Der Wald der Könige
höflichen Nicken und ritt davon.
Auf dem Rückweg spürte er eine prickelnde Erregung, wie er sie schon lange nicht mehr empfunden hatte. Er zweifelte nicht daran, dass ihm bei diesem romantischen Abenteuer Erfolg beschieden sein würde. Es war schließlich nicht das erste Mal.
Eine Woche später traf ein knapp gehaltener Brief von Walter ein, der ohne Umschweife auf den Punkt kam. Er sei unterwegs nach England, müsse zuerst einen Verwandten seiner Frau treffen und habe dann eine Audienz beim König. Vermutlich werde er erst Anfang August die Zeit finden, Adela abzuholen. Der Brief endete mit dieser Mitteilung: »Übrigens habe ich einen Mann für dich.«
Drei Wochen vergingen ohne eine Nachricht von Martell. Obwohl Adela sich Mühe gab, ihre Aufregung zu verbergen, war sie bleich und angespannt, und sie fragte sich, warum Martell nichts von sich hören ließ.
Weshalb war er nicht gekommen? Hatte sich Lady Mauds Befinden wieder verschlechtert? Sie zog Erkundigungen ein. Doch sie erfuhr nur, der Lady gehe es täglich besser.
Sie wusste nicht, was sich aus ihrem Stelldichein mit Martell entwickeln würde. Würde sie sich ihm hingeben? Diese Frage erschien ihr nebensächlich. Sie hatte nur den Wunsch, ihn wieder zu sehen. Am liebsten hätte sie ihn aufgesucht, aber das kam überhaupt nicht in Frage. Ihm zu schreiben, wagte sie ebenfalls nicht.
Nach Walters Brief wusste sie, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb. Denn er würde sie mitnehmen und sie verheiraten. Hatte sie eine Möglichkeit, sich zu weigern? Konnte sie einen weiteren Bewerber ablehnen? Adela war völlig ratlos.
Inzwischen war der König in Winchester eingetroffen. Bald würden Heer und Flotte bereit sein. Es hieß, in der Schatzkammer von Winchester sei noch mehr Geld eingelagert worden. Der König war so beschäftigt, dass er nicht einmal Zeit für die Jagd hatte.
Adela hatte keine Ahnung, ob Walter sich bereits in Winchester aufhielt. Doch er war ohnehin der letzte Mensch, den sie im Augenblick sehen wollte.
In der letzten Juliwoche hatte sie erneut Puckles Frau aufgesucht. Wie beim ersten Mal traf sie die Hexe in ihrer kleinen Hütte an, doch als sie die Frau um Hilfe bat, weigerte sie sich.
»Können wir es nicht wieder mit einem Zauber versuchen?«, fragte sie.
Aber Puckles Frau schüttelte nur ruhig den Kopf. »Wartet. Habt Geduld. Was geschehen wird, wird geschehen«, erwiderte sie.
Also kehrte Adela unverrichteter Dinge zurück.
Edgars Launenhaftigkeit trug nicht dazu bei, die Stimmung in Colas Haus zu verbessern. Er hatte seinen Heiratsantrag mit keinem Wort mehr erwähnt. Adela glaubte zwar nicht, dass er etwas von ihren geheimen Gefühlen für Martell ahnte, aber die Nachricht, Walter wolle sie abholen, hatte ihn sicherlich nicht erfreut. Oberflächlich betrachtet hatte sich an ihrer Freundschaft nichts geändert, doch sie erkannte Trauer in seinen Augen.
Währenddessen hüllte sich Cola weiterhin in bedrücktes Schweigen. Adela wusste nicht, ob Edgar seinem Vater von dem Heiratsantrag erzählt hatte. Würde er dieser Ehe seinen Segen geben? Allerdings hatte sie keine große Lust, ihn darauf anzusprechen, obwohl sie sich fragte, ob seine üble Laune damit zusammenhing oder ob sie ihren Grund in den bedrohlichen politischen Entwicklungen hatte.
Als der Juli sich dem Ende zuneigte, wuchs die Stimmung im Haus. Walter wurde jeden Tag erwartet. Cola brütete vor sich hin, und Edgar wirkte sichtlich aufgebracht. Einige Male schien er kurz davor, das Thema Ehe anzuschneiden, hielt sich aber zurück. Adela fand diese Atmosphäre zunehmend unerträglich.
Und dann, endlich, geschah etwas, und zwar am letzten Julitag, als Cola Edgar und Adela zu sich rief. »Ich habe die Botschaft erhalten, dass der König morgen mit einigen Begleitern in Brockenhurst eintrifft«, verkündete er. »Am nächsten Tag will er im New Forst jagen. Ich soll dabei sein.« Er warf Adela einen Blick zu. »Euer Vetter Walter gehört auch zum Gefolge. Also werden wir ihn sicher bald hier begrüßen können.« Mit diesen Worten ging er hinaus, um etwas zu erledigen, und ließ Adela mit Edgar allein.
Das Schweigen dauerte nicht lange.
»Werdet Ihr mit Tyrrell abreisen?«, fragte Edgar leise.
»Ich weiß nicht.«
»Oh? Heißt das, ich darf hoffen?«
»Ich weiß nicht.« Das war eine alberne Antwort, aber Adela konnte vor Aufregung keinen klaren Gedanken fassen. »Was bedeutet es dann?«, brach es schließlich aus ihm heraus. »Hat Walter einen Gatten für
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