden. Sie sagten, dass die Bauern aus der Gegend unschuldig seien. Dass die Taliban sie gefangen gehalten hätten. Deshalb wurden sie auch weiter von uns beliefert.« Benjamin spuckte auf den Boden. » Um das gute Verhältnis aufrechtzuerhalten. Aber das stimmte nicht. Sie haben uns angelogen. Ich habe sie aus dem Fenster gesehen, bevor die Verstärkung kam.«
» Wen?«
Er antwortete nicht.
» Die Leute aus dem Dorf?«, fragte Løvengren.
Benjamin blickte zu ihm auf. » Die Kinder, denen wir Spielsachen gebracht hatten. Sie standen um ihn herum, während er noch am Leben war. Aber die haben … die haben ihm einfach die Sachen vom Leib gerissen, seine Kleider … seine Stiefel … seinen Ehering … alles haben sie ihm gestohlen, während er hilflos dalag und schließlich … starb.« Er verbarg das Gesicht in den Händen und schwieg für eine Weile.
» Sie haben Jannick getötet, und wir konnten nichts dagegen tun«, sagte er schließlich.
» Hast du das jemals jemandem erzählt?«
Er schüttelte den Kopf. » Was spielt das schon für eine Rolle. Wir hätten alle in das Haus bringen müssen. Wir waren es, die ihn zurückgelassen haben. Die ihn nicht in Sicherheit gebracht haben.«
Er weinte erneut.
Løvengren legte ihm die Hand auf die Schulter. » Ich bin froh, dass du dich entschieden hast, die Wahrheit zu sagen. Das ist es, was den Unterschied ausmacht. Dass wir einander vertrauen können.« Er tätschelte ihm leicht den Kopf. » Willkommen zu Hause, Benjamin. Willkommen bei Valhal.«
In diesem Moment öffnete sich die Zimmertür, und die Ausbilder kamen herein. Benjamin blickte auf. Alle lächelten ihn an.
» Viel Glück, Benjamin«, sagte L. T. » Du hast es geschafft.«
36
Katrine ging durch die Drehtür des PET -Hauptquartiers. Storm hatte sie durch seinen Telefonanruf geweckt und gefragt, ob sie sich treffen könnten. Sie wusste nicht, was sie erwartete, und meldete sich mit einer gewissen Anspannung bei der Rezeption. Eine Frau begleitete sie in den zweiten Stock. Sie war zehn Jahre jünger als sie selbst, sehr gepflegt und trug ein dunkles Kostüm. Katrine zweifelte daran, dass sie jemals einen Tatort aus der Nähe gesehen hatte. Die Frau führte sie zum Konferenzraum, in dem bereits Storm und Flemming Kampmann saßen. Die beiden Männer standen auf und begrüßten sie. Sie wusste, dass Kampmann im Ruf stand, ein Zyniker und Choleriker zu sein, doch er lächelte sie freundlich an und bat sie, Platz zu nehmen.
» Sie wundern sich bestimmt darüber, dass wir Sie hierhergebeten haben«, sagte er.
» Ja, ein wenig.«
» Zuerst nehmen Sie diesen Faris fest, dann erreichen Sie es, dass ein anderer aus der Gruppe gesteht, was die gesamten Ermittlungen auf den Kopf stellt.« Seinem Tonfall war nicht zu entnehmen, ob dies als Lob oder Kritik gemeint war. » So lässt sich in jedem Fall feststellen, dass Sie einen bedeutenden Anteil an dem Bregnehøjpark-Fall haben, der jetzt zu dem Mullah-Udeen-Fall geworden ist.«
Sie nickte.
»Nikolaj sagt, dass Sie ein Gespräch darüber geführt haben, wie die weiteren Ermittlungen aussehen sollen. Was erforderlich ist, um dieser verzwickten Sache auf den Grund zu kommen.«
» Ich habe bloß erwähnt, dass wir in Anbetracht von Mustafas Aussage noch einmal die technischen Beweise prüfen müssen, um unter Umständen eine neue Spur zu entdecken.«
» Sind Sie sich darüber im Klaren, wie umfangreich eine solche Arbeit wäre? Wie viele Ressourcen mobilisiert werden müssten?«
» Die meisten Tötungsdelikte erfordern Zeit und Umsicht.«
» Deshalb versuchen wir ja auch stets zu verhindern, dass es überhaupt so weit kommt.« Kampmann drehte sich im Stuhl hin und her. » Ist das denn Ihre Sichtweise auf den gesamten Fall? Betrachten Sie ihn als einfaches Tötungsdelikt?«
Sie zuckte die Schultern. » Als was denn sonst? Es sind dreiundzwanzig Morde verübt worden. Und jetzt geht es darum, die physischen Beweise zu ermitteln, um den oder die Täter zu überführen.«
Kampmann grinste. » Sie hatten recht, Nikolaj. Mir gefällt ihr Stil auch. Geradeheraus, ohne Umschweife, ohne Politik oder luftige Theorien. Streetwise, wie sie das auf der anderen Seite des großen Teichs nennen.«
Storm räusperte sich. » Ich habe mit Herrn Kampmann über die Möglichkeit diskutiert, Sie in das Ermittlungsteam einzubinden. Angesichts Ihrer Kompetenz und
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