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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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festhingen.
    „Hier kann man keine Gräber ausheben … Frostboden …“, sagte Zybulnik und ging zur Betonstiege, über die sie heruntergekommen waren.
    Zurück in der Kabine setzte er sich schweigend hinter das Steuer und drückte einen blauen Knopf, und der Propeller begann sich lärmend zu drehen.
    „Das Wichtigste ist nun, dass der Treibstoff bis zur Stadt vorhält“, sagte Zybulnik und beobachtete, wie sich die Zeiger der Armaturen zu bewegen begannen.
    „Und zum Flugplatz?“, fragte Dobrynin. „Ich habe noch meine Sachen dort …“
    „Zum Flugplatz“, wiederholte der Komsomolze. „Gut.“
    Der Propellerschlitten beschleunigte.
    Pawel schloss die Augen, die ihn schmerzten, entweder vor Erschöpfung oder von dem dichten Weiß, das die Welt ringsum umgab.
    „Oh! Was ist das denn?“, murmelte der Komsomolze ziemlich laut, und Dobrynin bemerkte, wie sich die Geschwindigkeit des Propellerschlittens verringerte.
    Als das Fahrzeug anhielt, öffnete Pawel die Augen und folgte Zybulniks Blick.
    Ganz in der Nähe, etwa fünf Meter vom Propellerschlitten entfernt, ragte etwas Spitzes aus dem Schnee hervor.
    Zybulnik stieg aus der Kabine, Pawel folgte ihm. Sie gingen näher heran.
    Vor ihnen lag das Skelett eines großen Tieres.
    Der Komsomolze griff nach den Rippen des Skeletts, zog es näher zu sich heran, und da sah Pawel das aus dem Schnee herausragende Maul des Pferdes Grigorij.
    „Wie kommt denn das hierher?“, fragte sich Zybulnik.
    „Das ist mein Pferd“, sagte Pawel. „Ein Geschenk von Genosse Kalinin …“
    „Aha“, sagte der Komsomolze nickend. „Aber schau, sie haben es nicht ganz aufgefressen …“
    Und er wies mit dem Handschuh auf den eingefrorenen Schweif und auf ein gewisses Organ, das an einer Sehne hing.
    „Das müssen wir mitnehmen … Kriwizkij liebt diese Dinger“, sagte Zybulnik ruhig, holte ein Messer aus seiner Jackentasche, durchschnitt die Sehne, nahm das Organ und steckte es zusammen mit dem Messer in die Tasche.
    „Und wofür braucht es Kriwizkij?“, wunderte sich der Volkskontrolleur.
    „Solche Organe von Rentieren ergeben eine gute Sülze, und außerdem kann man auch Stroganina daraus zubereiten. Dazu hält man es, wenn es gefroren ist, an einem Ende, setzt das Messer an und dreht das Organ langsam mit der anderen Hand. Auf diese Weise entsteht daraus ein langer, spiralförmiger Streifen. Das schmeckt sehr gut und man braucht es gar nicht zu kochen.“
    „Wie, das isst man roh?“ Dobrynin wunderte sich noch mehr.
    „Ja sicher, gefroren. So schmeckt es besser“, beendete der Komsomolze seine Erklärungen.
    „Gib mir das Messer!“, bat der Kontrolleur plötzlich.
    „Wozu?“, fragte Zybulnik, aber er fuhr bereits mit der Hand in die Jackentasche.
    „Der Pilot wollte an der Haustür ein Hufeisen anbringen … als Glücksbringer …“
    „Aha, na ich mach’s gleich selbst, ich komm besser ran.“ Der Komsomolze beugte sich über das Skelett, drehte die abgenagten Knochen eines Beines zu sich, fuhr mit dem Messer unter das Hufeisen und riss es ächzend ab.
    „Nimm es!“ Er reichte es Dobrynin.
    Bald erreichten sie die Hütte am Flugplatz, wo sie sich nicht lange aufhielten. Sie schlugen das Hufeisen an die Tür. Pawel packte seine Sachen zusammen, gemeinsam mit dem Buch und den beiden angebissenen Zwiebackstücken. Traurig betrachtete er die noch immer aufgelegten Dominosteine und ging zur Tür.
    Zybulnik nahm das „Heft zur Dokumentation von Funkmeldungen“ mit sich.
    Wieder heulte der Motor des Propellerschlittens auf. Nun war das Holzhaus von Kälte erfüllt, das Leben hatte es verlassen und ob es jemals wieder dahin zurückkehren würde, war unklar.
    Die blaue Polarnacht, die von den buntfarbenen Himmelsbändern erleuchtet wurde, dauerte an und der Propellerschlitten flog durch sie hindurch. Der Komsomolze Zybulnik fröstelte und ermahnte sich selbst zur Munterkeit, dabei sah er von Zeit zu Zeit auf das Armaturenbrett. Und auf dem Sitz daneben döste der Volkskontrolleur Pawel Aleksandrowitsch Dobrynin.

Kapitel 16
    Mark trat gleich als Erstes auf den Balkon seines Hotelzimmers hinaus und machte einen tiefen Atemzug – vor ihm toste das Kaspische Meer in schaumgekrönten Konvulsionen. Der feuchte und von Salz gesättigte Wind berührte warm sein Gesicht.
    „Das ist hier also der Winter?“, überlegte Mark Iwanow lächelnd. „Ja, da kann man nichts sagen!“
    Direkt auf dem Balkon an der Außenseite des Fensters hing ein Thermometer. Mark warf einen

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