Der Wald der Könige
die Armada sofort mit dem Herzog von Parma zusammentreffen soll. In den Niederlanden.«
»Sind die Gewässer dort nicht zu flach für eure Galeonen?«
»Ja. Doch wir können nach Calais segeln.« Don Diegos Miene war bei diesen Worten zweifelnd. »Das ist nur eine Tagesreise entfernt.«
»Und dann?«
»Danach wird der Herzog von Parma nach England übersetzen. Wie du weißt, ist er ein großer General. Manche sagen« – er senkte die Stimme, als befürchte er, jemand könne sie belauschen –, »dass er an Stelle von König Philipp sich selbst zum König von England machen wird. Natürlich heißt das nicht, dass er ein Verräter ist.« Don Diego schien weiterhin beunruhigt.
»Wie will Parma denn übersetzen? Hat er eine Flotte?«
»Sie besteht nur aus Prahmen. Also braucht er schönes Wetter.«
»Die englische Flotte würde solche Frachtschiffe doch in Stücke schießen«, widersprach Albion.
»Nein, nein, Bruder, du vergisst, dass unsere Armada ihnen während der Überfahrt Deckung geben wird. Die Engländer werden nicht wagen, sie anzugreifen.«
»Und warum greifen sie die Armada dann jetzt an?«
Wie um seine Aussage zu bestätigen, war vom Meer her – jenseits der Insel Wight – ein leises Grollen zu hören. Die englische Attacke auf die Armada hatte begonnen.
Don Diego verzog besorgt das Gesicht. »Offen gestanden hat mein Verwandter, der Herzog von Medina Sidonia, angedeutet, der Plan des Königs ließe einiges zu wünschen übrig.« Er schüttelte den Kopf. »Uns hat man gesagt, eure Schiffe seien alle verrottet, und ihr würdet feige die Flucht ergreifen.«
»Hat meine Mutter das auch behauptet?«
»Oh, ganz gewiss.« Sofort besserte sich Don Diegos Stimmung merklich. »Allerdings, mein lieber Bruder, dürfen wir das Wichtigste nicht vergessen.«
»Und das wäre?«
»Dass Gott mit uns ist. Es ist sein Wille, dass wir siegen. Dessen sind wir sicher.« Er lächelte. »Also wird alles gut. Und natürlich werden die Engländer, sobald sie wissen, dass wir gelandet sind, auch wenn nur die Hälfte von Parmas Männern die Fahrt übersteht…«
»Was werden die Engländer dann?«
»Das Volk wird sich erheben.« Don Diego strahlte. »Ihm wird klar sein, dass wir gekommen sind, um es von der Hexe Elisabeth zu befreien, von der Mörderin, die es in ihren Klauen hält.«
Albion dachte an die einfachen Männer in den Milizen, denen man erklärt hatte, die spanischen Galeonen hätten hauptsächlich Folterinstrumente der Inquisition geladen. »Und wenn sich nicht alle erheben?«, fragte er vorsichtig.
»Ach, eine Hand voll Protestanten sind sicher dabei.«
Albion schwieg. Nun war ihm eines klar. Wenn sein Schwager, was die spanische Strategie anging, sich nur halbwegs an die Wahrheit hielt, würde die gefürchtete Invasion vermutlich scheitern. Und während er noch über die Frage und die Folgen grübelte, die das für ihn persönlich haben würde, bemerkte er, dass sein Schwager aufgeregt weitersprach.
»…so eine Gelegenheit. Du und ich gemeinsam. Wenn der Herzog von Parma landet, können wir die Truppen von hier aus nach London führen und uns dort mit ihm vereinen.«
»Verlangst du, dass wir uns an die Spitze eines großen Aufstandes stellen?«
»Das wird dir gewaltigen Ruhm einbringen, Bruder. Und was mich betrifft.« Don Diego zuckte die Achseln. »Dich zu begleiten, wäre mir eine Ehre.«
Albion nickte langsam. Dieser wahnwitzige Vorschlag hätte genauso gut von seiner Mutter kommen können. »Eine große Armee zu mobilisieren«, wandte er taktvoll ein, »ist in England nicht so einfach. Selbst wenn der Glaube stärker wäre…«
»Ah.« Don Diego sah ihn erfreut an. »Das ist ja genau das Wunder, an dem man Gottes Vorsehung so deutlich erkennt«, beruhigte er seinen Schwager. »Unsere spanischen Truppen sind auch nicht besser. Man hat ihnen in England reiche Beute versprochen. Aber genau das ist der springende Punkt, mein Bruder. Gott hat uns die nötigen Mittel in die Hand gegeben, seinen Willen zu tun. Wir können die Truppen bezahlen.« Als er Albions verblüfften Blick bemerkte, wies er in Richtung Meer. »Als ich ganz allein Schiffbruch erlitt, hielt ich es zunächst für eine Strafe. Doch das stimmte nicht. Der Rumpf dieses Schiffes da draußen ist unterhalb der Wasserlinie mit Silber gefüllt.« Freudig lachte er auf.
»Und du hattest keine Begleiter?«
»Nein. Dieses Silber gehört nur dir und mir, Bruder. Es ist uns geschenkt worden.«
Wieder geriet Albion ins
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