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Der wahre Hannibal Lecter

Titel: Der wahre Hannibal Lecter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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er das Messer unmittelbar auf Davids Augen.
    »Maudsley, lassen Sie ab von ihren wahnsinnigen Phantasien. Das bringt doch alles nichts, Sie werden sich nur lebenslänglich im Knast wiederfinden.«
    Dann lässt er die Luke wieder schließen, ohne die Antwort abzuwarten. Er hat gesehen, was er sehen wollte: »Maudsley ist ein Wichtigtuer. Die sind sich so uneins und dabei noch friedlich, wir warten ab. Die werden irgendwann freiwillig aufgeben.« Der Direktor kehrt damit zu seiner ursprünglichen Strategie zurück.

Maudsley gibt auf

    Und er behält Recht: Nach Stunden werden die drei Gefangenen widerstandslos festgenommen. Maudsley und Bill werden in Sicherheitszellen gebracht, David Francis in eine 97

    normale. Robert John Maudsley sperrt man für 28 Tage, Bill für etliche Tage weniger in den Keller der Anstalt. Die Bedingungen sind hart: Nur jeden dritten Tag erhalten die Häftlinge warmes Essen, ansonsten das sprichwörtliche Wasser und Brot. Die Gefangenen dürfen nichts zu lesen mitnehmen und keine Musik aus den Lautsprechern hören. Die Einrichtung besteht aus einer Betonpritsche, einer Toilettenschüssel und einer Wolldecke. Natürliches Licht dringt nicht in die Zelle.
    Die Gefangenen können zwischen Tag und Nacht nicht unterscheiden. Nach Ablauf der Frist wird Maudsley in eine Einzelzelle gesteckt. Körperlich hat er die verschärfte Haft gut weggesteckt, seelisch wirkt er jedoch angeschlagen. Die Wärter sind sich sicher: »Von nun an werden wir vor diesem blutrünstigen Monster unsere Ruhe haben.«

Acht Monate später

    Mai 1977. Robert Maudsley wird in wenigen Wochen 24 Jahre alt. Acht Monate sind vergangen, seit er gedroht hatte, David und Bill zu töten. Acht endlose Monate. Die schlimmste Zeit seit seiner Kindheit. Maudsley wurde verhöhnt, sein Ruhm als
    »Killer ohne Gnade« ist verblasst, er wurde verlacht wie damals im Heim. »Bist wohl doch nicht so kaltschnäuzig, wie du immer getan hast?« Sprüche wie diesen muss er sich nun täglich anhören.
    Auch die Vollzugsbeamten glauben, er habe sich geändert.
    Maudsley wirkt müde und stets in sich gekehrt.
    Nur der Anstaltspsychologe warnt davor, ihn zu unterschätzen: »Ich möchte Sie alle warnen«, sagt er bei einer Dienstbesprechung vor dem versammelten Wachpersonal. »Ich glaube nicht, dass Maudsley ein anderer Mensch geworden ist.
    Die ständigen Sticheleien seiner Mitgefangenen gehen nicht spurlos an ihm vorbei. Meiner Meinung nach sind sie sogar der Grund für seine Zurückgezogenheit und nicht etwa die Einsicht, falsch gehandelt zu haben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis seine Sicherungen wieder durchbrennen. Das Böse in ihm wird niemals sterben, davon bin ich überzeugt. Ich rate daher dringend, Maudsley in eine andere Strafanstalt zu verlegen. In einer neuen Umgebung muss er einer Therapie unterzogen werden, und sei es, dass man ihn zunächst nur ruhig zu stellen versucht.«
    »Vielleicht haben Sie Recht«, antwortet der Direktor. »Ich werde alles Nötige veranlassen, um Robert Maudsley innerhalb der nächsten zwei Monate zu verlegen. Damit keine Unruhe aufkommt, wird er bis zu seiner Überführung nichts davon erfahren.«
    Nur wenige Tage nach dieser Entscheidung wird Robert erneut gedemütigt. Ein Mitgefangener erzählt ihm, dass Bill sich ständig über ihn lustig macht. Wortwörtlich hätte er gesagt: »Ich glaube, Robert wollte sich damals nur wichtig machen. Mir hat er den großen Killer vorgegaukelt. Dabei hatte er die Hosen wahrscheinlich gestrichen voll, als wir David töten wollten. Ich wäre dazu bereit gewesen, aber er hat sich von den Beamten zur Aufgabe breitschlagen lassen. Dieser Feigling.«
    Diese Worte treffen Maudsley bis ins Mark. Er weiß, dass er dadurch zum Gespött der gesamten Anstalt wird. Vom meist geachteten Häftling zum Waschlappen: Sein Ansehen befindet sich, wie in seiner Jugend, erneut auf dem Tiefpunkt. Er nimmt seinen Stuhl, stellt ihn vor das Fenster und steigt schwerfällig hinauf. Sein Blick gilt der hohen Mauer, die das Gelände umgibt Er betrachtet die Wachtürme, den Stacheldraht auf der endlos scheinenden Mauer und stellt sich die Freiheit dahinter vor. Monatelang hat er nicht mehr aus diesem Fenster hinaus-gesehen. Er wollte sich immer ersparen, etwas zu sehen, was ihm doch versagt bleiben würde.
    Zum ersten Mal nach langer Zeit denkt Robert wieder an seine Familie. An seinen Lieblingsbruder Paul und an seine Schwestern. In der verdreckten Fensterscheibe glaubt er das Gesicht seiner

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