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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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aufgeteilt und sie im Schutze der Dunkelheit zum Treffpunkt geführt, einem Wäldchen oberhalb von Pitts Deep. Ein Dutzend Männer hatte bereits gut getarnt Posten bezogen und den Strand beobachtet. Sie hatten strikte Anweisungen, nichts zu unternehmen und sich nicht blicken zu lassen, bis die Ladung gelöscht war.
    »Wir müssen die Bande, die an Land arbeitet, auf frischer Tat ertappen«, hatte Grockleton dem Grafen eingeschärft. Seine eigene Rolle würde sehr heldenhaft und ganz sicher gefährlich sein. Während die zwanzig Reiter aus dem Wald zum Strand stürmten, um den Schmugglern den Weg abzuschneiden, und weitere zwanzig seiner Männer mit Laternen die Karawane abliefen, beabsichtigte er, die Missetäter anzusprechen und ihnen die Bedingungen der Kapitulation zu unterbreiten. Wenn sie sich weigerten, würde man schießen.
    Nun konnte er nur noch warten und Puckle im Auge behalten, bis die Schiffe kamen. Schließlich wollte er sichergehen, dass dieser es sich nicht noch anders überlegte.
     
     
    Selbst Isaac Seagulls Augen konnten in der Dunkelheit nichts mehr erkennen. Er beaufsichtigte diese Lieferung persönlich, denn es ging um viel Geld. Hinter ihm warteten zweihundert Männer und achtzig Ponys ruhig in einer wohl geordneten Reihe.
    Ein Pony konnte zwei über seinem Rücken zusammengeschnürte Fässer mit abgeflachten Seiten tragen, von denen jedes gut dreiunddreißig Liter enthielt. Die Männer schleppten zwei halb so große Fässer – je eines auf dem Rücken und eines vor der Brust. Da ein Fass etwa zweiundzwanzig Kilo wog, war das eine schwere Last, um damit einen Fußmarsch von fünfzehn bis zweiundzwanzig Kilometern zurückzulegen.
    Der Tee war in wasserdichte Ölhäute verpackt, die man Happen nannte. Mit einem Pony konnte man mehrere dieser Pakete fortschaffen. Auch die Seidenballen hatte man in Ölhaut gewickelt, und für diese hatte sich Seagull eine besondere Form des Transports ausgedacht: Ein halbes Dutzend hoch gewachsener, kräftiger Frauen in langen, weiten Kleidern stand am Ufer bereit.
    Wenn die Seide an Land gebracht wurde, zogen sich die Frauen aus, und dann wurde die Seide Meter um Meter um sie herumgewickelt, bis sie aussahen wie Mumien. Wenn sie schwer genug bepackt und doppelt so dick waren wie zuvor, schlüpften sie wieder in die Kleider und begaben sich zu Pferd oder zu Fuß zum nächsten Markt. Zwei dieser Frauen wurden in einigen Tagen in Sarum, eine weitere in Winchester erwartet.
    Ein Schmunzeln spielte um Isaac Seagulls Lippen, als er in die Dunkelheit spähte.
    Man konnte die Schmuggelware an verschiedenen Stellen der Küste an Land bringen. Für kleinere Ladungen waren Luttrells Turm im Osten und der Fluss von Beaulieu gut geeignet. Hin und wieder benutzte Seagull auch gerne die alte Festung Hurst Castle. Vor ein paar Jahren hatten die Zollbehörden dort einen ihrer Leute postiert. Also hatte Isaac Seagull den Mann aufgesucht und ihn auf seine freundliche Art gefragt: »Soll ich Ihnen lieber den Schädel einschlagen oder Sie bezahlen?«
    »Bezahlen«, hatte der Mann prompt erwidert. Und obwohl er auch weiterhin in Grockletons Diensten stand, befolgte er von da an Seagulls Befehle.
    Auf der westlichen Seite des New Forest, zwischen der Landzunge von Hurst Castle und Christchurch, gab es zwei wunderbare Landeplätze, nämlich die schmalen Rinnen, die an der Küste mündeten. Dort konnten die Packpferde ungesehen warten. Diese kleinen Hohlwege nannte man bunnys. Becton Bunny lag gleich unterhalb von Hurst. Chewton Bunny befand sich etwa anderthalb Kilometer weiter westlich. Chewton bot weiterhin den Vorteil, dass es am Strand zu beiden Seiten gefährlichen Treibsand gab, der ein Hindernis für die Zöllner bedeutete. Von Chewton aus erreichte man etwa anderthalb Kilometer später den Gasthof Cat and Fiddle Inn. Dort begann die Straße durch den New Forest, die zwischen Burley und Ringwood verlief und Smuggler’s Road hieß. An dieser Strecke befand sich auch der erste der vielen regelmäßig stattfindenden Märkte, die die Freihändler abhielten. Von der Smuggler’s Road gelangte man in den nördlichen Teil des New Forest und konnte sich aus dem Staub machen.
    Außerdem lag im östlichen New Forest Pitts Deep, das auch nicht zu verachten war. Von hier aus ging es weiter nach Osten, an Southampton vorbei; oder man nahm den Weg zur Kirche von Boldre und über die Furt unweit von Haus Albion durch den westlichen Forest, wo man ein paar Kilometer weiter auf die Smuggler’s

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