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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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zwei Grabsteine mit der Inschrift Pascoe zu finden, bevor die ersten Tropfen bezeugten, daß die traurige alte Sonne den Kampf gegen die langsam vom Westen herankriechende Wolkenbank verloren hatte.
    Der erste Stein war einer der vielen gewesen, die an der Kirchhofmauer lehnten und wahrscheinlich nicht so sehr die letzte Ruhestätte derjenigen anzeigten, deren Namen darauf verzeichnet waren, als vielmehr, daß sie irgendwo in der Nähe lagen. So manchen hatten die wenig pietätvollen Spuren der Zeit unentzifferbar gemacht, aber glücklicherweise hatte der Steinmetz, der den Pasco-Stein (sic) gemacht hatte, die Buchstaben tief eingeschlagen, und obwohl die scharfen Kanten der Beschriftung schon längst von Wind und Regen, Moos und Frost abgerundet worden waren, war die Grabesbotschaft klar geblieben.
    »Hier ruhen die sterblichen Reste von Walter Pasco, Schuster dieser Pfarrei, verschieden im 53. Jahr seines Lebens, 16. April 1742. ›Seine Seele wurde zu guter Letzt gerettet.‹«
    Der zweite Gedenkstein stand noch an der Stelle, wo er hingehörte, aber obschon er eineinhalb Jahrhunderte jünger war, war er viel schwieriger zu entziffern, denn der Stein war weicher und die Inschrift war flacher eingemeißelt.
    »Samuel Pascoe, in seinem 36. Jahr von der Vorsehung dahingerafft, 29. April 1898. SEI AUCH DU BEREIT .«
    April, fiel Pascoe auf, schien für die Pascoes eindeutig der grausamste Monat zu sein [32] . Da sah man mal wieder, daß er recht gehabt hatte, sich von dem milden Osterwetter nicht einlullen zu lassen und vorzeitig aufzuhören, ein Unterhemd zu tragen. SEI AUCH DU BEREIT . Er mußte sich das merken, wenn es wieder einmal zu einer Debatte mit Ellie über seine angeborene Vorsicht kam.
    Es war natürlich möglich, daß er mit keinem dieser Pascoes hier verwandt war. Um darüber Klarheit zu gewinnen, brauchte er etwas genauere Angaben, wie er sie beispielsweise im Kirchenbuch finden würde.
    »Ihnen helfen?« sagte eine Stimme.
    Ein kleiner Mann, der in einem großen Anzug steckte, unter einem Golfschirm mit der Aufschrift »Und am siebten Tag golfte Gott«, sah über seinem geistlichen Stehkragen, der hinter seinem Rauschebart vorblitzte, angestrengt zu ihm auf.
    »Wenn Sie die Tür aufmachten, könnten Sie mir Schutz vor dem Regen gewähren«, sagte Pascoe.
    »Gern.«
    Der Mann holte ein Bund mit Schlüsseln hervor, von denen er drei brauchte, bevor die Tür aufschwang.
    »Wandalen« erklärte er entschuldigend. »Haben meine andere Kirche drüben in Mackley, also hab ich gedacht, am besten zwei Fliegen. Vorsicht besser als. Jonathan Wood übrigens. Pfarrer.«
    Er war sehr jung, dachte Pascoe, was wahrscheinlich bedeutete, daß der Bart ein Versuch war, ohne Zeitverlust zu altern. Er war entweder sehr krank gewesen und hatte kräftig abgenommen, oder er kaufte bei Oxfam [33] ein. Und was den Schirm anging …
    »Geschenk von meiner letzten. War dort Vikar. Vergnügter Haufen«, sagte der Pfarrer, der Pascoes Blick gefolgt war.
    »Und Sie?«
    Daß er sich Mr. Jingle [34] zum Vorbild genommen hatte, war unwahrscheinlich, deshalb vermutete Pascoe, daß sein gekappter Unterhaltungsstil eher frommen denn literarischen Ursprungs war, vielleicht von Überlegungen zur Vergänglichkeit der Dinge abgeleitet. Ob seine Gottesdienste auch davon betroffen waren?
Von Herzen geliebte. Versammelt in der Gegenwart. Nimmst du. Erkläre ich euch zu Mann.
    »Pascoe«, sagte er. »Peter Pascoe. Ich bin auf Ahnensuche. Vor etlichen Generationen haben wir hier gewohnt. Ich habe einige Grabsteine mit dem Namen gefunden. Der jüngste ist Samuel Pascoe, gestorben im April 1898, sechsunddreißig Jahre alt. Ich frage mich, ob es ein Kirchenbuch mit Geburten, Hochzeiten, Todesfällen …«
    Sein Stil war offensichtlich zu ausschweifend für Pfarrer Wood, der ihm das Wort abschnitt. »Diese Richtung. Bis zum 17. Davor Bürgerkrieg.«
    Pascoe folgte ihm das Kirchenschiff hinunter. Die Kirche war klein und düster. Alles, was darin stand, Taufbecken, Altar, Kanzel, schien unverhältnismäßig groß zu sein. Die drei Buntglasfenster, deren mittleres St. Laurentius auf dem Feuerrost darstellte, flankiert von zwei weiteren äußerst grausigen Martyrien, trugen wenig dazu bei, seine Seele zu erheben.
    Die Sakristei war insofern besser, als es dort helles elektrisches Licht gab und das einzige Memento mori ein Kasten mit den Seiten des Kirchenbuchs war.
    »Fotokopien«, erklärte Wood. »Originale sicher. 98, haben Sie gesagt?«
    Er

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