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Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Titel: Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Tessendorf
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immer auf der Bank vor Luis‘ Gästezimmern und dachte über das merkwürdige Telefongespräch mit Benno nach. Was war so wichtig, dass Benno am Telefon nicht darüber sprechen wollte?
    Sie lehnte den Kopf an die Wand und schloss die Augen. Eine süße Sehnsucht nach ihrer Hamburger Wohnung durchfloss Olga plötzlich. Mitten auf St. Pauli, in einem Viertel gelegen, wo sie nur auf den Bürgersteig treten musste, um das Gefühl zu haben, am prallen Leben teilzuhaben. Mal traf sie jemanden, den sie kannte, mal schoss sie einen Ball zurück, der vom Kinderspielplatz angeflogen kam. Manchmal holte sie sich beim Bäcker um die Ecke eine Brioche, setzte sich in die Bahn und fuhr einige Stationen, vorbei an den Landungsbrücken und am Hafen, der sich, je nach Geschäftigkeit und Lichtverhältnissen, immer wieder anders präsentierte.
    Und sie zeichnete. Zusammen mit Thomas und Franka, ihren Leuten vom Verlag, ging sie die Arbeiten durch, trank Espresso, fachsimpelte, begutachtete andere Arbeiten, lachte, lobte, lästerte. Dann wieder setzte sie sich in eines der vielen Cafés, den Skizzenblock vor sich auf dem Tisch, und beobachtete Leute.
    Abends joggte sie erst durch die Straßen und dann an der Elbe entlang, neben dem Zeichnen ihre zweite Leidenschaft. Sie hatte sich gute Laufschuhe besorgt, die den harten Asphalt abfederten. So gelang es ihr am besten, den Tag noch einmal Revue passieren zu lassen oder den nächsten zu planen. Außerdem bekam sie auf diese Weise allerlei mit. Es war wie beim Flanieren, nur ein bisschen schneller.
    Auf dem Weg nach Hause musste sie manchmal betrunkenen Jungs ausweichen oder wurde blöde angemacht. Damit konnte sie umgehen. Mit einem riesigen Hund dagegen, der wie ein Werwolf umherschlich und von dem sie nicht wusste, wem er gehörte und wann er wieder zuschlagen würde, kam sie nicht klar. Irgendwer lauerte da im dunklen Wald und beobachtete sie. Und das machte ihr Angst.
    Olga hatte überall herumgefragt, aber keiner konnte ihr Auskunft über den Hund geben. Immer wieder wurde Roberts Name genannt, aber Olga war sich sicher, dass er nicht zu Robert gehörte, dass er die Wahrheit sagte, wenn er bestritt, dass seine Hunde frei in der Gegend herumliefen.
    Olga schaute auf die Zeitanzeige ihres Handys. Lange schon hatte sie auf der Bank gesessen. Sie öffnete ihre Tasche und zog die zusammengefaltete Zeichnung der toten Juliane heraus. Juliane. Wozu brauchte Juliane überhaupt ihren Block? Sie prahlte doch so mit ihrem tadellosen Gedächtnis, das Begebenheiten speicherte, die bis in die früheste Kindheit zurückreichten. Außerdem hatte Ines bemerkt, dass Julianes Notizen nicht aus einem Guss waren. Offenbar war Juliane mehrere Male bei Olgas Großvater gewesen. Und Gudrun Himmelreich hatte behauptet, Juli wäre nur einmal bei ihm gewesen. Und überhaupt, warumhatte Juli ihr gegenüber eigentlich verschwiegen, dass sie ihren, Olgas, Großvater schon aufgesucht hatte?
    Olga überlegte, was das heißen könnte. Hatte Gudrun Himmelreich die anderen Besuche vergessen? Vielleicht hatte Juliane mit ihrem Großvater geredet, ohne dass sie davon wusste.
    Olga blickte wieder auf ihre Handyuhr. Sie wollte sich gerade erheben, als sie eine vertraute Stimme vernahm.
    »So ganz alleine hier?«, sagte Konrad und ging auf Olga zu.
    Olga freute sich, ihn zu sehen. »Konrad! Wie schön.«
    »Ich hatte gehofft, ihr besucht mich mal auf meinem Gipfel«, sagte Konrad, nachdem er Olga herzlich umarmt hatte. »Aber ihr habt ja nie Zeit, nicht mal im Urlaub.«
    Olga hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Konrad ganz vergessen. Zwar wurde über ihn geredet, aber auf die Idee, ihn dort oben zu besuchen, war sie in der Tat noch nicht gekommen.
    »Die ganze schlimme Geschichte belegt mich völlig mit Beschlag, Konrad«, sagte sie entschuldigend. »Selbst meinen Vater sehe ich kaum. Wie geht es dir denn?«
    »Könnte nicht besser sein. Ich werde alt, aber ich habe weder geistig noch körperlich Ausfallerscheinungen«, lachte er. »Ich habe keine Langeweile, muss nicht hungern und bin Vater eines prächtigen Sohnes, der allerdings im Moment etwas durcheinander zu sein scheint.«
    »Das kommt uns auch so vor.« Olga schaute wieder auf ihre Uhr. »Benno müsste längst hier sein. Ich bin mit ihm verabredet.«
    »Ich habe vorhin in seinem Büro angerufen«, meinte Konrad, »und dort sagte ein Kollege, er habe das Museum vor über einer Stunde Hals über Kopf verlassen, ohne zu sagen, wohin er wolle und wann er

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