Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget
wieder zurückkomme.Du weißt ja, es ist noch viel zu tun bis zur Eröffnung der neuen Ausstellung.«
»Hast du ihn auf dem Handy angerufen?«
»Ja, er ist auch drangegangen, hat aber nichts gesagt.« Konrad sah Olga fragend an.
»Vielleicht hast du dich ja verwählt«, entgegnete Olga achselzuckend.
»Die Nummer ist in meinem Telefon eingespeichert. Ich kann mich nicht verwählt haben.«
»Benno hat sicher sein Telefon verloren oder irgendwo liegen lassen, durcheinander, wie er gerade ist. Stell dir nur vor, was er derzeit um die Ohren hat.« Olga wollte Konrad beruhigen, glaubte allerdings selbst nicht daran.
»Ich hatte gehofft, ihn hier bei euch zu finden«, sagte Konrad.
Beide blickten zur Waldgaststätte hinüber, aber Benno war nicht unter den Gästen.
»Hast du bei ihm zu Hause angerufen?« Etwas anderes fiel Olga nicht ein.
»Ja, mehrmals. Es läuft nur der Anrufbeantworter. Und Benno ruft eigentlich immer sofort zurück, wenn ich ihn darum bitte.«
»Irgendetwas stimmt hier nicht«, sagte Olga. »Ich fahre jetzt zu Thorvald ins Opernhaus und dann ins Museum oder zu Bennos Wohnung. Vielleicht treffe ich ihn irgendwo an.«
Was Olga nicht erwähnte, war der kleine Abstecher zum Steinbruch, den sie vorher noch machen wollte. Wer weiß, vielleicht hatte Benno ja den gleichen Gedanken? Ohne Auto allerdings würde sie dafür Stunden benötigen.
»Konrad, kannst du mir deinen Wagen leihen?«
Konrad zog sofort seinen Autoschlüssel aus der Tasche.»Er steht wie immer unten im alten Stall, du weißt schon.«
Olga machte sich auf den Weg. Als sie sich noch einmal umdrehte, sah sie Konrad an einem kleinen Tisch am Rande des Gartens sitzen und prüfend auf sein Handy schauen.
Die Dämmerung hatte den Himmel eingetrübt. Ein grauer Schleier lag über dem Wald wie ein düsterer Gedanke, der sich nicht verscheuchen ließ. Raschen Schrittes ging Olga weiter.
Kriminalhauptkommissar Kirschbaum kam aus dem »Luis« und suchte die einzelnen Tische ab. Als er Konrad Thalbach erblickte, kam er mit ernstem Gesicht auf ihn zu. Konrad stand langsam auf. Augenblicklich wusste er, dass es um seinen Sohn ging.
Thorvald blickte auf seine Uhr und streckte fünf Finger in die Luft, Olga zeigte nach draußen und verließ leise den Raum. Langsam ging sie durch die Gänge des Opernhauses. Die Vorstellung war gerade aus und die Leute standen noch überall herum.
Olga betrachtete das Opernpublikum. Es hatte sich kaum verändert, immer noch waren die älteren Gäste in der Überzahl, nur vereinzelt waren junge Leute da, in Jeans, redeten über das Stück oder überlegten, wo sie jetzt hingehen sollten. Die Roben der älteren Damen glitzerten, man parlierte höflich und taxierte die Kleider der anderen.
Eine Frau ärgerte sich über die allzu moderne Inszenierung. »Da stand ja gar nichts auf der Bühne!«
»Vielleicht sind die Bühnenbildner nicht fertig geworden«, witzelte ihr Gegenüber.
»Die Stadt hat wieder einmal die Mittel gekürzt«, sagte eine Dritte.
»Sie fangen beim Schulessen an und machen dann auch vor der Kultur nicht halt.«
Olga entfernte sich von der Runde, die wahrscheinlich gleich darüber diskutieren würde, wie schön es doch damals war, als die Sänger noch in Kostümen aus Mozarts Zeiten auftraten, einfach nur sangen, was Mozart aufgeschrieben hatte, und nicht alles neu interpretiert werden musste. Und wie sehr sie diesen ganzen Inszenierungsquatsch und das Regietheater hassten. Aus Protest würden sie nur noch in konzertante Aufführungen gehen!
Die jungen Leute hatten wahrscheinlich eine Wahl für den weiteren Verlauf des Abends getroffen und gingen lachend an ihr vorbei.
Um die muss man sich gezielter kümmern, dachte Olga. Von denen kommen viel zu wenige hierher.
Ihr fiel die Pariser Oper ein, die mit ihren Fünf-Euro-Stehplätzen einen Riesenerfolg hatte. Dafür standen junge Leute zwei Stunden Schlange.
Sie schritt gerade die Fotogalerie des Ensembles ab, suchte nach bekannten Gesichtern, als sie Thorvald sah, der sich einen Weg durch die hinausströmenden Menschen bahnte. Er sah besorgt aus.
»Ist was passiert? Warum hast du nicht angerufen?« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange.
»Eigentlich ist nichts passiert«, sagte Olga. »Es ist nur … Benno.«
Thorvald blickte Olga verwundert an. »Was ist mit ihm?«
»Ich weiß nicht. Er ist nicht gekommen … Wir haben vorhin miteinander telefoniert und er tat so geheimnisvoll.Er sagte, er habe etwas entdeckt und müsse
Weitere Kostenlose Bücher