Der Waisenstern.
Informationsaufbewahrung ist eine alte Wissenschaft der Kirche, Flinx. Die Kunst der Dokumentenverkleinerung ist hochgradig perfektioniert worden. Die meisten Akten in diesem Gebäude wären unter einem normalen Mikroskop unsichtbar. Unsere Scanner und Drucker arbeiten mit viel höherem Auflösungsvermögen.« Er blieb vor einer Tür stehen, die ganz genauso wie hundert andere aussah, die sie bereits passiert hatten.
»Wir sind da.«
Das eine Wort, das in die halb durchscheinende Tür eingelassen war, lautete einfach: Genealogie. Hinter dieser Tür lagen die Aufzeichnungen von Milliarden und Abermilliarden von Homanx-Leben - aber nicht alle. Es gab immer noch Geschöpfe, die durch nichts anderes dokumentiert werden wollten als ihren eigenen Grabspruch, und einigen gelang das auch.
Andererseits war Flinx sein ganzes Leben lang undokumentiert gewesen und war es müde.
»Es könnte eine große Zahl von Menschen mit dem Namen Philip Lynx geben, die noch am Leben sind«, meinte Namoto, während er die Tür öffnete, »obwohl der Name wegen gewisser Nebenbedeutungen in der Umgangssprache nicht so häufig ist wie andere.«
»Ich weiß, was er bedeutet«, brummte Flinx. Pip regte sich unruhig auf der Schulter seines Meisters, als er dessen Ärger spürte.
Der Raum war riesig. Hauptsächlich bestand er aus scheinbar endlosen Gängen, die sich mit Reihen von Metallschränken abwechselten, die vom Boden bis zur Decke reichten. Keiner der Schränke unterschied sich von seinem Nachbarn.
Flinx wurde zu einer Reihe von zehn Nischen geführt. Zwei waren besetzt, die übrigen leer. Namoto setzte sich vor dem großen Bildschirm und bedeutete Flinx, sich neben ihn zu setzen. Dann legte er den Daumen in zwei Vertiefungen neben dem Bildschirm.
Ein Licht blitzte darunter auf, und der Schirm wurde hell. Namoto beugte sich vor und sagte: »Mein Name ist Shigeta Namoto.« Er lehnte sich zurück. Eine kurze Pause, dann summte die Maschine, und über der Mitte des Bildschirms ging ein grünes Licht an.
»Sie sind identifiziert, Padre Namoto«, sagte die Maschine. »Ich erwarte Ihre Fragen.«
»Melde die Ergebnisse der gestrigen Untersuchung bezüglich eines männlichen Menschen namens Lynx, Philip. Unterschiedliche Schreibweisen bis auf weiteres zurückhalten.« Er wandte sich zur Seite und flüsterte Flinx zu: »Für den Anfang gehen wir davon aus, daß der Name in den Akten des Sklavenhändlers richtig geschrieben war.«
»Möglicher Herkunftsort«, erklärte er der Maschine, »Allahabad, Provinz Indien, Terra.« Der Padre warf einen Blick auf seinen verängstigten Begleiter. »Wie alt sind Sie... oder wissen Sie es nicht.«
»Mutter Mastiff sagt, ich müßte etwa siebzehn sein, obwohl sie nicht sicher ist. Manchmal fühle ich mich, als wäre ich siebenhundert.«
»Und ich fühle mich manchmal, als wäre ich sieben«, konterte der bullige Kirchenmann freundlich und wandte sich wieder der Maschine zu.
»Altersschätzung notiert«, erklärte das Gerät. »Suchergebnisse erscheinen.«
Namoto studierte die Liste. »Ich hatte recht... es ist kein geläufiger Name. Es gibt nur von drei Philip Lynx, die im Laufe des letzten halben Jahrhunderts in Allahabad geboren und registriert sind, Akten. Nur einer davon paßt in Ihre Altersgruppe.«
Er wandte sich der Maschine zu.
»Benötige weitere Informationen.«
Ein kurzes Summen, dann leuchtete es auf dem Bildschirm auf: SCHALTE UM ZUM TERMINAL ALLAHABAD. Kurz darauf: UMSCHALTUNG ABGESCHLOSSEN... CODELÄNGE.
Namoto sah auf die nun folgenden Ziffern. »Scheint nicht viel da zu sein. Hoffentlich ist es die Mühe... « Er hielt inne, plötzlich besorgt. »Fühlen Sie sich auch wohl, Flinx? Sie zittern ja.«
»Doch... Hier drinnen ist es nur viel kühler als draußen, das ist alles. Machen Sie nur.«
Namoto nickte. »Übertragung decodieren.«
Flinx' Hände krampften sich um seine Schenkel, als ein Wort nach dem anderen in Druckbuchstaben erschien...
LYNX, PHILIP... WAHRER NAME... GEBOREN 533 N. V., 2933 ALTER KALENDER IN DER VORSTADT SARNATH DER STADT ALLAHABAD, PROVINZ INDIEN, TERRA.
Jetzt folgte eine Pause, in der keine Schrift auf dem Bildschirm erschien. Flinx wandte sich Namoto zu und schrie beinahe.
»Ist das alles?«
»Ruhig, Flinx, sehen Sie... kommt schon mehr.« Und es tauchten wieder Buchstaben auf.
ZUSÄTZLICHE ANGABEN: DIE AKTEN DES ASSISTIERENDEN ARZTHELFERS UND DES MEDITECH DEUTEN DIE GEGENWART UNGEWÖHNLICH HOHER GEBURTSAURA IN DEN WERTEN DER GEBURTSSTATION IM
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