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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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lenkte ihn von seinen Gedanken an Katja ab, und daran, wie er neben ihr planschte.
    Die beiden stiegen aus dem Wasser, warfen sich etwas über und gingen auf dem Weg hinauf zur Hügelkuppe. Der Engel erschrak, er wollte nicht, dass die beiden Glücklichen dachten, er habe sie vorsätzlich und aus Neugier beobachtet. Deshalb warf er sich auf den Boden, hielt den Atem an und horchte auf ihre näher kommenden Schritte.
    Sie gingen schweigend, als ob sie fürchteten, mit ihren Stimmen und ihrem Lachen jemanden im Neuen Gelobten Land aufzuwecken. Als sie vorbeigegangen waren, ohne den auf dem Boden liegenden Engel zu bemerken, stützte er sich auf die Ellbogen und blickte ihnen hinterher. Und er erkannte den Mann – es war der bucklige Buchhalter.
    Einige Zeit später, als die Nacht immer noch andauerte und der Mond gerade noch über dem Fluss hing, bevor er zum Horizont abstieg, stand der Engel auf und ging den Weg hinauf. Er war schon an der offenen Stalltür angelangt, da hörte er jemanden flüstern. Und wieder wollte der Engel nicht gesehen werden, deshalb bog er um die Ecke und versteckte sich dort. Dieses Mal kamen drei Rotarmisten mit Waffen aus dem Stall. Sie blieben stehen und blickten aufmerksam in die Nacht zu den Sternen und hinaus in die Welt, die stillstand, dann stiegen sie den Abhang zum umgepflügten Friedhof hinunter.
    Lange stand der Engel da und sah ihnen nach. So lange, bis sie weit draußen im Feld verschwunden waren und sich mit dem Horizont oder auch mit den Farben der nächtlichen Erde vereinigt hatten.
    Erst dann kehrte der Engel zu seiner Bank zurück. Im Stall war es still, wenn man vom Schnarchen des Rotarmisten Semjon Gusew absah. Der Engel legte sich hin, drehte sich so weit zur Seite, dass er die schlafende Katja sehen konnte, und schlief schließlich ein, während sein Blick auf ihr ruhte. In dieser Nacht blieb ihm nur wenig Zeit zum Schlafen, nur etwa drei Stunden.
    Kurz vor der Dämmerung kehrten die drei Rotarmisten in den Stall zurück, wobei sie versuchten, leise zu sein. Jeder von ihnen trug einen großen, schweren Sack. Sie durchquerten den Stall bis zum hintersten Winkel, stellten dort ihre Säcke auf den Holzboden und legten sich zum Schlafen nieder.

Kapitel 24
    Nachdem Banow und Klara Rojd auf dem Boden des Tuschinskij-Flugplatzes eine kurze Unterweisung erhalten hatten, begaben sie sich gemeinsam mit einem Trainer der Organisation Dobrolet ins Flugzeug, das gleich darauf anrollte und die unebene, löchrige Startbahn entlangholperte. Im Heck, wo Banow, Klara und der Trainer an die Wand gelehnt saßen, war es nicht sehr hell. Zwei seit langem nicht mehr geputzte Fenster ließen kaum Tageslicht herein. Irgendein Eisenteil rollte geräuschvoll über den Boden. Als es sich neben Banow befand, stellte dieser seinen Fuß darauf und drückte es fest gegen den Duralboden. Für einen Augenblick war es still, da heulte plötzlich der Motor auf. Offenbar hatte der Propeller die höchste Drehzahl etrreicht und die Maschine erbebte noch stärker und riss sich endlich von der Erde los. Der Trainer war ein recht kleiner, etwa fünfundvierzigjähriger Mann in einer Fliegerjacke, er saß Klara und Banow gegenüber. Immer wieder sah er auf seine Uhr. Dann beugte er sich mit dem Oberkörper vor und erinnerte die Fallschirmspringer an die wichtigsten Regeln. Klara und Banow nickten.
    Nach weiteren fünf Minuten stand der Trainer auf und blickte aus dem Fenster.
    „Es ist soweit!“, sagte er laut und drehte sich um.
    Klara stand bereitwillig auf. Sie verhielt sich so, als wäre sie bereits hunderte Male gesprungen – der Fallschirm stand ihr gut und sie schien mit allem zufrieden. Banow beneidete sie.
    Der Trainer öffnete die Tür im Heck des Flugzeugs, indem er sie nach innen zog, sodann winkte er den Fallschirmspringern mit der Hand.
    Klara ging als Erste, und hinter ihr der ein wenig nervöse Schuldirektor.
    „Merken Sie sich unbedingt: Bis fünfundvierzig zählen und dann ziehen!“, erinnerte sie der Trainer noch einmal.
    Klara Rojd nickte.
    „Also los!“, rief der Trainer und trat von der Tür zurück, hinter der der Himmel begann.
    Klara machte zwei Schritte nach vorn und stürzte nach unten.
    Banow stockte der Atem – so plötzlich war Klara verschwunden! Er hatte gedacht, dass ein Mensch, der mit einem Fallschirm sprang, noch eine gewisse Zeitlang hinter dem Flugzeug herfliegen würde oder dass man zumindest mitverfolgen könnte, wie er langsam hinabflog. In Wirklichkeit verhielt

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