Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
Vom Netzwerk:
Gamaschen über den Knöcheln; endlich waren die Füße des Indianers noch mit Halbstiefeln von einer nicht weniger kunstreichen Arbeit als die Kniebänder bekleidet. Sein Kopf war – mit Ausnahme eines Büschels kurzer Haare, der wie ein Helmbusch aussah – ganz geschoren und mit einem sonderbaren Schmuck bedeckt. Es war dies eine Art schmalen Turbans, aus zwei malerisch um seine Stirn gewundenen Tüchern bestehend. Die trockene, glänzende Haut einer ungeheuren Klapperschlange wand sich durch die Falten des Turbans, und der noch mit den Klappern versehene Schwanz und der Kopf mit seinen spitzen Zähnen hingen an jeder Seite seiner Schultern herab.
    Wenn man sein Gesicht von den Malereien, die dessen Regelmäßigkeit und Anmut arg entstellten, befreit hätte, so würde es vollständig Encinas Lob gerechtfertigt haben. Die römische Nase des jungen Kriegers, seine hohe Stirn, auf der Mut und Biederkeit thronten, sein feiner und kühn geschnittener Mund, endlich seine Wangen, deren fast unmerkliches Hervortreten die Harmonie der Züge nicht störte – dies alles schien in florentinischer Lage nach irgendeinem antiken Brustbild von tadellosen Umrissen von der Natur geschaffen zu sein.
    Der junge Krieger näherte sich, selbst sorglos und ruhig, und schien den Schrecken nicht sehen zu wollen, den er einflößte; doch heftete er einen Augenblick lang einen erstaunten und zugleich bewundernden Blick auf Rosaritas Gesicht, das bleich war wie der weiße Musselin ihres Kleides.
    Die Turteltaube, die keinen Anstand nimmt, sich unter die spitzen Dornen des Nopals zu flüchten, um dem auf sie herabstürzenden Habicht zu entgehen, zittert nicht mehr als Rosarita, die sich vor Schrecken an den Büffeljäger drängte. Die Turteltaube ist aber auch nicht anmutiger als sie; und der bezauberte Indianer ließ seine glühenden Augen auf der Tochter Don Agustins ruhen und antwortete auf Encinas fragende Blicke nur durch die beiden folgenden Fragen, die die ganze orientalische Übertreibung der indianischen Sprache an sich trugen. »Ist heute morgen Schnee gefallen an den Ufern des Sees?« sagte er. »Oder wachsen die Wasserlilien jetzt im Gras der Wälder?«
    Wir wissen nicht, ob der junge Krieger in den Augen des jungen Mädchens immer noch so häßlich schien; so viel können wir indessen mit Gewißheit sagen, daß sie sich nicht mehr an den Büffeljäger drängte.
    Indessen waren die Besorgnisse dieses letzteren noch nicht ganz und gar beseitigt, und er antwortete auf die galanten, übertreibenden Fragen seinerseits nur dadurch, daß er Fragen anderer Art an ihn richtete. »Was heißt das?« fragte ihn Encinas auf spanisch. »Bringt der Komantsche mir eine böse Nachricht, und glaubte er sich in Feindesland zu befinden, daß er sich mit der Büchse in der Hand nähert, als wäre er auf den Spuren eines Apachen?« Diese Frage hatte Encinas auch zu dem Zweck gestellt, Rosarita über die Absichten des Indianers – besonders über die eigenartige Weise, in der er sich vorgestellt hatte – dadurch zu beruhigen, daß er ihn nötigte, eine bestimmte Erklärung zu geben. Rayon-Brûlant lächelte mit Verachtung. »Ein Komantschenkrieger verfolgt die Apachen nur mit der Peitsche in der Hand!« sagte er. »Nein; der Komantsche hat nicht weit von hier die Spuren von Büffeln gesehen, und er hoffte, sie hier zu überraschen, wenn sie am Wasser dieses Sees ihren Durst löschten.« Encinas hatte nicht vergessen, daß der Indianer ihm versprochen hatte, die Spuren der beiden Piraten der Prärien zu verfolgen, und er wußte auch, daß der junge Krieger nicht der Mann war, auf seinen Plan zu verzichten.
    »Habt Ihr nichts weiter gesehen?« fügte der Büffeljäger hinzu.
    »Unter den Spuren der Weißen habe ich auch die von Main-Rouge und von Sang-Mélé unterschieden und bin gekommen, Freunde zu warnen, damit sie auf ihrer Hut sind.«
    »Wie? Diese Schelme sind noch hier?« rief der Jäger mit Besorgnis.
    »Was sagte er?« fragte der Hacendero.
    »Nichts Besonderes, Señor Peña«, antwortete Encinas. – »Erratet Ihr wohl«, fragte er den Komantschen. »in welcher Absicht Main-Rouge und Sang-Mélé in diese Gegend gekommen sind?«
    Der junge Komantschenkrieger musterte schweigend alle um den See gruppierten Personen. Seine Augen blieben abermals wohlgefällig auf Dona Rosarita haften, die am Arm ihres Vaters hing. »Die Blume des Sees, die weiß ist wie der erste Schnee«, sagte er ernst. »Glaubt Ihr?« fragte Encinas.
    »Wenn die Augen

Weitere Kostenlose Bücher