Der wahre Hannibal Lecter
Mensch zu sehen. Er weiß, dass ihn nur jemand bemerken müsste, dann wäre er gerettet. Wie gebannt starrt er auf das Fenster.
Plötzlich sieht er einen langen schwarzen Schatten vor sich auftauchen. Er schreckt hoch, hebt seinen Kopf, will schreien.
Robert hat ihn eingeholt. Mit eisigem, grausamem Blick schaut der Hüne auf sein am Boden liegendes Opfer. John krümmt sich zusammen, will sich schützen, schlägt in verzweifelter Todesangst die Arme über dem Kopf zusammen.
Robert sagt kein Wort. Reagiert nicht auf Johns Hilfeschreie, er will sie nicht hören, diese Laute der Angst, hervorgestoßen von einer ihm kaum mehr menschlich erscheinenden Kreatur.
»Du kannst alles von mir haben. Ich habe Geld. Ich schenke dir mein Auto«, fleht John und wirft seinem Peiniger Geldbörse und Schlüsselbund entgegen. »Nur lass mich leben, ich habe dir doch nichts getan.«
Bedächtig bückt Robert sich nach dem Portemonnaie am Boden und steckt es in seine Hosentasche. Der Inhalt kümmert ihn nicht. Seine Blicke gehören alleine John. Immer stärker entgleisen seine Gesichtszüge, gerinnen zu maskenhafter Starre. Ohne ein Wort zu sagen, geht er auf sein wehrloses Opfer zu, tritt mehrmals gegen dessen Kopf. Immer wütender, immer heftiger werden die Tritte. Noch immer versucht John, sich mit seinen Armen zu schützen. Doch Robert tritt immer fester zu. In Rage versucht er, John die Arme vom Kopf zu reißen. Packt einen Arm und reißt John daran in die Höhe.
Dann schlägt er zu, und diesmal trifft er sein Opfer mitten ins Gesicht. Blut rinnt ihm aus der Nase. Seine Lippen schwellen an. Die Augenbrauen zeigen tiefe Risse.
»Lass mich am Leben. Bitte, bitte«, kann John noch flüstern, dann wird er ohnmächtig. Er spürt nicht mehr, wie Robert ihn an den Haaren zurück zu dem alten Fahrradschuppen schleift Immer wieder schlägt sein Kopf hart auf den Boden, wenn ein Haarbüschel der rohen Gewalt Roberts nicht standhält Das macht Robert noch wütender. Mit seinen schweren Schuhen traktiert er jedes Mal Johns Kopf, bevor er sich bückt, um ihn wieder aufzuheben. Wie ein wildes Tier seine Beute, so schleift Robert sein Opfer in das sichere Versteck. Mit dem Fuß schlägt er die Tür des Holzschuppens zu und wirft John auf eine Holzkiste.
Es ist dunkel, doch die Augen des Schlächters sehen gut. Er legt sich sein Opfer zurecht, will noch einmal in das verschwollene und blutüberströmte Gesicht dieses Menschen sehen. Lacht laut auf, als er die kahlen Haarstellen auf dessen Kopf erkennen kann. Ein blutiges Rinnsal fließt John aus den Ohren. Robert Maudsley kennt keine Gnade. Er zieht John an den Ohren nach oben und bereitet ihm auf der schäbigen Holzkiste ein Lager, als sei diese ein Opferaltar.
Entsetzen über die »satanische« Tat
»Satanischer Mord an Homosexuellem«, berichtet die englische Presse am nächsten Tag. Das Bild von John Farrell ist im März des Jahres 1974 in allen Zeitungen des Landes zu sehen. Die genaueren Umstände des Verbrechens werden jedoch selbst von der Regenbogenpresse merkwürdig zurückhaltend behandelt – die Leser erfahren keine Details über den Tathergang, und es werden auch keine polizeilichen Stellungnahmen zitiert.
Auf die entsprechende Frage eines Journalisten gibt der Leiter der Mordkommission nur eine ausweichende Antwort:
»Die Verletzungen des Opfers zeugen von einer derart unvorstellbaren, perversen Brutalität, dass man von einem satanischen Mordritual ausgehen muss. Die Beamten am Tatort hatten Probleme, den Kopf des Opfers als den eines Menschen zu identifizieren. Wir sind von dieser Tat alle sehr geschockt.«
Als er Tage später gefragt wird: »Kann man schon etwas über den Täter sagen, hat man schon Anhaltspunkte, die auf dessen Identität schließen lassen?«, muss er gestehen: »Leider nein, wir tappen noch immer im Dunkeln. Die Gerichtsmediziner, die das Opfer obduzierten, gehen davon aus, dass der Täter ausgesprochen kräftig gebaut sein muss. Außerdem ist anzunehmen, dass er sehr groß ist, da die Gewalteinwirkung auf den Kopf von oben erfolgte.«
»Wie ist das zu verstehen?«, fragt der Journalist nach.
»Nun ja, in den meisten Fällen dieser Art ist eine Gewalteinwirkung im Gesicht festzustellen. In diesem Fall aber sind die meisten Verletzungen von oben herab ausgeführt worden, was darauf schließen lässt, dass der Täter weitaus größer ist als das Opfer.«
»Haben Sie schon eine heiße Spur?«, wird der Kommissar bedrängt.
»Zunächst war es sehr
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