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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Kopf.«
    Als wolle er diese Tatsache bestätigen, drehte sich der junge Mann um, zeigte auf den Holzstoß und lallte mit schleppender Stimme: »Feuer.« Dann setzte er sich.
    Adam blieb noch eine Weile bei dem Köhler und seinem Neffen und genoss die Ruhe des Waldes. Der riesige Kohlenmeiler bot einen seltsamen Anblick. Lautlos kräuselte sich Rauch aus den Öffnungen an seiner Seite wie aus dem Tartarus oder der Hölle selbst. Auf einmal kam Adam ein seltsamer Gedanke: Was, wenn Puckle, der hier in den Tiefen des New Forest lebte, der Türhüter der Hölle war? Unwillkürlich nahm er den Köhler jetzt näher in Augenschein.
    Vorhin hatte er gar nicht bemerkt, was für eine merkwürdige Erscheinung Puckle war. Vielleicht lag es am Dämmerlicht oder an dem rötlichen Glühen der Holzscheite im Lagerfeuer, aber plötzlich erschien er ihm mit seiner verwachsenen Gestalt wie ein Gnom. Sein wettergegerbtes Gesicht, das wie aus Holz geschnitzt wirkte, hatte auf einmal einen geheimnisvollen Schimmer. War es etwa teuflisch? Adam schalt sich für seine Albernheit. Puckle war doch nur ein harmloser Bauer. Und dennoch hatte er etwas an sich, das Adam nicht einordnen konnte. Eine innere Wärme, die tief in ihm brannte und die Adam selbst offenbar nicht besaß. Schließlich nickte er, stieß seinem Pony die Fersen in die Seiten und ritt davon.
    »Ach, du meine Güte«, lachte Luke, nachdem er fort war. »Ich habe schon geglaubt, der verschwindet gar nicht mehr.«
     
     
    Er hätte einen anderen Weg nehmen sollen. Nachdem Bruder Adam die kleine Kirche in Brockenhurst hinter sich gelassen hatte, folgte er einem Pfad, der nach Süden durch den Wald führte und ihn an die stille Furt am Fluss brachte. Dort war es immer noch so einsam wie im Jahre 1100, als Walter Tyrrell vor seinen Häschern geflohen war. Auf der anderen Seite der Furt, wo der Pfad weiter durch den Wald verlief, hatten die Mönche ein großes Stück Land gerodet und bebaut.
    Jenseits dieser Felder lag die Heide von Beaulieu unter einem wolkenlosen Himmel. Das war der Weg nach Osten zur Abtei, den Adam eigentlich hätte einschlagen müssen. Doch stattdessen wandte er sich nach Süden. Er sagte sich, dass es keinen Unterschied machte, obwohl das nicht der Wahrheit entsprach.
    Er hielt sich am Waldesrand. Nach einer Weile zweigte ein Pfad nach rechts ab. Er wusste, dass dort unten auf einem finsteren Hügel, der das Flusstal überblickte, die alte Pfarrkirche von Boldre stand. Doch er ritt nicht in diese Richtung, sondern setzte seinen Weg nach Süden fort. Bald erreichte er einen kleinen Viehpferch, wo dreißig Kühe und ein Bulle weideten. Daneben standen ein paar Hütten: Pilley. Aber er würdigte das Dorf kaum eines Blickes.
    Warum musste er wieder an die Frau denken? Die Bäuerin, die in der Scheune vor ihm gestanden hatte? Eigentlich gab es gar keinen Grund dafür. Gewiss lag es nur an seiner Langeweile. Er trabte noch anderthalb Kilometer weiter, bis er den Weiler erreichte, der Oakley hieß.
    Schließlich konnte er auch von dort aus über die Heide zur Abtei reiten.
    Die Dörfer im New Forest sahen einander ähnlich, Streusiedlungen ohne Ortskern am Ufer eines Flusses oder am Rand einer Heide. Kein Lehnsherr hatte ihnen eine überschaubare Form aufgezwungen. Überall dieselben strohgedeckten Katen und Häuser mit kleinen, aus Holz erbauten Scheunen, alles nur winzige Bauernhöfe, die davon kündeten, dass es sich bei diesen Dörfern um Gemeinschaften von Gleichen handelte, die schon seit jeher im New Forest lebten.
    Von Osten nach Westen verlief ein Weg durch Oakley, der, wie überall im New Forest, aus Torfboden, Schlamm und Kieseln bestand. Adam wandte sich nicht nach Osten, sondern nach Westen und führte sein Pony am Zügel. Die ersten fünfhundert Meter sah er einige Hütten, doch dann ging der Hohlweg steil bergab ins Flusstal. Das letzte Gebäude am nördlichen Rand des Wegs war, wie er feststellte, ein Bauernhof mit einigen Nebengebäuden, zu denen auch eine kleine Scheune gehörte. Dahinter befanden sich eine Koppel, eine mit Stechginster bewachsene Wiese und der Wald.
    Adam fragte sich, ob die Frau wohl dort lebte. Falls er sie sah, würde er stehen bleiben und sich höflich nach ihrem Mann erkundigen. Das war doch ganz harmlos. Also ließ er sich Zeit und wartete, ob jemand aus dem Haus kommen würde, aber nichts geschah. Nachdem er die übrigen Häuser betrachtet hatte, kehrte er um. Als er am Anfang des Weges einem Bauern begegnete, wollte er von

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