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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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Klara. „Sehen Sie mal!“
    Banow füllte seine Lungen mit Luft. Sie war süß wie Eisdessert.
    Unter ihnen war die Erde schon ganz nah. Felder und Straßen, über die Menschen ihrer Wege gingen. Winzige Menschen, die man aus dieser Höhe mit dem Maschinengewehr nicht hätte treffen können, nur verjagen. Und dort funkelte ein Bach in der Sonne, dessen beiden Ufer unterschiedlich hoch waren. Über den Bach beugten sich die Trauerweiden. In der Tat, die russische Erde war von gewaltiger Schönheit! Banow konnte sie fühlen. Er hatte Klara noch etwas Wichtiges sagen wollen, aber was? Das Wichtigste hatte er ihr doch schon gesagt!
    „Genosse Banow!“, rief sie wieder. „Vielen Dank für alles! Vielen, vielen Dank!“
    Banow nickte.
    Der Bach, der die beiden Fallschirmspringer bezaubert hatte, kam näher und zwar mit einer solchen Geschwindigkeit, dass Banow schon dachte, sein Fallschirm hätte ein Loch. Er blickte nervös nach oben, aber dort war alles in Ordnung.
    Wieder pfiff der Wind in den Ohren des Schuldirektors, und da riss dieser schon an den Seilen in der Absicht, das Fallen abzubremsen. Aber die Erde war bereits zu nah, und aus Furcht davor zog Banow die Beine an und flog so weiter hinab und er landete am niedrigeren, sandigen Bachufer. Da bedeckte ihn auch schon die weiße Seide des Fallschirms und er verhedderte sich darin, als er versuchte, sich von dem Stoff zu befreien.

Kapitel 25
    Dem Urku-Jemzen Dmitrij Waplachow war in der allgemeinen Kaserne ein Bett zum Schlafen zugewiesen worden. Aber Dmitrij war es nach Dobrynins Abflug nicht vergönnt, sich auszuschlafen. Ein kleiner Soldat mit einer Glatze rüttelte ihn wach.
    „Genosse Bürger“, sagte der Soldat. „Der Kommandant ruft Sie. Es ist dringend!“
    Waplach stand lustlos von seinem überaus gemütlichen, weichen Bett auf. Wie gut, dass er schlafen gegangen war, ohne sich auszuziehen – nur den Rentierpelz hatte er auf den Boden neben das Bett gleiten lassen –, so musste er jetzt keine Zeit darauf verwenden, sich anzuziehen. Er ging also gleich mit dem Soldaten in den mit glattem Schnee bedeckten Hof hinaus.
    „Ah! Komm herein!“ Fröhlich erklang die Bassstimme des Oberst, als er den schlaftrunkenen Urku-Jemzen in der Tür seines Zimmers sah. „Ich habe deinem Vorgesetzten versprochen, dass du dich hier nicht langweilen wirst, deshalb will ich dir das Kartenspielen beibringen.“
    Der Urku-Jemze war einverstanden und er hörte aufmerksam zu, wie die militärisch knappen Bezeichnungen der Karten und die vielen Regeln lauteten, aber verstehen konnte er davon nichts.
    Nachdem der Oberst eine halbe Stunde lang mit Erklärungen verbracht hatte, sah er Dmitrij scharf an und fragte ihn zuletzt:
    „Nun, hast du denn irgendetwas begriffen?“
    „Ein wenig habe ich schon verstanden, aber wie man spielt, weiß ich nicht“, antwortete der verwirrte Urku-Jemze.
    „Nun gut, dann werden wir etwas anderes für dich finden …“
    Und der Oberst stützte sein mächtiges Haupt auf seine kräftige Faust, überlegte und ging in Gedanken alle ihm bekannten Möglichkeiten zur Bekämpfung von Langeweile durch.
    „Oh!“, rief er plötzlich aus. „Kannst du denn jagen, gefällt dir das?“
    „Natürlich!“, antwortete Dmitrij.
    „Dann werden wir eine Jagd für dich veranstalten, die du in alle Ewigkeit nicht vergisst! Hast du schon einmal auf Russisch gejagt?“
    „Wie geht denn das?“
    „Ah, na dann wirst du das heute sehen! Setz dich her, ich werde die nötigen Befehle erteilen!“
    Und damit ging der Oberst hinaus und ließ Dmitrij in dem warm geheizten Zimmer allein, in dem an einer Wand eine große Landkarte und an der anderen das Bild eines Mannes hing, der dem Urku-Jemzen bekannt vorkam.
    Als Dmitrij es näher in Augenschein nahm, erkannte er den Mann. Er verneigte sich und flüsterte dabei: „Ekwa-Pyris!“ Richtig, das war doch jener Mann, dessen hölzerner Kopf auf dem Holzpfahl an dem heiligen Ort thronte, dort, wo sie vor kurzem den bösen Russen Kriwizkij verbrannt hatten.
    Der Oberst war inzwischen zurückgekehrt und sah dem Urku-Jemzen interessiert zu, wie dieser das Bild so eingehend musterte.
    „Weißt du denn, wer das ist?“ fragte er.
    „Natürlich!“, antwortete Dmitrij und diese Antwort bereitete Iwaschtschukin Freude.
    „Also, Genosse Waplachow, die Soldaten machen sich bereits für die Jagd fertig“, sagte der Oberst, wobei er die Worte sehr deutlich aussprach. „Wir werden jetzt hier die Taktik besprechen, und ich

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