Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman
Blick darauf. Die rot gefärbte Alkoholsäule stand auf sechzehn Grad plus.
Vom Hotel bis zum Meer war es nicht mehr als ein Kilometer. Jetzt über den menschenleeren Strand spazieren! Aber das ging nicht. In einer halben Stunde würde ein Auto von der Verwaltung der Erdölleitung kommen. Dann musste er zu seinem Auftritt fahren. Kusma hielt ihn in letzter Zeit immer wieder zum Besten, aber schließlich konnte man von einem Vogel nichts Unmögliches verlangen. Er kannte schließlich schon an die vierzig Gedichte, also war es nicht verwunderlich, wenn er sie aus menschlicher Sicht unpassend vortrug. Vor dem Fest in Kachowka hatten sie das „Lied über Kachowka“ eingeübt, jedoch hatte er es bei der Baufirma Dnjepostroj ins Mikrofon gesprochen, in Kachowka hingegen hatte er die Zuhörer mit einem Gedicht von Majakowskij erfreut. Das Erstaunlichste daran war, dass Mark sich nicht erinnern konnte, wann und zu welchem Zweck er dieses Gedicht mit dem Papagei einstudiert hatte. Überhaupt kam es Mark so vor, als ob sie es gar nicht gelernt hätten, obwohl sich der Papagei wohl kaum selbst daran gemacht haben konnte, Majakowskij auswendig zu lernen?! Der Papagei war schon alt, es war schwierig mit ihm. Und sogleich erschrak Mark bei dem Gedanken, dass der Vogel sterben könnte. Was würde er dann machen? Selbst etwas vortragen?! Gedichte kannte er selbstverständlich viele, aber in jedem Klub gab es einen eigenen Deklamator oder Rezitator, und Mark würde man nicht hören wollen …
„Vielleicht sollte ich jetzt rauchen?“, dachte Mark.
Unlängst hatte er Zigaretten geschenkt bekommen, nach dem Auftritt im Chasawjurtowskij-Bezirk in Dagestan. Er selbst hatte nie geraucht.
Und auch jetzt rauchte er nicht. Er beschloss, das ansprechende Zigarettenpäckchen mit dem ausländischen Namen dem nächstbesten netten Menschen zu schenken.
Er kehrte ins Zimmer zurück.
Nun war ihm ein wenig kalt, schließlich war er nur in Hosen und dem Hemd für den Auftritt auf den Balkon gegangen. Das milde Klima von Baku war trügerisch.
„Nun gut, ich muss Kusma füttern und ihm zu trinken geben“, dachte Mark.
Nachdem das Mittagessen für den Papagei auf dem Schreibtisch des Zimmers angerichtet war, ließ sich der Künstler Iwanow auf dem kleinen Sofa nieder. Er wurde nachdenklich: Er hatte Kornilows Gedicht „Schaukeln auf dem Kaspischen Meer“ mit Kusma doch hoffentlich nicht umsonst gelernt?! Schließlich hatten sie es doch ganz bewusst erst vor zwei Tagen eingeübt, um die Chancen zu vergrößern. Und dennoch könnte es passieren, dass der dumme Vogel herging und das „Lied über Kachowka“ oder etwas ganz anderes vortrug.
Mark seufzte. Er sah auf die Uhr.
Er hatte keinen Hunger. Umso mehr, als er wusste, dass es nach dem Auftritt ein Bankett geben würde. Der Auftritt fand im Rahmen einer Feier statt – die neue Erdölleitung Baku-Batum war fertiggestellt worden. Sie hatten ihm den gesamten Bericht zugesandt, damit er wusste, wohin und aus welchem Anlass er zu dem Auftritt fahren würde.
„Der Transport von Erdöl durch die Erdölleitung kommt halb so teuer wie der mit der Bahn.“ Mark wiederholte für alle Fälle den auswendig gelernten Hauptgedanken des Berichts.
Unten hupte ein Auto.
Er eilte auf den Balkon hinaus.
Man war gekommen, aber nicht seinetwegen. Sondern, um irgendeinen behäbigen Georgier abzuholen, der auf dem Balkon eine Etage tiefer stand. Der Chauffeur winkte ihm mit der Hand zu und der Dicke winkte ebenfalls. Dann hörte man das Schloss seiner Balkontür zuschnappen.
* * *
Sie kamen gegen vier Uhr bei der Verwaltung der Erdölleitung an.
Isa Ajsamow, Parteisekretär der Pipeline, stellte sich als sehr kluger und angenehmer Mensch heraus. Er hörte Iwanows Bitte aufmerksam zu, verstand alles und machte alles, so wie der Künstler es wünschte.
Der Künstler hatte ihn nämlich gebeten, ein paar Worte vor dem Auftritt zu sagen und den versammelten Arbeitern der Erdölleitung und anderer Werke zu erklären, dass der Auftritt des Papageis eine ernste Angelegenheit sei und man während des Auftritts nicht lachen solle. Früher einmal war über alles gelacht worden, was Papageien sagten, oder einfach nur über die Papageien an sich, auch wenn sie schwiegen. Jetzt aber ging es nicht mehr darum, der Stimme des Papageis zuzuhören, die sich natürlich von einer gewöhnlichen menschlichen Stimme unterschied, sondern dem, was der Papagei vortrug.
Der Parteisekretär Ajsamow sprach mit Eifer und
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