Der Wald wirft schwarze Schatten
begriffen, was nötig war, um sie zum Wachsen zu bringen. Fand die Zauberformel nicht. Er konnte sich nicht darauf verlassen, dass irgendetwas spross, bis auf das trockene Gestrüpp und das gelbe Wüstengras, das ohnehin schon dort wuchs und das sich, ganz gleich, was er unternahm, in dichten Büscheln aus der mageren Erde presste.
Die Kunden waren nie zufrieden. Sie wollten dasselbe wie die Leute andernorts: grünen Rasen und üppige Pflanzen, all das, was fetten, saftigen Boden braucht. Große Bäume, die das Klima nicht vertrugen, auch nicht, wenn man sich intensiv um sie kümmerte. Trotz ausgiebiger Bewässerung, Düngung und kostspieliger Lastwagenladungen Erde aus dem Norden waren so viele Pflanzen einfach vor seinen Augen verdorrt. Die Rasenflächen vergilbten und vertrockneten. Und dann die verzweifelten Notlösungen, damit es trotzdem gut aussah. Er war so weit gegangen, die Pflanzen mit grün gefärbtem Wasser zu gießen und künstliche Blumen und Büsche dazwischen zu setzen. Ewige Seidenblüten tragende Kirschbäume im Eingangsbereich. Falsche Blumenranken an den Mauern. Blumen in etwas zu kräftigen Farben, die den feinen hellbraunen Staub anzogen, der unmerklich durch die Luft flog, sobald nur ein leichter Wind aufkam. Eine dünne Schicht, die sich wie helle Schatten auf die Seidenblumen legte. Enttäuschte Schmetterlinge. Unzufriedene Gartenbesitzer. Davon konnte man nicht leben.
Wie so viele Male zuvor hatte er seine beiden örtlichen Hilfskräfte entlassen, den Truck und den Anhänger vollgeladen und war aufgebrochen, diesmal Richtung Mittlerer Westen. Ohne sich umzudrehen, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen. Es gab nichts, was einen Blick zurück gelohnt hätte. Keine feste Beziehung. Nie mehr. Das Einzige, was es ihm manchmal ein wenig schwergemacht hat, waren die Hunde. Die Augen, die zu ihm aufblicken, der aufmerksame oder bettelnde Blick, der wedelnde Schwanz, das weiche Fell. Austauschbares Fell, austauschbare Blicke. Alle Köter sind gleich. Wenn man sie nach Anleitung dressiert, treten all die wünschenswerten Züge hervor, das ‹Menschliche›: Hingabe, Geduld, Zuverlässigkeit, Beschützerdrang, Nachsicht und Gehorsam, und vor allem – der ewige Glaube an
ihn
, den Besitzer. All das, was für ein Tier unnatürlich ist und was nur durch gezielte Zucht erreicht wird. Trotzdem hatten alle etwas Individuelles an sich. Eine Eigenart, die beinahe nicht zu ertragen ist.
Der Labrador, den er in Michigan hatte, war ein bisschen zu dick. Wie er hinter ihm herzockelte, wenn sie spazieren gingen, schnaufend, um Schritt zu halten. Der Collie damals in Boston – er badete so gern, bei der ersten Gelegenheit im Frühling sprang er in den Fluss. Wie er sich nach dem Schwimmen immer schüttelte, so zitternd, ganz seltsam. Der Foxterrier in Concord, der immer an seinen Schuhen kaute, obwohl er wusste, dass es verboten war. Wie er sich zusammengekauert und ihn angestarrt hatte, in Erwartung der Strafe. Er konnte ihn nicht schlagen. Nicht zu vergessen der Pointer in San Diego, der immer den Kopf auf seinen Schoß legte, sobald er sich an den Tisch setzte. Demütig, aber zugleich ein bisschen lauernd, während er ihn mit
dem
Blick ansah.
Jack, der magere, an einen Dingo erinnernde Mischling, der verspielter als irgendeiner der anderen Hunde ist. Verschmust und ausgelassen. Bellt wenig, fast nie, hat aber eine eigenwillige Art zu winseln, wenn er rauswill. Er kann dieses Winseln beinahe hören, hier, zwanzigtausend Fuß über dem Erdboden. Nicht zu ändern. Nicht daran denken. Man muss das Band durchtrennen, bevor es zu eng wird.
Nach New Mexico hat er es sich leichter gemacht. Er suchte sich einen Staat aus, in dem wirklich etwas wächst. Eine Stadt mit vielen potenziellen Kunden in Gegenden mit großen Gärten. Lange Sommer, hohe Temperaturen, regelmäßig Regen. Pittsburgh, Pennsylvania – ein Treibhaus im Sommer, die Luft flimmert vor Hitze und Feuchtigkeit. Nach den Jahren in der Wüste kann er das wirklich genießen.
Trotzdem – es ist, als würde alles zu schnell wachsen. Die Pflanzen in Schach zu halten ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Er kann den Rasenmäher, die Baumscheren und Heckenschneider gar nicht oft genug einsetzen. Immer gibt es etwas zu schneiden, zu trimmen, auszugraben, auszudünnen. Etwas zu spritzen, zu jäten, auszupflanzen und aufzubinden. Nie muss er den alten Trick anwenden und ein bisschen weniger trimmen als nötig, damit sie ihn nach kurzer Zeit wieder
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