Der Waldläufer
Rayon-Brûlants«, antwortete der junge Wilde, »nicht voll von dem Bild der Frau wären, die seine Hütte bewacht, so würden sie von dem Glanz derjenigen geblendet werden, die eine Wohnung besitzt, die aus einem Stück Himmel besteht. Es ist eine ihrer würdige Wohnung; Sang-Mélé will die Blume des Sees für sich.« Diese poetische Anspielung auf die Schönheit Rosaritas und auf die blaue Farbe ihres seidenen Zelts waren mit der Leichtigkeit und Ungezwungenheit eines Hofmannes mit vornehmer Haltung gesprochen, und die Tochter Don Agustins errötete schweigend unter dem Flammenblick des Sohnes der Wälder.
»Habt Ihr nicht zwei Krieger bei Euch?« fragte Encinas.
»Alle beide sind wieder zu ihrem Stamm zurückgekehrt; Rayon-Brûlant ist allein, aber er hat geschworen, den Tod derer zu rächen, die sich seinem Wort anvertraut hatten; er wird auch über die Blume des Sees wachen – ebenso mein Bruder.«
Nun kehrte Rayon-Brûlant, zufrieden damit, seine Freunde gewarnt zu haben, allein auf die Spuren zurück, die er einen Augenblick verlassen hatte. Der junge Komantsche sprach diese Worte mit einem Ausdruck voller Einfachheit, reichte dem Büffeljäger die Hand und entfernte sich, nachdem er abermals einen Blick naiver Bewunderung auf Rosarita geworfen hatte, und ebenso schweigsam, wie er gekommen war, ohne daß er anscheinend eine besondere Heldentat dadurch zu verrichten glaubte, daß er allein der Spur der beiden furchtbaren Banditen folgte. Der Leser weiß jedoch, ob einiger Mut dazu gehörte, sich an sie zu wagen.
Als der Indianer hinter den Bäumen am äußersten Ende des Sees verschwunden war, fragte der Senator nicht ohne ein geheimes Gefühl von Eifersucht: »Was meinte der junge Wilde mit seiner blumenreichen Rede?«
»Euer Gnaden wissen, daß die Indianer nur in Gleichnissen sprechen«, antwortete Encinas; »er hat uns jedoch damit nicht weniger treu die Anwesenheit zweier Taugenichtse angezeigt, die für zwei oder drei einzelne Reisende eine ernstliche Gefahr sein würden, die aber dreißig Männer, die sich hier oben in der Umgebung befinden, nicht erreichen können.«
Darauf erklärte er dem Hacendero das wenige, was er über die beiden Piraten der Steppe wußte.
Don Agustin war ein Mann, dessen Jugend im Kampf mit Indianern verflossen war, und sein kriegerischer Stolz hatte mit den Jahren nicht abgenommen. »Und wären es auch zehn«, sagte er; »es wäre eine Schande, sich wegen solcher Schelme Sorgen zu machen oder seine Vergnügungen ihretwegen zu unterbrechen. Übrigens sind wir, wie Ihr richtig bemerkt habt, zu zahlreich, um etwas fürchten zu müssen.«
»Ich erkläre mir jetzt Ohos Bellen«, erwiderte der Büffeljäger. »Er hatte die Feinde und die Freunde gewittert. Seht, er hat bei der Annäherung dieses jungen edlen Kriegers keinen Laut von sich gegeben. Ihr könnt Euch auf seinen Instinkt verlassen!«
Ehe jedoch die Nacht gänzlich einbrach, nahm Encinas seine Büchse, pfiff seiner treuen, tapferen Dogge und entfernte sich mit ihr, die Umgebung des Büffelsees zu durchstreifen. Don Agustin war trotzdem nicht ohne Besorgnis und ließ das Zelt seiner Tochter und sein eigenes mitten in der Lichtung unter den für das Nachtlager angezündeten Feuern aufschlagen.
Encinas' Gefährten und die Vaqueros hatten ihre Abendmahlzeit beinahe beendet, als dieser zurückkehrte; er hatte nichts gesehen, was irgend Unruhe hätte erregen können, und sein Bericht stellte eine vollständige Sicherheit bei den Herren und den Dienern wieder her. Während die ersteren ein kaltes Abendessen aus den Reisevorräten zu sich nahmen, lagerten die anderen in einiger Entfernung in Gruppen um ihr Feuer und unterhielten sich mit leiser Stimme von den Ereignissen des Tages. Der kräftige Büffeljäger setzte sich zu ihnen. Die Feuer warfen einen langen Schein unter die ersten Bäume des Waldes und strahlten von der Wasserfläche zurück. Der rötliche Schimmer verlieh dem malerischen Anzug der Vaqueros und der Büffeljäger einen seltsamen Reiz.
»Ich habe Euch etwas zum Abendessen aufbewahrt«, sagte der Neuling zu Encinas; »denn es ist doch gerecht, daß jeder seinen Teil bekommt, und besonders Ihr, der Ihr so prächtige Geschichten erzählt.«
Encinas dankte dem angehenden Vaquero für seine zuvorkommende Aufmerksamkeit und fing tüchtig an zu essen, jedoch mit ebensoviel Schweigsamkeit wie Appetit, so daß der letztere dabei nicht auf seine Kosten kam.
»Ihr habt also nichts Neues in der Umgebung
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