Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
rütteln. Ich werde es in ihrem Namen beschlagnahmen.«
    »Ich frage mich«, meinte Albion, »ob die Königin dir das Wrack nicht vielleicht schenkt, Helena. Sie hat dich doch sehr gern. Schließlich hat sie auch Drake und Hawkins Beute zuerkannt, und Thomas befehligt für sie Hurst Castle, selbst wenn er noch nie zur See gefahren ist.«
    »Aber Clement«, widersprach Helena. »Ich glaube nicht, dass sie sich von so viel Silber trennen wird.«
    Gorges betrachtete sie schweigend.
    »Welches Silber?«, fragte Albion leise.
    »Oh.« Endlich hatte sie begriffen. »Ich verstehe.«
    »Ich werde ihr das Wrack sofort melden. Du könntest auch einen Brief schreiben und fragen, ob wir die Fracht haben dürfen. Sag, es ist nur ein Transportschiff. Die Munition werden wir in die Festung bringen lassen, aber falls sich sonst noch etwas von Wert dort finden sollte, bitte sie, ob wir es behalten können. Sie weiß«, gestand Gorges spöttisch, »dass ich zurzeit ein wenig in der Klemme stecke.«
    »Und wie wird sie es aufnehmen, wenn wir all das Silber entdecken?«, wollte Helena noch wissen.
    »Ein glücklicher Zufall«, erwiderte Gorges mit Nachdruck.
    »Schließlich haben wir im Augenblick keine Beweise für die Existenz dieses Silbers«, fügte Albion hinzu. »Man könnte uns getäuscht haben. Also gibt es keinen Grund für ein schlechtes Gewissen. Es ist ja nur eine Möglichkeit.«
    »Und der Spanier?«
    »Welcher Spanier?«
    »Ich werde sofort den Brief schreiben, Clement.« Helena sah ihren Mann an. »Wir sind sehr dankbar.«
    Nachdem sie hinausgegangen war, herrschte Schweigen.
    Schließlich ergriff Gorges das Wort. »Wusstest du, dass kurz vor deiner Ankunft bei uns deine Mutter in Lymington festgenommen worden ist?«
    »Nein.«
    »Wir haben eine Nachricht vom Bürgermeister erhalten. Offenbar wollte sie die Leute dort dazu bringen, sich zu erheben und zu den Spaniern überzulaufen.«
    Albion erbleichte, bewahrte allerdings Haltung. »Ich wünschte, ich könnte sagen, dass mich das überrascht. Sie hat letzte Nacht vollends den Verstand verloren. Aber ich hatte keine Ahnung, dass es ihr gelungen ist, das Haus zu verlassen.«
    »Das habe ich mir gedacht. Sie behauptete, du würdest den Aufstand anführen, Clement.«
    »Wirklich?« Albion schüttelte den Kopf. »Letzte Nacht meinte sie zu mir, da ich es offenbar nicht tun wolle, würde sie es selbst übernehmen.« Er lächelte spöttisch. »Ich freue mich, dass sie mir wieder vertraut.«
    »Sie sagte, du hättest die Spanier schon immer unterstützt.«
    »Tatsächlich? Den einzigen Spanier, dem ich bis jetzt begegnet bin, habe ich getötet.«
    »Richtig.« Gorges nickte langsam.
    »Wie du weißt«, fuhr Albion langsam fort, »wäre es völlig unmöglich für mich gewesen, mich mit den Spaniern zu verbünden. Meine Mutter leidet schon seit Jahren unter Wahnvorstellungen und spricht von nichts anderem mehr. Jeden Tag träumt sie von einem Aufstand. Und ganz gleich, wie oft ich ihr auch widerspreche, sie bildet sich ein, dass ich ihn anführen werde.« Er seufzte. »Ich kann es ihr einfach nicht ausreden.«
    Gorges schwieg. »Es stimmt«, meinte er nach einer Weile. »Du hättest keine Gelegenheit zu einer Verschwörung gehabt.«
    »Und ich würde nie im Leben an so etwas denken, Thomas. Ich bin loyal.« Er sah Gorges an. »Ich hoffe, du weißt das, Thomas. Oder hast du Zweifel?«
    Gorges erwiderte seinen Blick. »Nein«, antwortete er leise, »ich glaube dir.«
     
     
    Vom Morgengrauen bis zehn Uhr vormittags nahmen die Engländer auf der ruhigen See jenseits der Insel Wight die Armada unter Beschuss. Am Nachmittag fuhren beide Flotten wieder den Ärmelkanal entlang. Das ging noch zwei Tage so, bis der Herzog von Medina Sidonia vor Calais ankern ließ und dem Herzog von Parma dringende Botschaften schickte. Er flehte den General an, sofort zu ihm zu stoßen und nach England überzusetzen.
    Aber der Herzog von Parma weigerte sich. Verärgert erklärte er, in seinen Prahmen sei eine Überfahrt unmöglich, solange irgendwo feindliche Schiffe in Sicht seien. Wenn die Armada ihn nicht abholen werde – was in den flachen Gewässern vor den Niederlanden unmöglich war –, würde er sich nicht von der Stelle rühren. Wie sich herausstellte, predigte er das dem König von Spanien schon seit Wochen. Doch der König, der an die göttliche Vorsehung glaubte, hatte sich entschieden, dem Herzog von Medina Sidonia diesen Umstand zu verschweigen.
    Deshalb lag die spanische Armada vor

Weitere Kostenlose Bücher