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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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beabsichtige, sie zu retten, mit oder ohne Ihre Erlaubnis. Allerdings wäre Ihre Hilfe für sie sehr nützlich gewesen.«
    »Hinaus.«
    Auf ein Zeichen von Mr. Gilpin verließ der inzwischen sichtlich erboste Mr. Martell den Raum, und kurz darauf fuhren die beiden Männer in der Kutsche des Geistlichen davon.
    Schweigend saß Adelaide eine Weile da, während Mrs. Pride abwartend hinter ihr stand. Dann ergriff die alte Dame endlich das Wort, allerdings war sie nicht sicher, ob sie mit der Haushälterin oder mit sich selbst sprach. »Wenn er sie rettet, wird sie ihn heiraten.« Traurig schüttelte sie den Kopf. »Oh, meine arme Mutter. In diesem Fall wäre es besser, sie stirbt.«
    Nun wusste Mrs. Pride, was sie tun musste.
    Am Abend saßen Martell und Gilpin in der Bibliothek des Vikars und erörterten die weitere Vorgehensweise.
    »Ich möchte hinfahren«, sagte Gilpin. »Und ich bezweifle nicht, dass Fanny mich empfangen wird. Allerdings sind noch zwei Fragen offen. Wird meine Anwesenheit nicht nur zur Verwirrung beitragen, solange die alte Dame so halsstarrig bleibt? Und außerdem braucht sie im Augenblick Sie dringender als mich, Martell.«
    »Die alte Dame kann mir den Buckel herunterrutschen«, erwiderte Martell. »Ich breche gleich morgen früh auf. Allerdings muss ich noch dafür sorgen, dass ich vorgelassen werde. Ich kann ja schlecht die Gefängnistür aufbrechen.«
    »Ich gebe Ihnen einen Brief mit, in dem ich Fanny anflehe, Sie zu empfangen. Ich werde schreiben, dass Sie in meinem Auftrag handeln. Das könnte helfen.«
    Gilpin hatte sich gerade an den Brief gesetzt. Martell las in einem Buch, als von der Tür ein Geräusch zu hören war. Kurz darauf kam ein Diener herein und flüsterte Gilpin etwas ins Ohr. Dieser erhob sich, ging hinaus in die Halle und kehrte wenig später eilig zurück. »Holen Sie Ihren Rock, Martell!«, rief er. »Wir brauchen Sie. Die Pferde werden schon gesattelt.«
    »Wohin geht es?«, fragte Martell und stürzte in sein Zimmer hinauf, um Rock und Stiefel zu holen.
    »Haus Albion. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
     
     
    Niemand wusste, wann oder wo das Feuer ausgebrochen war, denn offenbar hatten alle im Haus fest geschlafen. Ein seltsames Knistern hatte im obersten Stockwerk einen Diener aufgeschreckt. Der Mann stürmte aus seinem Zimmer und stellte fest, dass der Flur bereits dicht verqualmt war. Im nächsten Moment begegnete er Mrs. Pride, die noch ihr Nachthemd trug. Offenbar war auch sie soeben erst wach geworden.
    »Das ganze Haus brennt!«, sagte sie. »Schnell, rufen Sie die Dienstboten zusammen. Die Hintertreppe ist frei. Bringen Sie alle in die Ställe und vergewissern Sie sich, dass niemand fehlt.«
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Zu der alten Dame. Wohin sonst?«
    Beißender Rauch stieg Mrs. Pride in die Kehle, als sie sich zur Treppe durchkämpfte. Rasch lief sie in Adelaides Schlafzimmer, trat ein und ging zum Bett.
    Es war leer.
    Schnell blickte sie sich im Raum um: niemand. Sie versuchte es im Nebenzimmer, fand es ebenfalls verlassen vor, und kehrte zur Treppe zurück.
    Das Feuer züngelte die Tapeten empor. Unten sah sie, wie Flammen aus dem Salon quollen. Also rannte sie hin, doch die große Hitze hinderte sie daran, den Raum zu betreten. Sie öffnete die Eingangstür und verließ rasch das Haus.
    »Hat jemand Miss Albion gesehen?«
    Der ganze Haushalt hatte sich in den Stallungen versammelt. Keiner fehlte. Die Männer suchten bereits Eimer zusammen, um eine Kette hinunter zum Fluss zu bilden. Obwohl Mrs. Pride wusste, dass das zwecklos war, ließ sie sie gewähren.
    Der alten Dame war niemand begegnet.
    »Bestimmt ist sie aufgestanden und nach draußen gegangen«, meinte jemand.
    »Vielleicht ist sie mit einer Lampe gestürzt und hat so das Feuer verursacht«, sagte ein Hausmädchen.
    »Niemand darf hinein«, befahl Mrs. Pride und kehrte zum Haus zurück.
    Inzwischen qualmte auch das Dach, und aus einigen Fenstern im oberen Stockwerk züngelten Flammen. Offenbar hatte man das Feuer auch schon in Boldre bemerkt, denn es kamen einige Männer die Auffahrt entlanggestürmt. Mrs. Pride wies sie an, beim Wasserschöpfen zu helfen. Jemand war schon losgelaufen, um den Vikar zu holen.
    »Suchen Sie weiter nach der alten Dame«, bat Mrs. Pride die Köchin und die anderen Frauen. »Möglicherweise irrt sie irgendwo draußen herum.« Dann ging sie wieder ins Haus.
    Als Mr. Gilpin und Martell eintrafen, schlugen die Flammen bereits hoch aus dem Dach. Glut schwebte im dunklen

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