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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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und dieser wiederum hatte mit einem Freund gesprochen, der die Werft in Deptford an der Themse außerhalb von London betrieb. Und so stand Puckle, der Schmuggler, etwa einen Monat nach seiner Flucht über das Meer schon wieder im Dienste des Vaterlandes und baute Schiffe für die Marine Seiner Majestät.
    Die Marine brauchte Schiffe wie nie zuvor. Nach der Französischen Revolution war ein starker Feldherr an die Macht gekommen, Napoleon Bonaparte, ein zweiter Julius Caesar. Seine Revolutionsarmee trieb die Gegner vor sich her. Nur in England stellten sich ihm der unbeugsame Minister William Pitt und die großen Eichenschiffe der britischen Marine in den Weg.
    Es waren schwere Jahre. Der Krieg, Missernten und die französische Seeblockade hatten der britischen Wirtschaft sehr geschadet. Der Brotpreis war stark gestiegen. Immer wieder kam es zu Aufständen.
    Puckle war für seine harte Arbeit in Deptford gut entlohnt worden. Doch trotz seiner Ausflüge zum geschäftigen Hafen von London und seiner Streifzüge durch die hohen Berge und schattigen Wälder von Kent vermisste er den weichen Torfboden, die Kieswege, die Eichen und das Heidekraut des New Forest. Er sehnte sich danach, in seine Heimat zurückzukehren. Sechs Jahre lang hatte er gewartet.
     
     
    Nicht Mr. Grockletons erfundener Cousin, sondern eine Tante seiner Frau, die aus einer reichen Kaufmannsfamilie in Bristol stammte, hinterließ den Grockletons schließlich das bescheidene Vermögen, das dem Zollinspektor die Gelegenheit gab, in den Ruhestand zu gehen. Die vielen Freunde der Grockletons, zu denen sogar – mehr oder weniger – die Burrards gehörten, erfuhren jedoch zu ihrem Erstaunen, dass Mrs. Grockleton nun doch nicht beabsichtigte, in Lymington zu bleiben. Ihre Akademie war sehr erfolgreich. Vier der Schülerinnen gehörten sogar angesehenen Familien des Landadels an. Der jährliche Ball, den sie für die jungen Damen veranstaltete, war zu einer festen Größe geworden, und nur die besten Kaufmannsfamilien wie die Tottons und die St. Barbes gaben sich dort gemeinsam mit dem Adel die Ehre. Mr. Grockleton, dem es nie gelungen war, auch nur ein einziges Fass Brandy abzufangen, genehmigte sich nun gelegentlich ein Fläschchen, das ihm auf Isaac Seagulls Anweisung hin vor die Tür gestellt wurde. Die beiden Männer hatten sich sogar mehr oder weniger angefreundet. Warum also wollte Mrs. Grockleton umziehen?
    Offen gestanden – obwohl sie zu höflich war, das zu sagen – war Mrs. Grockleton von Lymington enttäuscht. Und dasselbe galt auch für den New Forest. »Es sind diese Salzgärten«, seufzte sie traurig. Denn die Salzpfannen, die kleinen Windpumpen und die Siedehäuser gab es immer noch. Gut, es waren in letzter Zeit einige annehmbare Häuser in Lymington entstanden, die sogar Meerblick hatten. Ein Kapitän und zwei Admiräle lebten inzwischen in der Stadt, und sicher würden ihnen bald weitere hohe Militärs folgen. Und ein Admiral – auch wenn er ein Furcht erregender Krieger sein mochte – war immerhin ein anständiger Mann.
    Dennoch fehlte etwas in der Stadt. Vielleicht waren es die Franzosen. 1795 waren die meisten von ihnen aufgebrochen, um sich an einem Feldzug gegen die Revolutionäre in Frankreich zu beteiligen. Doch ihre Bemühungen waren vergeblich gewesen, zumal sie kaum von der britischen Regierung unterstützt wurden. Nur wenige der mutigen Franzosen kehrten zurück. In Lymington erinnerten lediglich noch ein paar adelige Witwen an ihre Mission – und auch die vielen einheimischen Mädchen, die sich in einen französischen Soldaten verliebt oder ihn gar geheiratet hatten. Unvermeidlich war es dabei zu einigen unehelich geborenen Kindern gekommen, die nun wahrscheinlich der Gemeinde zur Last fallen würden.
    Nein, Mrs. Grockleton war und blieb unzufrieden. Mit seinen Salzgärten und Schmugglerbanden würde Lymington nie ein Tummelplatz der oberen Zehntausend werden.
    Überdies haderte Mrs. Grockleton mit ihrer eigenen gesellschaftlichen Stellung. Und das, obwohl sie sich als Freundin von Fanny und Wyndham Martell bezeichnen konnte. Und auch von Louisa, die Mr. Arthur West geheiratet hatte. Zudem wurde sie regelmäßig von den Burrards, den Morants und selbst von Mr. Drummond in Cadland zum Essen eingeladen, auch wenn sie nicht zu deren engstem Freundeskreis zählte. Ganz richtig, und genau dort lag das Problem! Mrs. Grockleton hatte ihr Ziel erreicht. Der Feind war besiegt. Sie hatte die besseren Leute kennen gelernt und

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