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Der Wald wirft schwarze Schatten

Der Wald wirft schwarze Schatten

Titel: Der Wald wirft schwarze Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari F. Braenne
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schaffen. Würde das Fadengewirr nicht erwischen, das dort drinnen fest verwickelt als riesiges Knäuel liegen würde.
    Früher, als sie genäht, wirklich genäht hat, auf Bestellung – Bettwäsche, Gardinen und Vorhänge –, das waren noch Zeiten. Da war sie jemand, fast eine wichtige Person. Jedenfalls war sie
anständig
und allein. Obwohl, ganz allein nicht. Wie sie da jetzt so sitzt, fällt es ihr wieder ein. Der kleine Junge mit den dunklen Locken, der auf dem Fußboden herumkrabbelte, der lernte, sich an ihrem Bein aufzurichten, der gehen lernte. Süß war er, oder nicht? Klein und rund und niedlich? Er war doch niedlich? Das Stechen meldet sich wieder, die Schmerzen im Herzmuskel, bohrend, während sie sich an den Drang erinnert, das Kind quer durchs Zimmer zu schleudern. Wie zufällig stieß sie den Fuß mit dem schweren Holzschuh gegen den kleinen Jungen. Hoppla, da habe ich dich wohl aus Versehen getreten, mein Kleiner! Warum musst du dich auch ständig an mich klammern? Und er schrie, und
das
war Grund genug, ihn loszuwerden. Wer kann denn bei so einem ohrenbetäubenden Spektakel arbeiten? Ein Klaps auf den Mund, eine ordentliche Tracht Prügel mit dem Stock und dann ab in die Kammer. Heiseres Gebrüll, das im Geräusch der Nähmaschine unterging. Katak-katak-katak. Nein. Sie hat doch nichts Falsches getan. Niemals!
    Sie erhebt sich vom Nähstuhl, stapft die Treppe wieder hinunter. Runter und vergessen. Schlag es dir aus dem Kopf! Aslaug, was weiß die denn, die dumme Kuh? Gar nichts weiß sie. Woher nimmt sie das Recht, hierherzukommen und sie zu verurteilen? Aber damit ist jetzt Schluss!
    Sie schaut wieder aus dem Fenster. Niemand da. Aber jetzt ist es ja auch so dunkel, dass man ohnehin nichts mehr erkennen kann. Vielleicht sollte sie ein letztes Mal hinausgehen, bevor sie nach oben geht und sich schlafen legt? Sie öffnet die Tür, tritt auf den Treppenabsatz hinaus, späht in die Dunkelheit. Das Einzige, was sie sehen kann, ist die Flagge. Und die
muss
jetzt hereingeholt werden. Sie schlurft durch den Schotter auf dem dunklen Hof, klappt die Trittleiter auf, die an der Wand gelehnt hat. Gar nicht so einfach, sie sicher aufzustellen, sie kippelt auf den unebenen Steinplatten, stößt gegen die Randsteine, die das Beet einfassen. Sie klettert hinauf, die Leiter wackelt immer noch. Aber sie muss. Hoch hinauf auf die Himmelsleiter muss sie. Wie eine Heldin, eine Pionierin! Seht her – ich komme sehr gut allein zurecht! Sie steigt noch eine Stufe höher, eine kleine Stufe, streckt sich nach der Flagge und spürt für einen Moment und mit einem schrecklichen Sog im Bauch, wie es ist, ins Leere zu treten.

[zur Inhaltsübersicht]
    14
    Mit Lichtgeschwindigkeit sausen sie davon, angetrieben von den Superkräften der Sonne, die von beiden Seiten hereinscheint. Luke steuert das Raumschiff ruhig und sicher über den Waldplaneten, während er aus dem Seitenfenster schaut. Sie sind so schnell, dass die Bäume nicht zu erkennen sind, nur eine unklare grünbraune Masse. Dagegen bewegt sich alles, was weit entfernt ist, viel langsamer und verändert sich fast nicht. Er sieht immer noch dieselben runden Hügel wie vor einer Weile, als wäre das, was am weitesten entfernt ist, mit einem Seil an ihnen befestigt, sodass sie niemals davon loskommen.
    «Wo sind wir, Papa?»
    Papa wendet den Blick für einen Moment von der Straße ab, nimmt die Straßenkarte und zeigt darauf.
    «Ungefähr hier.»
    «Wo sind wir auf der anderen Karte? Auf der Schatzkarte?»
    «So weit sind wir noch nicht gekommen.»
    «Und wann sind wir da?»
    «In einer Stunde vielleicht. Erst müssen wir rechts abbiegen und nach Osten in Richtung Schweden fahren.»
    «Kann ich ein Eis haben?»
    «Wenn wir an eine Tankstelle kommen, kannst du ein Eis haben. Dann können wir auch noch einkaufen, was wir vorhin im Laden vergessen haben.»
    Aber es ist keine Tankstelle in Sicht. Nur der Wald, die Hügel und der breite Fluss, der ruhig neben der Straße fließt. Es sind auch fast keine anderen Autos unterwegs. Und der Abstand zwischen den Häusern ist groß. Die meisten sind alt, viele sehen verlassen aus, als würde dort niemand mehr wohnen. An den Fenstern sind keine Gardinen, hinter den Scheiben herrscht leere Dunkelheit. Sie rasen daran vorüber. Als gäbe es nur sie. Nur Lukas und Papa und die Bäume und die Straße. Sie ganz allein auf der Welt. Lukas öffnet das Fenster. Eine Windbö fegt durch den Wagen, kühl.
    «Können wir anhalten und uns eins von

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