Der Wald des Vergessens
Helden?«
»Nein. Anscheinend läßt der Herr Oberstleutnant PittEvenlode alles an sich herankommen. Aber er glaubt natürlich noch, daß gegen seine Mami nur wieder einmal wegen einer ihrer albernen Versuchskaninchen- und Meerschweinchenaktionen ermittelt wird.«
»Warum hast du sie nicht damit konfrontiert, daß Andy sie am Abend nach der Party gesehen hat?«
»Weil das alles ist, was wir im Augenblick in der Hand haben, und wenn sie der Jury geradewegs in die Augen blicken und sagen würde: ›Er lügt‹, bin ich mir nicht sicher, wem sie Glauben schenken würden.«
»Bist du sicher, daß
du
weißt, wem du glaubst?«
»Natürlich«, sagte er. »Aber ich möchte ein bißchen mehr in der Hand haben, damit ein schlichtes Leugnen nicht gleich bedeutet, daß sie aus der Bredouille ist. Alles, was wir brauchen, ist jemand, der ihren Discovery herumfahren sah, während sie angeblich ferngesehen hat. Oder daß jemand aus den anderen Wohnungen die Zeit ihrer Rückkehr mitbekommen hat.«
»Aber glaubst du denn wirklich, daß sie es getan hat?« sagte Ellie.
Pascoe zuckte die Schultern und sagte: »Keine Meinung, aber Bombers Einwand, wie eine Bande Betrunkener die Sicherheitsmaßnahmen in Redcar überwinden konnte, ist gut.«
»Ich habe dich nicht gefragt, ob du glaubst, daß sie den Wachmann dort umgebracht hat«, sagte Ellie. »Glaubst du, daß sie Wendy getötet haben könnte?«
»Aber wenn die beiden miteinander zu tun haben …«
»Kann ja auch nicht der Fall sein. Es könnte ja auch sein, daß sie ein völlig anderes Motiv hatte, Wendy loszuwerden, und sich ins Fäustchen lacht bei dem wenig erbaulichen Anblick, wie ihr völlig danebenliegt, Andy und du.«
Pascoe schüttelte bewundernd den Kopf über die Verschlagenheit seiner Frau. Vielleicht brauchte man eine Frau, um die Gedanken einer Frau nachzuvollziehen. Vielleicht sollte er den Fall an Shirley Novello weitergeben.
Er sagte: »Du glaubst also, daß sie es getan hat?«
»Aus dem richtigen Grund, vielleicht. Einer Sache bin ich mir sicher, sie ist sehr manipulativ. Auf die eine oder andere Weise kriegt sie die Leute dazu, nach ihrer Pfeife zu tanzen. Aber ich langweile dich. In Wirklichkeit willst du einen Blick auf Polls Fax werfen, nicht wahr?«
»Ich bemühe mich, es nicht zu wollen«, sagte Pascoe müde. »Nein, mein Schatz, du langweilst mich nicht. Nie.«
Um es zu beweisen, gab er ihr einen Kuß. Aber als sie ihn ins Eßzimmer führte, wo sie die Faxblätter auf den Tisch gelegt hatte, leistete er keinen Widerstand.
Polls Anschreiben war bewundernswert knapp und sachbezogen.
Die Prozeßakte Ihres Urgroßvaters setzt sich zusammen aus 1. der Anklageschrift, 2. aus den Namen der Beteiligten, 3. den Aufzeichnungen des Vorsitzenden über die Zeugenaussagen und alle Kreuzverhöre, 4. aus den schriftlichen Zeugenaussagen, 5. der Verteidigung, 6. aus Urteil und Empfehlungen, 7. aus der schriftliche Stellungnahme des befehlshabenden Offiziers zur Person des Angeklagten, 8. aus den schriftlichen Stellungnahmen des Bataillonsführers, Regimentsführers und des Oberbefehlshabers darüber, ob das Urteil umgewandelt oder ausgeführt werden soll, 9. dem Armeeformular B 122, dem Führungszeugnis Ihres Urgroßvaters, 10. der Unterschrift des Oberbefehlshabers, mit der er das Urteil bestätigt. Ich schicke Ihnen, was ich exzerpiert habe, ohne Zusätze. Ich weiß, daß Sie schlicht die Fakten wollen.
Unterzeichnet hatte sie nicht. Poll hielt nichts davon, ein größeres Risiko einzugehen als unbedingt erforderlich.
Pascoe machte sich an die Exzerpte.
1. Feigheit vor dem Feind – 26. September 1917 in Polygon Wood – Zugführer greift Leutnant Grindal an – sagt zu den Überlebenden des Zugs, sie hätten den Befehl, sich zurückzuziehen – führt sie zum Ausgangspunkt an der Südecke des Waldes zurück. NB : Qual der Wahl für das Gericht: Angriff des Leutnants, Verlassen des Postens, Befehlsverweigerung, Wegwerfen der Waffen, Meuterei, alles Kapitalverbrechen.
2. Vorsitzender – Major Arthur Lippman mit Hauptmann John Partridge und Leutnant Lionel Holliday. Offizier der Anklage: Hauptmann Hartley Evenlode (Adj. WYF ) – Verteidiger: Hauptmann Thomas Hilary Studholme.
3. Erster Zeuge für die Anklage – Major Vernon – Australier – stößt auf einen kleinen Trupp Männer, der in einem Schützengraben Schutz sucht. Fragt, was sie dort machen. Soldat Doyle sagt, sie seien die einzigen Überlebenden von Zug 2
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