Der Wald: Roman
den Regalen entlang. Sie tragen alle Buchstaben. Wenn du die Bücher mit der richtigen Buchstabenkombination gefunden hast, suchst du nach der Nummer darunter. Es ist wirklich ziemlich einfach.«
»Gut. Danke. Also … unten?«
Nickend drehte sie sich mit dem Stuhl herum und zeigte ihm die Richtung. »Durch diese Doppeltüren da.«
»Danke«, sagte er noch einmal. Er nahm seinen Zettel, ging am Schalter entlang zu den Türen und öffnete eine davon. Hinter ihm schlug sie zu. Der Treppenabsatz war nur schwach beleuchtet. Benny sah zur Deckenlampe auf. Eine Kugelleuchte, hinter deren trübem Glas man die Überreste toter Insekten erkennen konnte. Er rümpfte die Nase und stieg die Treppe hinab. Die Stufen schienen aus Beton zu sein, klingelten aber unter seinen Schritten, als wäre Metall darin. Das Echo machte ihn nervös. Er versuchte, leiser aufzutreten. Während er sich dem nächsten Absatz näherte, überlegte er, die Schuhe auszuziehen, um den Lärm zu dämpfen. Das wäre dämlich. Was, wenn ihn jemand sehen würde? »Hey, Junge, zieh deine Schuhe an. Was soll das denn werden?« Außerdem, warum sollte er sich Sorgen wegen ein wenig Lärm machen?
Als er den Absatz erreicht hatte, blickte er die letzte Treppe hinab und zögerte.
Es war dunkel dort unten.
Die Deckenlampe beleuchtete nur die ersten paar Stufen, die übrigen lagen in trübem Dämmerlicht. Unten gab es auch eine Lampe, aber sie war nur eine dunkle graue Kugel. Entweder war sie defekt, oder jemand hatte die Birne herausgedreht.
Benny hatte letzten Sommer einen Film gesehen, in dem ein Monster unter der Treppe gelauert hatte. Er beugte sich über das Geländer und spähte hinab. Es sah aus, als gäbe es einen freien Raum dort unter der Treppe.
Sei nicht so ein Trottel, sagte er sich. Er atmete tief durch und stürmte die Stufen hinab. Bei jedem hämmernden Schritt wuchs seine Gewissheit, dass er nicht allein im Treppenhaus war. Das Ende der Treppe kam überraschend. Er hatte mit einer weiteren Stufe gerechnet. Sein rechter Fuß traf hart auf dem Boden auf, und Schmerz schoss durch das Bein. Er stolperte vorwärts, stieß mit der Schulter die Tür auf und schlug der Länge nach hin, während die Tür mit einem lauten Knall gegen die Wand krachte.
Benny hob seine Brille auf und betrachtete die Gläser. Sie waren unbeschädigt. Er setzte sie auf und erhob sich. Dann rieb er sich das schmerzende Knie und blickte den langen Gang vor sich entlang. Links und rechts bildeten die Regale enge Gassen. Er sah niemanden. Vor allem war es ihm wichtig, dass niemand ihn gesehen hatte, denn er kam sich wie ein Idiot vor.
Ein Tollpatsch.
Es war wie in der Nacht, als er Heather in die Hacken getreten hatte.
Gut, dass Julie nicht hier war, um sich über ihn lustig zu machen.
Andererseits wünschte er sich beinahe, dass sie bei ihm wäre. Bis auf das Summen der Neonröhren war der Raum still. So sollte es auch sein, erinnerte er sich. Ich bin in einer Bibliothek. Aber irgendwie schien es zu still zu sein. Er war überzeugt, dass sich niemand außer ihm im Untergeschoss aufhielt.
Mit einem Blick auf die Signatur des Regals zu seiner Linken stellte er fest, dass das Hexenbuch wahrscheinlich irgendwo weiter den Mittelgang hinunter stand. Er sollte es heraussuchen und schnell wieder nach oben gehen. Aber bei dem Gedanken an das Treppenhaus lief ihm ein Schauder über den Rücken.
Früher oder später musste er sich dem stellen. Es sei denn, er wartete hier unten, bis Tanya kam. Die Bibliothekarin wusste, wo er war. Sie würde es Tanya sagen, oder vielleicht würde sie auch bald selbst herunterkommen. Oder ein paar Studenten würden auftauchen und … Benny konnte auch nicht ausschließen, dass schon Studenten hier unten waren und leise in den Regalen suchten. Wenn er jemanden fand, könnte er ihm nach oben folgen.
Das ist wirklich lächerlich, dachte er, während er langsam den Mittelgang entlangging. Er blickte zu beiden Seiten in die engen Gassen zwischen den Regalen.
Im Treppenhaus ist nichts. Ich bin nur feige.
Dann bin ich eben feige. Wenn zufällig jemand hier unten ist und ich ihn zufällig sehe, dann folge ich ihm zufällig. Schadet ja nicht. Niemand muss wissen, was ich tue. Niemand wird es jemals erfahren, wenn ich es nicht erzähle.
Er hatte die Hälfte des Mittelgangs hinter sich gelassen, ohne jemanden zu sehen, als er ein Geräusch hörte, das wie ein Hecheln klang. Er erstarrte. Es schien von rechts zu kommen, nicht weit entfernt. Zwischen den
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