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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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ihm wissen, wer in dem Haus dort hinten wohnte.
    »Tom Furzey, Bruder«, erwiderte der Mann.
    Bruder Adam spürte, wie sich ihm der Magen zusammenkrampfte. Er nickte dem Bauern ruhig zu und blickte sich um. Hier lebte sie also. Am liebsten hätte er kehrtgemacht, aber ihm fehlte ein Vorwand. Er plauderte noch ein wenig mit dem Bauern und meinte, er sei noch nie in diesem Dorf gewesen. Da er keine Aufmerksamkeit erregen wollte, setzte er seinen Weg fort.
    Am östlichen Ende des Weilers befand sich ein Dorfanger mit einem Teich. Das letzte Haus dort war ein wenig größer als die anderen. Ein Feld gehörte auch dazu. Adam wusste, dass der Besitzer John Pride hieß. Am Rande des Teiches, der mit weißen Wasserlilien bedeckt war, wuchsen eine verkrüppelte Eiche, eine kleine Esche und einige Weiden.
    Der Weg führte an Prides Haus vorbei auf die Heide.
    Bruder Adam ritt langsam weiter. An manchen Stellen war der Boden sumpfig. Ein wenig weiter im Norden wäre es trockener gewesen.
    Er bedauerte, der Frau nicht begegnet zu sein.
    Als er die Hälfte der Heide überquert hatte, sah er, wie fahles Sonnenlicht sich in den hellen Lehmwänden eines Schafspferchs brach. Jenseits davon lagen die Felder des Gutes Beufre.
    Bald würde er die Abtei erreicht haben.
    Acedia.
     
     
    Tom Furzey war so mit sich zufrieden, dass er, wenn er allein war, vor lauter Freude Luftsprünge machte. Er wunderte sich wirklich, warum er nicht gleich daran gedacht hatte. Der Plan war schlau ausgeklügelt und würde endlich dafür sorgen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde. Auch wenn Tom kein besonders schlauer Bursche war, reichte seine Vorstellungsgabe, um sich seinen Triumph in den schillerndsten Farben auszumalen.
    Die Gelegenheit hatte sich aus heiterem Himmel geboten. John Prides Frau hatte einen Bruder, der nach Ringwood gezogen war und dort seine Hochzeit feiern wollte. Er hatte eine gute Partie gemacht, eine Metzgerstochter mit einer reichen Mitgift. Die ganze Familie Pride war eingeladen. Und was noch besser war: Sie würden in Ringwood übernachten. »Erst am nächsten Tag bei Morgengrauen sind sie wieder hier«, hatte Toms Schwester erzählt.
    »Alle?«, fragte Tom.
    »Bis auf den jungen John.« Das war John Prides ältester Sohn, der zwölf Jahre alt war. »Er soll das Vieh versorgen. Und das Pony.« Bei diesen Worten hatte sie ihm einen viel sagenden Blick zugeworfen.
    »Das hat mich auf einen Gedanken gebracht«, meinte er später stolz zu ihr, als er ihr seinen Plan schilderte.
    Sie wusste als Einzige Bescheid, denn er brauchte ihre Hilfe. Auch sie war von seinem Geistesblitz beeindruckt gewesen. »Ich finde, du hast dir alles gut überlegt, Tom«, sagte sie zu ihm.
    Und wirklich waren die Prides an diesem Morgen in ihrem Wagen nach Ringwood aufgebrochen. Es war ein warmer, sonniger Tag. Tom ging wie immer seiner Arbeit nach und flickte um die Mittagszeit die Tür des Hühnerhauses. »Heute holen wir mein Pony zurück«, verkündete er Mary dann am späten Nachmittag.
    Er hatte sich schon auf ihre Antwort gefreut, und er wurde nicht enttäuscht.
    »Das geht nicht, Tom. Man wird dich erwischen.«
    »Es klappt schon.«
    »Aber John wird…«
    »Er kann überhaupt nichts dagegen tun.«
    »Er wird dir böse sein, Tom…«
    »Wirklich? Soweit ich mich erinnere, war ich auch ziemlich wütend auf ihn.« Er hielt inne und wartete, bis sie diese Eröffnung verdaut hatte. Das Beste sollte nämlich erst noch kommen. »Und weißt du was?«, fügte er selbstzufrieden hinzu. »Du wirst es holen.«
    »Nein!« Mary war entsetzt. »Er ist mein Bruder, Tom.«
    »Es gehört zu meinem Plan und ist gewissermaßen die Krönung.« Wieder machte er eine Pause, bevor er ihr den letzten Stoß versetzte. »Du musst noch etwas anderes für mich erledigen.« Er schilderte ihr den Rest seines Vorhabens.
    Als er fertig war, starrte sie zu Boden. Natürlich konnte sie sich weigern, aber dann würde er ihr das Leben zur Hölle machen. Und es nützte auch nichts, dass sie ihn anflehte und ihm sagte, welche Demütigung es für sie bedeutete. Ihm war das einerlei. Denn er war fest dazu entschlossen, sich an ihnen allen schadlos zu halten. Mary fragte sich, was wohl aus ihr werden würde, wenn die Sache vorbei war. Er wird sich gebärden wie der Gockel auf dem Mist, dachte sie. Aber er liebt mich gar nicht von Herzen, und dieser Beweis seiner mangelnden Gefühle war der Grund, warum sie den Kopf hängen ließ. Sie würde um des Familienfriedens willen klein

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