Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
»Ich werde dich bald brauchen«, sagte er leise. Puckle holte tief Luft.
    Es war Zeit.
     
     
    Die Erheiterung in Oakley war groß, als Caleb Furzey berichtete, er sei verhext worden.
    »Vergiss nicht, dass du betrunken warst«, meinten die Nachbarn wohlwollend. »Trink doch noch einen und erzähl uns dann, wie viele Elfen du siehst«, spotteten sie. Oder: »Finger weg von diesem Pferd, es könnte sich in ein Schwein verwandeln.«
    Doch Furzey wich keinen Schritt von seiner Geschichte ab. Und seine Schilderung des Schweins und der Geister oben bei Wilverley Plain war so lebhaft, dass einige Leute in Oakley ihm fast glaubten. Nur Pride bedachte den kleinen Nathaniel mit einem forschenden Blick. Doch falls er einen Verdacht hatte, hielt er es offenbar für besser, kein Wort darüber zu verlieren. So vergingen die Tage und Wochen. Abgesehen von ein paar Scherzen und von dem Gelächter über den leichtgläubigen Bauern blieb es in dem kleinen Weiler im New Forest am Rande der Heide von Beaulieu ruhig.
     
     
    Es dauerte nicht lang, bis Mr. Arthur West in Haus Albion vorsprach. Er erschien in einer eleganten Kutsche und erklärte, er werde ein oder zwei Tage bei den Morants in Brockenhurst verbringen. Bekleidet war er mit einem schweren Kutschermantel und einem Hut.
    Tante Adelaide empfing ihn begeistert, und da er der Neffe seines Freundes war, kam nicht einmal der alte Francis umhin, ihn höflich zu behandeln. Der Gast plauderte freundlich, locker und vergnügt mit Fanny und achtete darauf, keine Einladung auszusprechen, die sie zwingen würde, ihren Vater allein zu lassen. Stattdessen merkte er an, sie würden sich sicher bald bei einem ihrer Nachbarn wieder sehen, worauf er sich bereits sehr freue.
    Im Großen und Ganzen hat er es geschickt angefangen, dachte Fanny belustigt. Und ihr wurde klar, dass sie ihm dafür dankbar war. Bei Mr. West wusste man, woran man war. Er war vernünftig, er war ledig, er würde sich mit den jungen Damen der Grafschaft bekannt machen, und wenn man ihm zu verstehen gab, seine Aufmerksamkeit sei erwünscht, würde er langsam und mit Bedacht zu Werk gehen. Sie würden sich hie und da bei einem Abendessen oder bei einem Tanz treffen, und wenn sich daraus etwas entwickelte, gut und schön.
    Mr. West überbrachte ihnen auch eine Neuigkeit: »Gestern hatte ich Besuch von einem Herrn, den Sie kennen. Er ist ein Freund der Tottons – Mr. Martell.«
    Zu ihrer Verlegenheit spürte Fanny, wie sie erst erbleichte und dann errötete. Als sie Mr. Wests erstaunten Blick bemerkte, erklärte sie rasch: »Ich fürchte, Vater und Mr. Martell hatten eine Auseinandersetzung, als er das letzte Mal hier war.«
    Francis Albion, dessen Schwächeanfall auf Mrs. Grockletons Ball allen Gästen einen großen Schrecken eingejagt hatte, war inzwischen wieder ganz der Alte. Allerdings bestand auch weiterhin die Möglichkeit, dass er einem Schlaganfall erlag, doch wie der Arzt Mr. Gilpin anvertraut hatte, konnte er auch durchaus noch hundert Jahre alt werden. Und eines stand fest: Solange er lebte, würde er seinen Willen durchsetzen. »Martell? Ein ausgesprochen unverschämter junger Mann«, wandte er nun ein, ohne dass ihm der Zwischenfall im Mindesten peinlich war.
    »Wie dem auch sei«, fuhr Mr. West fort. »Er wollte sich unbedingt ein Bild im Haus anschauen, das einen seiner Vorfahren darstellt. Und ich muss sagen, dass ich wirklich verblüfft war, als wir es in Augenschein nahmen. Er ist dem Porträtierten wie aus dem Gesicht geschnitten. Sie haben das Gemälde ja selbst gesehen.« Er wandte sich an Tante Adelaide. »Der dunkelhaarige Herr, dessen Bild oben im Flur hängt. Oberst Penruddock.«
    »Dieser junge Tunichtgut war ein Penruddock?«, rief Francis aus, während Tante Adelaide keine Miene verzog.
    »Entschuldigen Sie.« Mr. West blickte zwischen den beiden hin und her. »Offenbar gibt es da ein familiäres Zerwürfnis, von dem ich nichts ahnte.«
    »In der Tat, Mr. West«, erwiderte Tante Adelaide gefasst. »Doch das konnten Sie wirklich nicht wissen. Jedenfalls«, fuhr sie mit einem höflichen Lächeln fort, »verkehren wir nicht mit den Penruddocks.«
    »Ich werde es mir in Zukunft merken«, versprach Mr. West mit einer Verbeugung.
    Offenbar war Mr. West durch diesen Schnitzer nicht in Tante Adelaides Gunst gesunken, und sie teilte ihm zum Abschied mit, dass er jederzeit in diesem Haus willkommen sei.
    »Ich finde, er ist ein sehr angenehmer Mann«, antwortete Fanny auf den fragenden Blick ihrer

Weitere Kostenlose Bücher