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Der Wald wirft schwarze Schatten

Der Wald wirft schwarze Schatten

Titel: Der Wald wirft schwarze Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari F. Braenne
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still, die Tränen liefen und liefen, und er sah, dass ihr schwarzes Gesicht blass war. Er hätte abdrücken können, denn wen kümmerte schon eine tote Negerschlampe, und vor allem in dieser Gegend. Aber er hat es nicht getan. Er ist ja hier. Jetzt.
    Es war nicht schwer, sie loszuwerden, obwohl sie mitten in der Wüste waren. Sie fragte nicht nach dem Geld, wollte es nicht mal haben, als er ihr die Scheine in die Hand drückte. Sie ließ sie einfach fallen, als wären sie infektiös, riss die Tür auf, stolperte raus auf die verlassene Landstraße, in die Dunkelheit, auf ihren fetten Beinen und den albernen roten Pumps. Schrie ein letztes Mal: «You fucking bastard!»
    Damals zog er daraus die Lehre, sie nie unbesehen zu kaufen. Deswegen hatte er es auch jetzt nicht getan, obwohl er es mächtig nötig hatte. New York ist verändert. Man findet die Dinge nicht mehr dort, wo man sie sonst immer gefunden hat. Er spürt, wie die Waffe an der Brust drückt, und flucht leise. Beugt sich zum Fahrer vor.
    «Make a quick stop, will you?»
    «Can’t make any stop here, Sir.»
    «Just make a right at the first intersection.»
    Der Fahrer nimmt die nächste Ausfahrt, stoppt an einer Bushaltestelle. Wilhelm öffnet die Autotür, geht zur Rückseite des Taxis und zieht die Waffe aus der Jacke. Der Fahrer starrt ihn erschrocken im Rückspiegel an.
    «Open it», ruft Wilhelm.
    Der Fahrer nickt stumm, öffnet den Kofferraum. Wilhelm hebt den Koffer heraus, öffnet die Schachtel, legt die Waffe hinein, schließt die Schachtel wieder, legt sie in den Koffer und klappt den Deckel zu. Alles in Ordnung. Er hat sich auf der Website der Fluggesellschaft informiert. Im Handgepäck darf man nicht einmal eine gewöhnliche Dose Rasierschaum mitführen. Aber im Gepäck, das eingecheckt wird, kann man bis zu fünf Schusswaffen und fünf Kilo Munition mitnehmen, solange sich alles in einem verschlossenen Hardcase befindet.
    Er steigt wieder ins Auto, der Fahrer wendet und fährt zurück auf die Autobahn. Der Verkehr rast auf acht Spuren dahin, wie wilde Tiere, Raubtiere mit viel zu hoher Geschwindigkeit. Bis er sich plötzlich staut, zähflüssig wird.
    «Probably just an accident», sagt der Turbanchauffeur und sieht ihn nervös im Spiegel an.
    Wilhelm nickt und lehnt sich zurück, schaut aus dem Fenster. Langsam, Stück für Stück, passieren sie einen der riesigen Friedhöfe von Queens. Er seufzt, schluckt. Der Friedhof erstreckt sich, so weit das Auge reicht, bis zum Horizont, der in der letzten Herbsthitze flimmert. Zitternde Grabmale, halb unsichtbar im Dunst. Ob es stimmt, dass die Toten in dieser Stadt stehend begraben werden, damit sie alle Platz haben? Wenigstens haben sie ein Grab. Er schluckt schwer, schließt die brennenden Augen.

[zur Inhaltsübersicht]
    6
    Die Straßenbahn verlässt die Haltestelle St. Hallvards Plass. Evelyn erhebt sich vom Sitz und schafft es mit viel Mühe, den Einkaufstrolley mit den klirrenden Flaschen an die Tür zu manövrieren. Sie meint, einen Blick aufzufangen, eine Frau starrt sie an. Evelyn starrt wütend zurück. Hältst du mich für eine Säuferin, oder was? Endlich stoppt die Tram am Oslo Hospital, die Tür geht auf. Sie bugsiert den Trolley hinaus, und die Tür schließt sich hinter ihr.
    Evelyn zieht den Einkaufsroller die Konows Gate hinauf und ist schon richtig geschafft. Wenn sie gewusst hätte, dass es so anstrengend ist, die Getränke im Vinmonopolet zu besorgen, hätte sie es sein lassen. Aber wenn sie schon so seltenen Besuch bekommt, muss sie natürlich Wein anbieten. Und die alte Verkaufsstelle gibt es ja schon seit Jahren nicht mehr.
     
    Es ist lange her, seit sie unten in der Stadt war, das hat sie gleich gemerkt. Sie hatte keine Ahnung, dass Grønland
so
exotisch geworden ist. Überall nur dunkelhäutige Menschen. Aber schließlich hat sie das neue Vinmonopolet gefunden, mitten in einem schrecklichen, an eine Moschee erinnernden Einkaufszentrum. Und damit nicht genug, als sie endlich in dem Spirituosenladen stand, war da auch noch Selbstbedienung! Darauf war sie nicht vorbereitet. Früher wartete man, bis man an der Reihe war, stand in der Schlange und hatte Zeit zu überlegen, bis man an den Verkaufstresen trat und seine Wünsche vorbrachte. Damals hatten sie immer dieselben Sachen. Da konnte sie sicher sein, dass sie einen Dienheimer Riesling bekam, wenn sie einen verlangte.
    Es war ein großes Geschäft mit unvorstellbar vielen Flaschen. Sie war lange herumgeirrt, hatte sich ein

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