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Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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rettest mir das Leben. Ich wünschte, du hättest das fünf Minuten früher gesagt.«
    »Der Nachteil ist, dass wir dann im Dunkeln schlechter sehen.« Er zog das Streichholzheftchen heraus.
    »Egal.« Sie stand auf und streckte ihm ihre zitternde Hand entgegen. Benny gab ihr die Streichhölzer. Sie lief zu den Bäumen und sammelte Piniennadeln auf. Als sie zurückkam, drehte sich Benny zur Feuerstelle um. Er erinnerte sich daran, wie er an jenem Nachmittag, als sie am See angekommen und alle wütend auf ihn gewesen waren, weil es seine Schuld war, dass sie dort übernachten mussten, Steine gesucht und zu dem niedrigen Steinkreis aufgeschichtet hatte.
    Karen kniete auf dem Boden und riss den Deckel des Streichholzheftchens ab. Sie stopfte ihn unter einen kleinen Haufen Piniennadeln und stapelte vorsichtig etwas Kleinholz darauf.
    »Es ist alles meine Schuld«, sagte Benny.
    Sie sah ihn über die Schulter an. »Was?«
    »Alles. Wenn ich Heather nicht in die Hacken getreten und am Fuß verletzt hätte, wären wir weiter zum Wilson Lake gegangen, und nichts von alledem wäre passiert.«
    »Schwachsinn.«
    »Es ist wahr.«
    »Du klingst wie dein Vater, weißt du das? Machst dir Selbstvorwürfe. Das muss in der Familie liegen.«
    »Aber es stimmt.«
    »Spar dir die Vorwürfe für diese Schlampe und ihren Sohn. Wir sind bloß Opfer, Benny. Wir waren zufälligerweise zur falschen Zeit am falschen Ort. Eine Million Einflüsse hätten das ändern können. Und wir hätten hier ohne Probleme zelten können, wenn dieser kranke Irre nicht beschlossen hätte, mich zu vergewaltigen.«
    »Er … er hat dich vergewaltigt? «
    Karen zögerte. »Ja«, sagte sie dann.
    Benny fühlte sich, als hätte er einen harten Schlag in den Magen bekommen. Er krümmte sich zusammen. Bei der Bewegung schoss Schmerz durch seinen Arm. Er begann zu weinen.
    Karen stand auf. Sie ging zu ihm und drückte seinen Kopf sanft an sich. Das Sweatshirt war weich. Es roch gut. Er rieb sein Gesicht daran und fühlte unter dem Stoff ihren Bauch. Es war dasselbe Sweatshirt, das sie letzte Nacht im Schlafsack getragen hatte, als sie ihn umarmt und er ihre Wärme und ihre Brüste gespürt und sich solche Sorgen gemacht hatte, dass sie seinen Ständer bemerken würde. Dann hatte sie geflüstert: »Mach dir deswegen keine Gedanken«, und er wäre vor Scham beinahe gestorben. Aber nur einen Moment lang. Danach hatte es sich gut und friedlich angefühlt. »Wirst du Dad heiraten?«, hatte er gefragt.
    »Vielleicht.«
    »Ich hoffe es.«
    »Warum?«
    »Weil ich dich liebe.«
    »Ich liebe dich auch, Benny.«
    Er hatte sich an sie gekuschelt. In seinem ganzen Leben hatte er sich nicht so gut gefühlt. Daran zu denken, milderte den Schmerz.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie und strich über sein Haar.
    »Ich … ich fühl mich so schlecht, weil er dir das angetan hat.«
    »Er ist tot.«
    »Ich wünschte, ich hätte ihn umgebracht.«
    »Nein, das stimmt nicht.«
    »Oh doch.«
    Karen löste sich von ihm, beugte sich hinunter und küsste ihn leicht auf den Mund. »Ich mache lieber das Feuer an, ehe wir festfrieren.« Sie drehte sich um, rieb ein Streichholz an und entzündete das Stück Pappe. Flammen kringelten sich herauf. Die Piniennadeln rauchten und knackten und fingen Feuer, das rasch auf die Zweige übergriff. Karen legte größere Äste von dem Haufen nach. Die Flammen wuchsen, tanzten in der Nacht und strahlten Hitze aus. »Jetzt werden wir gegrillt«, sagte Karen.
    Nick und Julie tauchten von hinten auf. Sie drängten sich dicht ans Feuer.
    »Nichts gefunden?«, fragte Karen.
    »Wir vermuten, dass sie die Rucksäcke in den See geworfen hat«, sagte Julie.
    »Wenn das stimmt«, meinte Nick, »dann müssten sie in der Nähe des Ufers liegen. Es sollte nicht allzu schwer sein, sie zu finden.«
    »Wir sehen gleich mal nach«, fügte Julie hinzu. Sie hatte die Taschenlampe zwischen die Knie geklemmt, beugte sich über das Feuer und rieb die Hände aneinander, als wollte sie sie in den Flammen waschen.
    »Wo habt ihr die Streichhölzer her?«, fragte Nick.
    »Sie gehören Benny«, sagte Karen.
    »Gut gemacht, Ben.«
    »Ja.« Julie lächelte ihn an. »Du bist doch nicht völlig nutzlos.«
    Er lächelte zurück. »Wem sagst du das.«
    Nick trat vom Feuer zurück. »Okay, wir gucken mal am See nach.«
    »Willst du mitgehen?«, fragte Karen Benny.
    »Ja.«
    »Es ist besser so«, sagte sie zu den beiden anderen. »Es ist besser, wenn wir zusammenbleiben.«
    Benny stand auf und

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