Der Wald wirft schwarze Schatten
und der Musik einfach ihre Bluse auszog, obwohl sie nichts darunter trug. Viele andere Mädchen taten das auch. Aber es gab keinen Gruppenzwang. Sie tat es aus freiem Willen, und nur um sich zu präsentieren, um zu zeigen, dass ihr egal war, was er davon hielt. Ihre nackten Brüste, weiß und fest, wurden im Nu Allgemeingut. Plötzlich gehörten sie dem Typen neben ihr. Dem braungebrannten, muskulösen Halbstarken, dem sie sich zuwandte, mit dem sie zu den Beats von Skin Alley tanzte. Mit dem Hintern wackelte, sich an ihm rieb. Ein Fotzenmaul, das war sie.
Er hatte es ihr heimgezahlt, kaum dass sie wieder zu Hause waren. Sinnlos, es hinauszuschieben. Er konnte sich auch nicht länger zurückhalten. Sie verstellte sich gut. Tat so, als begriffe sie nicht, warum er sie zu Boden stieß, warum er ihr mit den Fäusten in den flachen Bauch boxte, ihr ein paar saftige Fußtritte in die Seite gab. Sie sah so erschrocken aus. Sie versuchte, ihm zu entkommen, aber sie hatte keine Chance, er war ja viel größer und kräftiger als sie. Kein Problem, ihr den Weg zu versperren. Er zerrte sie ins Schlafzimmer, warf sie aufs Bett. Du willst ficken? Das kannst du haben. Er zerrte an ihren Klamotten, die sie vor allen Leuten so bereitwillig ausgezogen hatte, aber
jetzt
wollte sie nicht. Für
ihn
wollte sie sich nicht ausziehen. Du willst dich also nur den anderen zeigen, wie? Sie versuchte, ihre Kleider festzuhalten, versuchte, sich zu bedecken. Aber er war der Stärkere. Er hatte die Macht, trotz allem. Für ihn war es ein Kinderspiel, ihr die Kleider herunterzuzerren, in Fetzen zu reißen, ihr das T-Shirt in die heulende Fresse zu stopfen, damit er ihr Geschrei nicht mehr hören musste. In sie einzudringen, sie aufzuspießen. Ich spieß dich auf, du Fotze. Jetzt.
Danach war sie ausgezogen. Sie hatte sich eine Wohnung gesucht. Machte nicht auf, wenn er klingelte, ging nicht ans Telefon. Das war das Ende der ersten Runde.
Er sieht ein letztes Fleckchen Himmel, dann fahren sie in den Tunnel. Die junge Mutter liest eine Zeitschrift. Aber das Kind starrt ihn immer noch an, fixiert ihn mit seinen kugelrunden Augen. Wieso kann es ihn nicht in Ruhe lassen? Er schaut aus dem Fenster, begegnet aber nur der bodenlosen Schwärze des Tunnels und seinem eigenen Blick über zusammengepressten Lippen. Jetzt entspann dich. Relax. Kein Grund, sich aufzuregen. Er wird nur eine Kleinigkeit in Ordnung bringen, eine Bagatelle. Im Handumdrehen ist er wieder weg. Das Wichtigste ist, die Nerven zu behalten, die Kontrolle.
Der Zug fährt in den Hauptbahnhof ein. Er nimmt den Koffer vom Sitz, hängt sich die Reisetasche über die Schulter, geht rasch zur Tür, tritt hinunter auf den Bahnsteig. Bleibt stehen und sieht sich in beide Richtungen um. Wieder fliegen Worte an seinen Ohren vorbei. Die Sprache, die ursprüngliche. Nur leere Floskeln, aber trotzdem. Hallo, wie geht’s? Hattest du eine gute Reise? Wie schön, dich wiederzusehen. Wie schön. So haben wir gesprochen. So wechselten wir Worte. Nur viel näher, viel intimer. Er hätte in diesen Lauten versinken, den Rest des Tages so verharren können. Einfach dastehen und sie in die Ohren dringen lassen. Die auf- und absteigende Melodie, ein Singen im Kopf. Hätte warten können, bis eine kommt, die ähnlich klingt. Eine ähnliche Stimme. Eine Stimme, die er immer noch zu hören meint.
Er hebt den Koffer an, folgt dem Menschenstrom. Mischt sich bewusst unter die Vorübergehenden, die Pendler aus Østfold und anderen Orten. Sieht sich um, stellt fest, dass sich alles verändert hat. Aus dem alten Ostbahnhof mit seinen Lokomotiven und dem Geruch von Eisenstaub und Teer ist ein Shoppingcenter geworden, mit Rolltreppen, Restaurants und Läden. McDonald’s und Burger King.
Er geht hinaus, bleibt auf dem Vorplatz stehen. Die alten Häuser kommen ihm bekannt vor, aber ansonsten ist das meiste neu. Die Skulptur eines Tigers. Ein Uhrenturm. Große Gebäude aus Stahl und Glas, Einkaufszentrum und Hotel. Eine Videowand dominiert die eine Fassade, darauf läuft Werbung für ein Computerspiel. Der muskulöse Held rennt durch einen Dschungel und kämpft gegen alle möglichen Bestien und Monster.
Er versucht sich zu erinnern, was früher an dieser Stelle war, wo jetzt die neuen Gebäude stehen. Aber es will ihm nicht einfallen. Als er die Straßenbahnschienen entdeckt, geht er hinüber zur Haltestelle auf der anderen Seite der Kreuzung. Wenige Minuten später sitzt er in der Straßenbahn. Sie gleitet die
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