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Der Wald wirft schwarze Schatten

Der Wald wirft schwarze Schatten

Titel: Der Wald wirft schwarze Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari F. Braenne
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Verfolgung aufnehmen. Und dann muss er mit ihnen kämpfen. Wenn Yoda hier wäre, würde alles glattgehen, ganz bestimmt. Oder Spiderman, auch wenn er eigentlich in eine andere Welt gehört.
    Von draußen, aus der nächsten Galaxie, sind Geräusche zu hören. Schritte. Gepolter. Der Fürst der Finsternis – jetzt schon? Oder ist es vielleicht Green Goblin? Lukas kauert sich im Bett zusammen, zieht die Decken vom Boden hoch und über den Kopf, obwohl Papa gesagt hat, dass er sie nicht anfassen soll. Sie sind so eklig und schimmelig. Aber das ist ein Notfall, er muss sich schnellstens den Tarnmantel überwerfen! Neben ihm zittert Wolf. Er fürchtet sich so sehr, dass er beinahe losheult.
    «Psst, Wolf. Sei leise. Oder sie kommen und sprengen uns mit ihren Bazookas in tausend Stücke, kawumm.»
    Mucksmäuschenstill warten sie darauf, dass sich der Polterer entfernt, aber das tut er nicht. Im Gegenteil, er kommt immer näher. Schwere Schritte. Es knarzt.
    «Hui, Wolf. Jetzt ist es aus mit uns!»
    Ein Laserstrahl trifft ihn direkt ins Gesicht.
    «Wolltest du nicht schlafen?», fragt Papa.
    «Ich kann nicht. Darf ich noch ein bisschen bei dir im Wohnzimmer sitzen?»
    «Okay.»
    Lukas krabbelt aus dem Bett und geht ins Nebenzimmer. Hier ist es fast noch kälter als im Kinderzimmer. Kalt und klamm. Papa legt seine Taschenlampe auf den Tisch, breitet ein T-Shirt darüber. Es sieht fast wie eine Lampe aus.
    «Das ist schön», sagt Lukas und setzt sich aufs Bettsofa. «Kann ich was trinken?»
    Papa nimmt die Wasserflasche, gießt etwas in einen Becher und reicht ihn Lukas. Er greift nach der anderen Flasche, die Lukas unter dem Bett gefunden hat, und schenkt sich ebenfalls einen Becher voll.
    «Was ist da in der Flasche, Papa?»
    «Wodka. Ein schöner alter Jahrgang.»
    «Schnaps?»
    «Tja, so nennt man das wohl.»
    «Du hast doch gesagt, du willst nichts trinken.»
    «Es ist doch nur ein Glas. Ein kleines Gläschen.»
    Er hebt den Becher und trinkt.
    «Du trinkst nicht, wenn du mit mir unterwegs bist. Das hast du zu Mama gesagt. Du darfst nicht betrunken werden.»
    «Aber ich werde doch gar nicht betrunken. Prost Lukas.»
    «Prost.»
    Lukas leert seinen Becher mit Wasser.
    «Vor langer Zeit ist hier schon mal ein kleiner Junge gewesen, oder?»
    «Ja, vielleicht.»
    «Hier war ein kleiner Junge. Ihm haben die Kleider gehört. Und die Micky-Maus-Hefte. Was er wohl gemacht hat? Und was hat er gespielt?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Wie hieß er wohl?»
    «Woher zum Teufel soll ich das wissen!»
    «Bist du böse?»
    «Nein. Aber du fragst zu viel. Und Papa ist müde und kaputt.»
    Er schaut Papa an, der weitertrinkt. Betrachtet die Wand hinter ihnen. Die Tapete hat sich gelöst und hängt von der Wand. Die Fetzen werfen dunkle Schatten, die nach unten hin ganz spitz werden. Das sieht sehr unheimlich aus. Und dann ist da noch Papas großer Schatten an der Wand. Als säße ein riesiger Troll hinter ihnen.
    «Guck mal, dein Schatten, Papa.»
    «Hui.»
    «Sieht aus wie ein Troll.»
    «Vielleicht ist es ja einer.»
    «Nein, Papa, jetzt machst du aber Spaß.»
    «Oder der Finsterling.»
    Papa hebt die Arme in die Luft, und der Schatten bekommt unheimliche Greifer mit Klauen am Ende, die nach ihm fassen.
    «Es gibt gar keinen Finsterling», sagt Lukas.
    «Bist du sicher?», fragt Papa und macht geisterhafte Geräusche. «Uahh!»
    «Willst du mich erschrecken?»
    Papa sieht ihn an, lacht ein wenig.
    «Das ist gemein. Außerdem muss ich mal Pipi.»
    «Geh einfach nach draußen.»
    «Kommst du nicht mit?»
    «Das kriegst du bestimmt auch allein hin. Du kannst dich gleich neben die Tür stellen.»
    Langsam geht Lukas in die Dunkelheit. Es ist jetzt viel kälter, und alles sieht ganz anders aus als vorhin, als sie ankamen. Die Bäume und Büsche sind zu seltsamen Figuren geworden. Monster und Ungeheuer mit gespreizten Fingern und krummem Rücken. Er knipst seine Taschenlampe an. Sie wirft einen weißen Schimmer über Bäume und Äste, und er sieht, dass es keine Ungeheuer sind. Aber er kann nicht erkennen, was dahinter ist, sieht nur Schatten, die sich bewegen, wenn das Licht vorüberstreift. Mit Licht ist es noch viel unheimlicher als ohne. Lukas schaltet die Lampe wieder aus, zieht die Hose runter und pinkelt.
    Noch nie ist er an einem dunkleren Ort gewesen. Da ist er sich sicher. Und niemand weiß, wer da unten in der Senke sitzt oder was sich hinter den Ästen verbirgt. Schnell wieder zurück in die Hütte. Er kriecht neben Papa auf das

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