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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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zusammenbekommen. Es fehlten nur die linke Fibula, die rechte Ulna und verschiedene Phalangen, was wahrscheinlich daran lag, daß sie der einheimischen Fauna zum Opfer gefallen waren.
    Das Skelett gehörte einem Mann, war 1,72 bis 1,74 Meter groß, leichter Knochenbau, zwischen zwanzig und dreißig Jahre, mit Anzeichen für Kalziummangel, der auf Beschränkungen in der Ernährung als Kind schließen ließ, die jedoch nicht so weit gegangen waren, daß Rachitis verursacht worden wäre.
    Der bereits festgestellte Schädelbruch wurde als mögliche Todesursache bestätigt. Es waren Anzeichen für weitere frisch verheilte Verletzungen am linken Bein, Brustkorb und der Schulter vorhanden, die möglicherweise von schweren Schlägen verursacht worden waren, die aber mit Sicherheit vor der Schädelverletzung lagen. Der Schaden an der Schulter war so schwer, daß die Bewegung des linken Arms sehr eingeschränkt gewesen sein muß.
    Der Unterkiefer hatte weniger gebracht, als man hätte hoffen können. Drei Zähne fehlten, und ein oder zwei der verbliebenen Zähne zeigten Ansätze von Karies, aber Füllungen, die eine Datierung erleichtert hätten, waren nicht vorhanden. Das legte nahe, daß der Mann in einer Gegend lebte, möglicherweise zu einer Schicht gehörte, für die eine Zahnextraktion das erste und nicht das letzte Mittel war, wenn man von Zahnschmerzen heimgesucht wurde.
    Aufgrund des allgemeinen Zustands der Knochen und anderer Hinweise, die sie gaben, setzte Longbottom das Todesdatum irgendwann vor fünfundvierzig bis neunzig Jahren an.
    »Scheiße und Hohn!« rief Dalziel aus. »Das macht der Arsch extra!«
    Er rief noch einmal im Labor an und ließ sich diesmal nicht abwimmeln.
    »Was zum Teufel willst du denn jetzt schon wieder, Andy?« wollte der Pathologe wissen. »Du hast doch meinen Bericht.«
    »Vorläufiger, steht drauf.«
    »Es laufen noch einige andere Tests, aber grundlegende Änderungen erwarte ich mir davon nicht.«
    »Noch nicht einmal eine Anhebung der unteren Grenze – von fünfundvierzig auf fünfzig, sagen wir? Oder noch besser sechzig Jahre? Oder Todesursache. Könntest du nicht noch ein bißchen vager sein? Vielleicht die Möglichkeit natürlicher Todesursachen erwähnen?«
    »Andy, ich kann gut verstehen, daß du den Fall aus dem Bereich dessen schieben willst, was ermittelbar ist, aber im Augenblick kann ich nicht mehr für dich tun. Hat Gentry nichts gefunden, was auf ein präziseres Datum hinweisen könnte?«
    Dalziel beschrieb Dr. Tods Funde.
    »Interessant«, sagte Longbottom. »Weißt du, daß es heißt, zu König Alfreds Zeiten, glaube ich, habe eine nackte Jungfrau mit einem Beutel Gold in der Hand unbelästigt durch ganz England wandern können? Vielleicht hat ja dieser Kerl versucht, das Experiment zu wiederholen, und war bis Mid-Yorkshire gelangt, bevor er scheiterte. Er wäre nicht der erste Flüchtling aus dem Süden, dem das passiert wäre.«
    »Rasend komisch«, sagte Dalziel. »Außer, wenn ihm die Goldstücke gehören, ist er nicht gescheitert. Ich will sagen, dann wurde er nicht ausgeraubt. Und es sieht nicht danach aus, als hätte er sie an sich versteckt.«
    »Stimmt. Aber da ist doch dein Stichwort. Wenn die Goldstücke ihm gehört haben, könnte das bei der Datierung helfen. Wenn ich mich nicht täusche, wurden sie in den 1920er Jahren aus dem Verkehr gezogen. Also würden wir uns am hinteren Ende meiner Zeitgrenzen bewegen. Und wenn er nicht ausgeraubt wurde, entfällt das Motiv für tödliche Körperverletzung. Vielleicht war er ein Anhänger der Freikörperkultur, der ein Bad in einem Waldsee nahm und einen Unfall hatte. Vielleicht war er oben im großen Haus gewesen und vögelte die Herrin, als der Herr nach Hause kam. Er wäre nicht der erste, der ’ne Fliege macht, seine Kronjuwelen in der einen Hand, und was ihm am zweitteuersten war, in der anderen.«
    »Du hast zu viele schmutzige Bücher gelesen«, sagte Dalziel. »Zahnarztunterlagen, die würden helfen, stimmt’s?«
    »Um eine Identifizierung zu bestätigen, natürlich. Nur daß im vorliegenden Fall keine Identifizierung zu bestätigen ist. Und im übrigen scheint der Kerl von vor dem Krieg zu sein, weshalb ich bezweifle, daß seine Unterlagen noch herumliegen, selbst wenn man voraussetzt, daß er sich die Zähne nicht vom einheimischen Viehdoktor hat ziehen lassen.«
    »Danke vielmals«, sagte Dalziel. »Ich verstehe, warum du dich auf Tote spezialisiert hast, Troll. Die muß man nicht mehr

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